
Beim Nahverkehr soll es in Illertissen künftig rund laufen

Plus Ohne Umstieg von Au nach Jedesheim oder von Tiefenbach nach Dornweiler: Die Stadt plant ein neues Konzept für die Stadtbuslinien. Die Gelegenheit ist günstig.

Mit seinem Bahnhof an der Strecke zwischen Kempten und Ulm ist Illertissen schon recht gut an den öffentlichen Fernverkehr angebunden. Doch innerhalb des Stadtgebiets hapert es noch – denn der Stadtbus ist noch lange nicht optimal unterwegs. Schon in einem Jahr könnte sich das ändern. Wie das aussehen kann, haben Nahverkehrsexperten jetzt in der letzten Sitzung des Stadtrats für 2022 erklärt.
Möglich wird die neue Ausrichtung, weil Ende 2023 im Landkreis Neu-Ulm eine Veränderung ansteht. Ulrich Grosse, der als Nahverkehrsberater für den Landkreis tätig ist, erklärt die Hintergründe. "Im Dezember 2015 wurde die Strecke zwischen Senden und Weißenhorn reaktiviert und daraufhin auch der Busverkehr neu geordnet. Das war nicht ganz einfach." Die beteiligten Busunternehmen mussten damals schriftlich ihre Zustimmung in München abgeben. Doch die damals erteilten Genehmigungen laufen zum 10. Dezember 2023 ab. "Dann sind wir nicht mehr gebunden und können neu strukturieren", sagt Grosse. Dazu kommt, dass zum gleichen Zeitpunkt die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) im Illertal und nach Weißenhorn den Schienenfahrplan deutlich ändert.
Die Voraussetzungen sind also fast ideal für eine Überarbeitung des Stadtbus-Konzepts in Illertissen. Fast deshalb, weil die Genehmigungen in Richtung Süden, also nach Kellmünz und Babenhausen, noch drei weitere Jahre laufen. "Wir können da nicht eingreifen, höchstens gut zureden", so Grosse. Bürgermeister Jürgen Eisen sieht aber gerade diese Verbindung für Illertissen als ausgesprochen wichtig an. Seine Stadtratskollegen, die zugleich auch Kreisräte seien, möchte Eisen dazu animieren, sich auf Kreisebene ebenfalls dafür starkzumachen. "Darum gilt es zu kämpfen", so Eisen.
Neues Konzept für Stadtbus: Busse fahren in Illertissen auf entgegengesetzten Wegen
Vorerst aber geht es darum, in den kommenden Monaten einen neuen Modus für den Stadtbus zu finden. Ein Konzept gibt es schon, "aus meiner Sicht ist es genial", kommentiert der Bürgermeister. Dimitri Schilin vom Verkehrsverbund DING skizzierte dem Stadtrat die mögliche Veränderung. Bisher fährt die Buslinie 701 schon alle Stadtteile an, abgestimmt auf die Illertalbahn. Linie 702 ist dagegen ein reiner Schulbus. Nach den neuen Plänen werden daraus zwei Buslinien, die die gleiche Strecke abfahren – allerdings in entgegengesetzten Richtungen.
Weil ab Dezember 2023 die Taktzeiten der Illertalbahn verändert werden, in Senden ein neuer Umstieg zwischen Illertissen und Weißenhorn entsteht, müsse auch der Stadtbus daran angepasst werden, erklärt Schilin. Im Stundentakt soll dann die Linie 1 im Uhrzeigersinn die Haltestellen im Stadtgebiet abfahren, die Linie 2 fährt in Gegenrichtung nach Norden.
Die Nahverkehrsplaner hatten eine Wunschliste der Stadt bekommen, die in das Konzept einfließen sollte. Gewünscht war dabei, dass es einen Anschluss an die Züge für alle Ortsteile gibt, Schulzentrum und Freizeitanlagen auch in den Ortsteilen eingebunden werden und die Fahrgäste ohne Umstieg zum Friedhof, Seniorenzentrum, Krankenhaus und den Einkaufszentren im Stadtgebiet kommen. In Au und Tiefenbach sollte zudem eine Ausweitung der Buslinie dazukommen – und auch Dietenheim angeschlossen werden.
Hier musste Schilin die Erwartungen etwas dämpfen. "Wenn wir beide Optionen bedienen wollen – das neue Baugebiet in Tiefenbach und Dietenheim –, kämen wir auf eine Fahrzeit von 58 Minuten pro Strecke. Doch wir haben nur 50 Minuten, um den Fahrplan einigermaßen stabil halten zu können." Die Stadt müsse also eine Entscheidung treffen zwischen der Erschließung des Rothtalrings oder der Nachbarstadt. "Beides geht nicht." Auch Herrenstetten als Haltestelle sei eine Idee gewesen, die sich nur schwer umsetzen ließe, erklärt der Planer. "Das ist schwer zu erreichen, wir würden es nicht empfehlen."
In Illertissen könnten neue Bushaltestellen dazukommen
In Dietenheim könnte der Stadtbus die Haltestellen "Wainer Straße" und "Industriegebiet Südwest" anfahren. Aber auch in Illertissen selbst sieht das Konzept einige zusätzliche Haltestellen vor. Wohn- und Gewerbegebiete sollten optimalerweise maximal 400 Meter Fußweg bis zur nächsten regelmäßig bedienten Bushaltestelle haben. Auch einige Haltestellen, an denen bisher nur Busse in eine Richtung fahren, würden einen Gegenpart bekommen, um den Einstieg in die andere Buslinie zu ermöglichen.
Wenn das Konzept sich so durchsetzt, werden alle Ortsteile Illertissens vom Stadtbus bedient, Umsteigen fällt aus. "Man muss nur entscheiden, auf welcher Straßenseite man einsteigt", so Dimitri Schilin. Ein weiteres Plus: Die neuen Linien würden die Bahnübergänge im Stadtgebiet vermeiden, was Staus reduzieren dürfte. "Momentan ist das wirklich ein Problem." Statt eines nicht ganz stabilen 30-Minuten-Takts käme der Stadtbus so auf einen "sauberen Stundentakt" mit wochentags 16 Fahrten pro Linie und samstags sieben. Auf jeder der beiden Linien wären die Busse dann im Jahr 100.000 Kilometer unterwegs, 4050 Stunden säßen die Fahrer insgesamt am Steuer.
Museum der Gartenkultur ist nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar
Abgesehen von den neuen Stadtbuslinien sieht Nahverkehrsberater Ulrich Grosse noch weiteren Handlungsbedarf in Illertissen. Denn wenn die Linie 702 zur zweiten Stadtbuslinie wird, muss gleichzeitig auch der Schülerverkehr geregelt werden. Immerhin fahren derzeit 120 Busse pro Schultag allein das Schulzentrum an. "Das Museum der Gartenkultur ist bislang auch nicht über den ÖPNV an den Bahnhof Illertissen angeschlossen", so Grosse. Als Ausflugsziel wäre diese Einrichtung jedoch ebenfalls eine wichtige Haltestelle.
Entscheidungen zu den Linienführungen und Haltestellen will der Stadtrat im neuen Jahr treffen. Die Stadt lässt sich den Stadtbus übrigens auch bisher schon etwas kosten: 63.000 Euro waren es in diesem Jahr, dazu kommen 2600 Euro für das Seniorenticket. Einwohnerinnen und Einwohner über 65 Jahre nutzen den Stadtbus in Illertissen nämlich kostenlos.
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