Analyse: Konfliktträchtige Baustellen der Koalition
Berlin (dpa) - Nach dem gescheiterten Versuch eines neuen Aufbruchs mit der Bundespräsidentenwahl muss sich die schwarz-gelbe Koalition an die Arbeit machen. Dabei geht es um zahlreiche Großprojekte - und die Konflikte nehmen nicht ab.
SPARPAKET: Bis 2014 wollen Union und FDP im Bundeshaushalt rund 80 Milliarden Euro einsparen, vor allem bei Arbeitslosen, Familien und im öffentlichen Dienst, aber auch bei der Wirtschaft. Aus der Union gibt es Forderungen, Spitzenverdiener stärker zu belasten, weil das Paket zu unsozial sei. Obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Steuersenkungen bis 2013 eine Absage erteilt hat, arbeitet die CSU an einem Konzept, um über höhere Belastungen für Großverdiener vor allem mittlere Einkommen zu entlasten. Auch die FDP hält an Steuersenkungen fest, ist aber gegen höhere Steuern.
MEHRWERTSTEUER: FDP-Generalsekretär Christian Lindner stellt den Steuerbonus für Hotels infrage. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fordert, dies in einem Gesamtkonzept zu beleuchten. CSU-Chef Horst Seehofer will derzeit an der Steuerermäßigung für Hotels festhalten. Im Herbst will die Koalition die Mehrwertsteuersätze auf den Prüfstand stellen.
GESUNDHEIT: Die Partei- und Fraktionschefs von Union und FDP suchen nach einer Lösung im Streit über das Stopfen des Defizits im Gesundheitssystem. Schon jetzt scheint klar, dass zusätzliche Belastungen auf die Versicherten zukommen - der Streit dreht sich darum, wie hoch und in welcher Form.
ATOMLAUFZEITEN: Die Frage längerer Laufzeiten der Atommeiler sollen bis Ende August innerhalb der Bundesregierung geklärt werden. Ob sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) aber einigen können, ist offen. Strittig ist auch die Einbeziehung des Bundesrats, denn Schwarz-Gelb hat dort nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen keine Mehrheit mehr.
SOLARFÖRDERUNG: Der Bundesrat hat die Regierungspläne für Kürzungen von 11 bis 16 Prozent bei der staatlichen Solarförderung vorerst gestoppt. Mehrere Länder wollen die Einschnitte begrenzen. Bis 7. Juli soll eine Lösung zwischen Bund und Ländern gefunden werden.
WEHRPFLICHT: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will die Wehrpflicht aussetzen. Dies stößt innerhalb der Union auf Vorbehalte. Alle Seiten wollen aber darüber diskutieren.
BILDUNG: Bund und Länder haben sich zwar auf einen Qualitätspakt für eine bessere Lehre verständigt. Merkel erteilte dem Länderwunsch nach einem höheren Anteil vom Mehrwertsteueraufkommen des Bundes aber zumindest bis 2013 eine Absage.
TARIFEINHEIT: Nach dem juristischen Aus für die Tarifeinheit in Betrieben gibt es Streit über die Folgen. CDU-Politiker halten eine Grundgesetzänderung für möglich, die CSU lehnt dies ab.
HARTZ IV: Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Regierung bis Ende 2010 eine Neuregelung vorlegen - insbesondere die Regeln für Kinder von Langzeitarbeitslosen müssen verbessert werden.
VORRATSDATENSPEICHERUNG: Innenminister Thomas de Maizière (CDU) dringt auf ein neues Gesetz zur Massenspeicherung von Internet- und Telefondaten ohne Anlass. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht dafür allerdings keine Eile.
Die Diskussion ist geschlossen.