Wurde Lübcke von einem Rechtsextremisten erschossen?
Wurde der Kasseler Regierungspräsident von einem Rechtsextremisten erschossen? Diesem Verdacht geht nun der Generalbundesanwalt nach.
Im Fall des durch einen Kopfschuss getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sehen die Ermittler ein politisches Motiv. "Wir gehen aufgrund des aktuellen Ermittlungsstandes davon aus, dass es sich um einen rechtsextremistischen Hintergrund der Tat handelt", sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Montag in Karlsruhe.
Dafür sprächen insbesondere das Vorleben des Tatverdächtigen und die öffentlich wiedergegebenen Meinungen und Ansichten des Mannes. Die Ermittlungen richteten sich gegen einen 45-jährigen Deutschen, der dringend verdächtig sei, Lübcke heimtückisch durch einen Kopfschuss getötet zu haben.
Bislang gebe es keine Hinweise auf ein rechtsterroristisches Netzwerk. "Wir gehen natürlich auch der Frage nach, ob und inwieweit bislang unbekannte Hintermänner oder Tatbeteiligte in die Tat eingebunden waren", sagte der Sprecher. Bei einer Durchsuchung sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden.
Laut Zeit Online soll der Verdächtige 1993 einen Anschlag auf ein Asylbewerberheim im hessischen Hohenstein-Steckenroth verübt haben. Damals war ein brennendes Auto an der Unterkunft im Rheingau-Taunus-Kreis gerade noch rechtzeitig gelöscht worden, bevor der selbst gebastelte Sprengsatz auf der Rückbank detonieren konnte. Bei dem damals festgenommenen 20-Jährigen habe es sich um den Mann gehandelt, der nun unter Mordverdacht stehe. Er sei damals zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Eine Bestätigung der Ermittler war dafür zunächst nicht zu bekommen.
Bundesanwaltschaft ermittelt auch wegen politischer Hintergründe
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird gegen den Mann wegen eines Tötungsdelikts mit politischem Hintergrund ermittelt. Spezialeinheiten hatten ihn am frühen Samstagmorgen in Kassel gefasst, er sitzt seit Sonntag unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Das genaue Motiv ist aber weiterhin unklar.
Der 65-jährige Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni gegen 0.30 Uhr auf der Terrasse seines Wohnhauses in Wolfhagen-Istha bei Kassel entdeckt worden. Er hatte eine Schussverletzung am Kopf und starb wenig später im Krankenhaus. Seither ermittelt eine mittlerweile 50-köpfige Sonderkommission. Nach dem Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung starb Lübcke an einem Schuss aus kurzer Distanz.
Der Regierungspräsident war in der Vergangenheit wegen seiner Haltung zu Flüchtlingen bedroht worden. Er hatte sich 2015 auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenlebens nicht teile, könne das Land verlassen.
Verdächtiger hat rechtsextremistische Vergangenheit
Die Süddeutsche Zeitung schrieb unter Berufung auf Ermittlerkreise, da man nicht ausschließen könne, dass eine rechtsextreme Bande am Werk sei, sei Karlsruhe der richtige Ort. "Wir haben aus den Fällen NSU und Amri gelernt", wurde ein Ermittler zitiert. Im Fall der Terrorzelle NSU war der rechtsextreme Hintergrund der Morde erst spät erkannt worden, im Fall des islamistischen Attentäters vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, hatte es keine reibungslose Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gegeben.
Die Festnahme des Verdächtigen in Kassel geht nach Angaben der hessischen Ermittler auf eine DNA-Spur zurück, die zu einem Treffer in einer Datenbank führte. Laut Süddeutscher Zeitung liegen über den 45-Jährigen polizeiliche Erkenntnisse über Landfriedensbruch, Körperverletzung und Waffenbesitz vor.
Nach Informationen des Spiegel soll der Verdächtige zumindest in der Vergangenheit auch im Umfeld der hessischen NPD aktiv gewesen sein. Vor zehn Jahren sei er auch an Angriffen von Rechtsradikalen auf eine Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 1. Mai 2009 in Dortmund beteiligt gewesen. Er sei damals wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seither sei er nicht mehr als extremistisch aufgefallen, berichtete der Spiegel unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Fall Lübcke: War ein rechtsextremes Netzwerk beteiligt?
Nach Lübckes Tod hatten hasserfüllte und hämische Reaktionen aus der rechten Szene im Internet für Empörung gesorgt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sie "zynisch, geschmacklos, abscheulich, in jeder Hinsicht widerwärtig" genannt.
Die Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hofften nun, dass so schnell wie möglich geklärt werde, wer Lübcke warum erschossen habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Davon abgesehen kann man dem Bundespräsidenten nur zustimmen, der neulich sagte, dass die zahlreichen rechtsextremistischen Hasskommentare im Netz nach dem Tod von Herrn Lübcke abstoßend und widerwärtig waren".
Grüne, FDP, Linke und AfD im Bundestag forderten eine Sondersitzung des Innenausschusses. Die CDU/CSU zeigte sich dazu bereit. "Der Fall Lübcke ist sehr ernst", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten (Dienstag). "Einer Erörterung des Falles im Innenausschuss stehen wir aufgeschlossen gegenüber - auch schon in der kommenden Woche." (dpa)
Die Diskussion ist geschlossen.
>> Er sei damals wegen Landfriedensbruchs zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seither sei er nicht mehr als extremistisch aufgefallen... <<
Er hatte doch vorher schon mal einen Rohrbomben/Autobrandanschlag auf ein Asylwohnheim begangen !
(edit/mod)