Zwei, die sich vor vielen Jahren künstlerisch verewigt haben, sind dabei: Marluis Haugg und Maximilian Jegg. „Ja, das haben wir geschrieben. 1968 und 1970. Mensch, ist das lange her“, staunen sie mit offenen Mündern, als sie ihre Seiten begutachten. Und wie viel Mühe sie sich damals bei ihrem Eintrag gegeben haben, „Heute schreibt keiner mehr so schön“, stellt Jegg fest, als er mit den Fingern vorsichtig über die vergilbten Seiten streicht.

Wie die Idee entstanden ist
Alle vier Wochen treffen sich die Senioren aus Tiefenbach und Umgebung im Bürgermeister-Erwin-Bürzle-Haus. Beim vorletzten Treffen war das Comedy-Duo Hillus Herzdropfa zu Gast. Die hatten in ihrer Show ein Poesiealbum dabei, so entstand die Idee: Ein Treffen am Nachmittag, gemütlich mit Kaffee und Kuchen, begleitet von der jungen Miriam Mihalache an der Harfe, und jeder bringt sein altes Poesiealbum und damit lauter schöne Erinnerungen mit. Organisiert wurde die Aktion von Gerlinde Deufel, Mesnerin in St. Antonius und Vorsitzende des Frauenbundes Tiefenbach.
Fröhliche Stimmung bei den Senioren in Tiefenbach
„Wir haben mehr Falten, aber geblieben sind wir die Alten“, sagt eine der Frauen lachend, während sie in den Gemeinschaftsraum des Bürgermeister-Erwin-Bürzle-Hauses gehen. Dort schwelgen die Seniorinnen und Senioren zusammen in Erinnerungen. Die Stimmung wirkt ausgelassen und fröhlich, geprägt von vielen „Wisst ihr noch als...“ - Momenten und viel Gelächter. Gemeinsam blättern sie durch die alten Bücher aus den 50er und 60er Jahren. Schöne Sprüche stehen da drin. „In allen vier Ecken, soll Liebe drin stecken“, steht da in akkuratester Schönschrift, und „Rosen, Tulpen, Nelken, alle Blumen welken, nur die eine nicht und die heißt: Vergissmeinnicht“.
Manchmal sind Zeichnungen dabei, selbst gemalte Bilder oder sogenannte Glanzbildchen. Etwas ganz besonderes war ein Scherenschnitt, filigran ausgeschnitten aus schönem Papier. Fleißbildchen gab es selten von Lehrern oder Pfarrern dazu, wenn man sehr brav war, in der Schule besonders ordentlich geschrieben oder ein fehlerfreies Diktat geschafft hatte.
Wer durfte dann in so ein Album schreiben?
Auf den ersten Seiten tragen sich klassischerweise die Eltern ein, manchmal sogar die Großeltern mit ihrer kunstvollen, altdeutschen Schrift. Danach dann Freunde, Cousins und Cousinen, Pfarrer, Lehrer, Nachbarn.
„Das war damals ein richtiger Vertrauens- und Freundschaftsbeweis, man hat sich schon sehr genau überlegt, wen man in sein Büchle reinschreiben lässt“, erzählt Gerlinde Deufel. „Da durfte nicht einfach jeder reinschreiben, das war schon eine kleine Ehre“, ergänzt sie lachend.
„Keiner hat heute mehr ein Poesiealbum, wenn dann haben die Kinder jetzt ein vorgefertigtes Freundebuch, das sie nur noch ausfüllen müsssen. Eigentlich schade“, erzählt eine der Seniorinnen, „Dabei ist so ein Buch so eine schöne Erinnerung.“ Besonders schön ist, dass sie es geschafft haben den Kontakt zu halten, findet Deufel. Echte Freunde, ein Leben lang.
Ein neues Poesiealbum entsteht
Nicht jeder hat ein Poesiealbum dabei, eine der Ältesten erzählt: „Für sowas hatten wir damals, kurz nach dem Krieg, leider überhaupt kein Geld.“ Um das zu ändern hat Gerlinde Deufel bunte Stifte, Sticker – das moderne Glanzbildchen – und leere Büchlein organisiert. So entsteht unter viel Gelächter ein neues Poesiealbum, mit neuen Erinnerungen und guten Wünschen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden