Flink und wendig huschen ihre Finger über die Tasten und Knöpfe des Akkordeons, routiniert wechselt sie von einer Tonart in die nächste: Luise Kalischek ist mit ihrem Instrument tief verbunden. Alte Volkslieder wie „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“, „Das Wandern ist des Müllers Lust“ oder „Ein Jäger aus Kurpfalz“ lässt die 83-Jährige jeden Montag im Kreisseniorenwohnheim St. Andreas in Babenhausen wieder aufleben.
Noten braucht sie dafür meistens nicht. Die teilnehmenden Seniorinnen und Senioren stimmen mit ein, die Freude ist ihnen im Gesicht abzulesen: Als würden sie beim Singen Zeit und Raum vergessen und mit den Melodien in Kindheits- und Jugenderinnerungen eintauchen.
Alte Volkslieder wecken Erinnerungen im Kreisseniorenheim St. Andreas
In Begleitung von Pflegerinnen, Angehörigen oder ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern haben sich die teilweise auf Gehhilfe oder Rollator angewiesenen Bewohnerinnen und Bewohner im Stuhlkreis versammelt. In den Händen halten einige eine Mappe mit Noten und Texten, viele können die Melodien und Strophen auswendig singen. Als die Musik erklingt, sind die Seniorinnen und Senioren ganz präsent. Zu verdanken haben sie die wöchentliche Singstunde Luise Kalischek und ihrem Team. Seit mehr als 20 Jahren gehört dieses Ehrenamt zum Alltag der 83-Jährigen.
Sie kann sich noch gut an die Anfänge erinnern: Nachdem das ehemalige Babenhauser Krankenhaus umgebaut und im Jahr 2003 als Kreisseniorenwohnheim eröffnet wurde, wollte man den Bewohnerinnen und Bewohnern auch Abwechslung und Unterhaltung bieten, berichtet Kalischek. Auf Initiative des damaligen Pflegedienstleiters Hubert Plepla wurde die wöchentliche Singstunde eingeführt.
„Die instrumentale Begleitung haben damals Fritz Fahrenschon, der bekannte Babenhauser Dirigent und Organist, und ich abwechselnd übernommen. Er am Klavier und ich auf dem Akkordeon“, sagt die 83-Jährige. Mit ihrem Instrument ist sie schon seit der Kindheit vertraut.
Da sich ihre Mutter in den entbehrungsreichen Jahren zwischen den Weltkriegen kein Klavier leisten konnte, war es ihr wichtig, den beiden Töchtern so ein Instrument zu kaufen. „Bereits in jungen Jahren erhielten meine Schwester und ich regelmäßig Unterricht“, erinnert sich die Seniorin. Als Zehnjährige habe sie dann zu Weihnachten das ersehnte Akkordeon bekommen. Das konnte sie im Gegensatz zum Klavier überall mit hinnehmen.
In Babenhausen spielt Luise Kalischek regelmäßig zum gemeinsamen Singen auf
Zum Musikunterricht ins fünfzehn Kilometer entfernte Holzgünz fuhr sie zunächst mit dem Fahrrad. Als 16-Jährige spielte sie dann mit einigen Musikern zum Tanz auf. „Hans Weinhart auf dem Saxophon, Ferdinand Schmid auf der Trompete, Emil Neu und später Xaver Pfeiffer am Schlagzeug und ich auf dem Akkordeon“, erinnert sich Kalischek. Die Gruppe sei vorwiegend bei Faschingsfeiern und Hochzeiten im Einsatz gewesen. Damals habe es noch nicht so viele Veranstaltungen wie heutzutage gegeben.
Als sie nach ihrer Heirat selbst Mutter wurde, fehlte Luise Kalischek einige Jahre lang die Zeit zum Musizieren. Aber als Sängerin im Kirchenchor Babenhausen, dem sie mit ihrer sicheren Stimme bereits im Alter von elf Jahren angehörte, ist sie bis heute ohne Unterbrechung dabei. 70 Jahre sang sie in der Liedertafel Babenhausen mit. Und als sie sich einige Jahre lang bei der Caritas in Memmingen als Demenzbegleiterin engagierte, nahm sie natürlich auch ihr Akkordeon mit.
Nicht nur im Kreisseniorenwohnheim, sondern auch bei der Tagespflege des Ambulanten Krankenpflegevereins Babenhausen und in der Demenz-WG Rosengarten spielt Kalischek regelmäßig zum gemeinsamen Singen auf. Mit dabei ist auch ein acht- bis zwölfköpfiges Helferteam. Das steht den Seniorinnen und Senioren nicht nur beim Umblättern der Liedermappen zur Seite, sondern singt auch kräftig mit.
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