Stoiber doch auf dem Sprung? - Nachfolgekarussell kommt in Fahrt
München (dpa/lby) - Unaufhaltsam rückt der Tag x näher. "Nach der Wahl" wollte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber das monatelange Rätselraten um seine politische Zukunft beenden. Jetzt soll es "zügig" nach dem Wählervotum geschehen. Das heißt zwar nicht gleich in der Wahlnacht. Denn der CSU-Chef will die Kleiderordnung einhalten und erst mit seinen Parteigremien sprechen. Damit aber könnte der Schleier womöglich schon am Montag gelüftet werden, nach der CSU-Vorstandssitzung in München: Geht er nach Berlin oder bleibt er in Bayern?
Einiges deutet daraufhin, dass sich der lange zögerliche Regierungschef im Falle eines Wahlsiegs der Union doch noch einen Ruck gibt und zum Wechsel in ein Kabinett Merkel entschließt. Zwar ist es dem 63-Jährigen im Vorfeld überraschend gut gelungen, die Seinigen zu Stillschweigen zu verdonnern und Personalspekulationen zu unterbinden. Aber hinter vorgehaltener Hand dringen vor dem Wahltag immer mehr Parteigranden auf eine klare Entscheidung für Berlin. "Das bundespolitische Gewicht der CSU ist so stark mit der Person Stoiber verknüpft", sagt ein Vorständler. "Wenn wir mit gestalten wollen, muss er in Berlin mit am Tisch sitzen."
Auch in Stoibers Umgebung wurde die bundespolitische Bühne in den letzten Tagen in auffallend schönen Farben gemalt. "Ein Regierungswechsel bedeutet ja auch die große Chance, vieles zu verändern, was er vorher beklagt hat", hieß es. "Die CSU hat da aus ihrer langjährigen Regierungserfahrung eine Menge einzubringen." Und die CSU-Landesgruppe im Bundestag hätte Stoiber ja ohnedies am liebsten von Anfang an ein Freiticket nach Berlin spendiert.
Sollte der Ministerpräsident kommende Woche also tatsächlich noch Ja sagen, dürfte das Personalkarussell um seine Nachfolge in Bayern schnellstens auf Touren kommen. Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (61) gilt als Wunschkandidat schlechthin. Mit seiner gelegentlich harten, aber absolut gradlinigen Art gehört ihm das Herz des Parteivolks. Ihm wird die Herkulesaufgabe zugetraut, bei der nächsten Landtagswahl 2008 wieder ein Spitzenergebnis einzufahren.
Schade nur: Beckstein ist im Kompetenzteam von Kanzlerkandidatin Angela Merkel als Innenexperte gesetzt - und hat deutlich größere Lust als Stoiber, nach Berlin zu gehen. Damit liefe die Nachfolge eigentlich auf Staatskanzleichef Erwin Huber (59) zu. Der Niederbayer kennt die Regierungsarbeit aus dem EffEff und gilt als effektiver, tüchtiger Arbeiter. Allerdings ist er als Vater der umstrittenen Verwaltungsreform vielen Leuten arg auf die Füße getreten - nicht mehr alle Herzen fliegen ihm zu.
In der Partei wird deshalb nicht ausgeschlossen, dass bei einem Wechsel Stoibers nach Berlin die Bitte an Beckstein laut werden könnte, seinerseits auf einen Umzug zu verzichten - zumal die Zahl der Ministerposten im Bund für die CSU begrenzt sein dürfte. In jedem Fall reißt eine Beförderung Becksteins - egal ob in München oder Berlin - eine Lücke im Innenressort. Und die macht der CSU gehörig Bauchweh. "Hier sind wir wirklich in einer Verlegenheit", räumt ein Parteioberer ein.
Allzweckwaffe Huber soll dem Vernehmen nach für das Innere bereits abgewinkt haben. Stoiber-Liebling Georg Schmid ("Schüttelschorsch") bräuchte zwar nur vom Staatssekretärs- ins Ministerbüro umzuziehen, hat aber in der Partei gelegentlich das Image eines "Leichtmatrosen". Und Justiz-Ressortchefin Beate Merk hat nach Einschätzung aus der Fraktion in ihren bisher zwei Ministerjahren noch nicht ausreichend Stallgeruch angenommen.
Als meist gehandelter Name bleibt deshalb Umweltminister Werner Schnappauf. Der quirlige Oberfranke hat in der Landtags-CSU zwar nicht gerade den besten Stand, wurde für sein Management beim August- Hochwasser von Stoiber aber beinahe geadelt. Charme dieser Lösung: Die fachlich anerkannte Umweltstaatssekretärin Emilia Müller könnte zur Ressortchefin aufrücken - mehr Frauenpower im Kabinett, ein Staatssekretärsposten gespart.
Kabarettist Bruno Jonas hatte als Festredner beim 60. Geburtstag von Fußball-Legende Franz Beckenbauer am Donnerstagabend freilich noch eine ganz andere Lösung für Stoibers Personalprobleme parat: Schließlich könne ja auch der "Kaiser" den Ministerpräsidentensessel übernehmen, schlug er vor.
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