
Symbiose aus Wortwitz, Theater und Musik
Illertissen "Haben Sie Zeit bis morgen früh?" - Das Publikum in der Illertisser Schranne wäre bestimmt so lange geblieben. Schließlich lernt man nicht jeden Tag einen "beflügelten Mann" oder einen "Pianeur" kennen. Als elegantes Mischwesen aus Pianist und Charmeur servierte der Münchner Klavierkabarettist Klaus Kohler eine witzige und zugleich anspruchsvolle Symbiose aus Wortwitz, Theater und Musik.
Fritz Unglert, Vorsitzender des Freundeskreises "Kultur im Schloss", musste zusätzliche Stühle herbeiholen lassen, um allen Besuchern Platz zu bieten. Der "geflügelte Mann" überraschte sein erwartungsvoll gestimmtes, tolles Publikum, "vorne die Reichen und hinten die Intelligenten", mit furiosen Höchstleistungen: sportlich, musikalisch und erotisch. Zum Auftakt verschachtelte er ein halbes Dutzend Beethoven-Sonaten und eine verzwickte Flohwalzer-Melange, für die unter anderem Chopin, Schubert und Tschaikowsky Pate standen.
Zwischen Andante und Furioso so richtig in Fahrt gekommen, gab Kohler seine lautmalerisch interpretierte, pränatale Selbstbiographie zum Besten: In rasanter Geschwindigkeit flogen seine Finger über die Tasten, gleich den vorwärtsdrängenden Samenzellen. Lautmalerisch effektvoll ließ er die Spermien listig und schnurgerade vorwärts rasen und glücklich im Ei landen: "Gewonnen! Erster!" Kommentar: "So wird ein Genie geboren!"
Was dieses Genie so alles drauf hat, erfuhr das Publikum Schlag auf Schlag. Kohler beherrscht die Klaviatur der Komik ebenso virtuos wie die seines Flügels. Er spielt, singt, rapt, dirigiert und parodiert, was die Tasten hergeben. Ebenso fliegend wie die musikalischen und literarischen Anleihen wechselt der "beflügelte Mann" seine Bühnengestalt: vom Frauenversteher zum Macho, vom Looser zum Winner.
Klaus Kohlers Pointen kommen unerwartet, mal in melancholisch-ernste Worte verpackt, dann wieder geballt stakkato-artig. Wie in einer wunderbar witzigen Klavierfußball-Parodie: "Anstoß Beethoven, Pass zu Mozart, Lennon schnappt sich das Leder (Lady Maradonna), gibt weiter an Chopin!" Dann lässt Kohler mit verklärtem Gesichtsausdruck "Richard Kleiderwoman" musikalisch an den Ball, ehe das Tor von Lennon sowie die Hymne "We are the champions" Zeit zum Applaudieren lassen.
Unter dem Motto "No woman no cry" oder bayerisch "Koi Frau koi G'schrei" lieferte der "beflügelte Mann" einen satirischen Enthüllungsbericht seiner amourösen Fehlschläge. Was hier autobiographisch oder erdichtet war, blieb allerdings sein Geheimnis: "I'm a lover, not a fighter." Drei Zugaben hatte Klaus Kohler parat. Zuletzt ließ er sein Leben von hinten Revue passieren und - viel beklatscht - mit einem Orgasmus enden.
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