
Weißenhorn erweist dem Aussteiger Robert Bachinger die letzte Ehre

Plus Am Mittwoch, 25. Januar, findet in Weißenhorn die Trauerfeier für Graf Bachinger statt. Ein Verein, der um Anerkennung kämpft, wird einen Kranz niederlegen.

Es könnte voll werden auf dem Weißenhorner Waldfriedhof. Menschen aus dem Umfeld des verstorbenen Aussteigers Robert Bachinger rechnen mit vielen Besucherinnen und Besuchern, wenn die Urne des "Grafen" am Mittwoch, 25. Januar, in einem Grab der Familie beigesetzt wird. Die Trauerfeier beginnt um 13.30 Uhr. Daran teilnehmen wird unter anderem ein Vertreter des Zentralrats der Jenischen. Bachinger gehörte dieser Volksgruppe an, die weit weniger bekannt ist als andere.
Peter Hammerschmidt ist Vorsitzender des Zentralrats der Jenischen. Er stammt wie Bachinger aus Ichenhausen. Dort hat Hammerschmidt zusammen mit Freunden 2019 den Verein gegründet hat, um sich für den Erhalt der jenischen Kultur und die offizielle Anerkennung des Volkes in der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen. "Wir sind eine eigene Volksgruppe wie Sinti und Roma, haben eine eigene Lebensweise, feiern große Feste", sagt Hammerschmidt, der mittlerweile in der Schweiz lebt. "Wir Jenische sind eben Reisende", sagt er.
Ichenhausen ist eine Hochburg der Jenischen
Der Vorsitzende des Zentralrats ist nach eigenen Angaben entfernt mit Bachinger verwandt. Immer wieder habe er den stadtbekannten Aussteiger in Weißenhorn besucht und sich erkundigt, wie es ihm gehe. "Die Leute in Weißenhorn haben ihn sehr geschätzt", sagt Hammerschmidt. Sie bezeichneten ihn bekanntlich sogar als Graf Bachinger. Der Lebenskünstler und Künstler hatte sein Reich auf einer Wiese in der Nähe des Freibads. Dort starb er am 8. Januar im Alter von 67 Jahren.

Bachinger selbst habe sich immer als Schausteller bezeichnet, berichtet Hammerschmidt. Tatsächlich sei er ein Jenischer gewesen. Die Volksgruppe werde oft mit anderen verwechselt, was daran liege, dass viele ihrer Angehörigen sich nicht als Jenische zu erkennen geben. Ichenhausen ist Hammerschmidt zufolge eine Hochburg und einer der wenigen Orte in Deutschland, wo die Volksgruppe selbstbewusst auf sich aufmerksam macht. Etwa 300 Jenische leben dort, Zahlen für Weißenhorn liegen Hammerschmidt nicht vor. In ganz Deutschland seien es schätzungsweise 120.000. Auch "Robby" Bachinger wurde in Ichenhausen geboren, sein Vater war Schrotthändler, seine Mutter war bei einem Zirkus tätig. Die Familie ließ sich später in Weißenhorn nieder.
Auch Jenische wurden im Dritten Reich verfolgt und getötet
Schrotthändler, Scherenschleifer und Korbmacher waren früher typische Berufe der Jenischen. Als sogenannte "Fahrende" zogen sie übers Land, häufig waren es arme Menschen, die mit Pferdekutschen unterwegs waren. Wie andere Volksgruppen genossen sie keinen besonders guten Ruf, führten häufig ein Leben als Außenseiter. Der Vorsitzende des Zentralrats betont, dass auch Jenische im Dritten Reich verfolgt wurden, sie seien ebenso wie Juden oder Sinti und Roma in Konzentrationslager gebracht und getötet worden. Der Zentralrat wolle erreichen, dass der Deutsche Staat das zugibt, sagt Hammerschmidt. "Wir wollen anerkannt haben, dass es auch unseren Familien sehr schlecht ging im Dritten Reich." In der Schweiz sind die Jenischen bereits seit dem Ende den 1980er-Jahre als ethnische Minderheit anerkannt.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg haben Angehörige der Volksgruppe aus Scham und zum Schutz lieber zurückgezogen gelebt und sich nicht als Jenische zu erkennen gegeben. Ihre traditionellen Berufe können sie Hammerschmidt zufolge heutzutage wegen gesetzlicher Vorgaben, wie zum Beispiel im Fall der Schrotthändler das Abfallwirtschaftsgesetz, häufig nicht mehr ausüben. Auch dahingehend setzt sich der Zentralrat der Jenischen in Berlin für Erleichterungen ein.
Der Zusammenhalt sei ihnen sehr wichtig, sagt der Zentralratsvorsitzende
In Ichenhausen gehen die Jenischen heute wieder offener mit ihrer eigenen Kultur um, zu der auch eine eigene Sprache gehört. Sie haben jetzt zwar andere Berufe, wahren aber ihre Traditionen. Der Zusammenhalt sei bei ihnen wichtiger als in anderen Bevölkerungsgruppen, sagt Hammerschmidt. "Wir feiern gerne, sitzen zusammen, machen Musik und richten große Hochzeiten aus." Mit dem FC Grün-Weiß hat Ichenhausen sogar einen jenischen Fußballverein.
Im Hinblick auf Graf Bachinger ist dem Zentralratsvorsitzenden noch eines wichtig zu betonen: Er habe als Aussteiger unbeirrt sein eigenes Ding gemacht. Aber egal, wie er gelebt habe: "Das war einer von uns", sagt Hammerschmidt.
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