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Foto: Jens Büttner, dpa
Foto: Jens Büttner, dpa

Bier in rauen Mengen? Unter Jugendlichen ist das heute nicht mehr angesagt. Nach Erkenntnissen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sind die Zahlen rückläufig.

Neuburg
23.04.2018

Ist es wieder modern, nüchtern eine Party zu feiern?

Von Laura Freilinger

Jugendliche haben laut einer Studie weniger Lust auf Alkohol. Das ist auch in der Region zu spüren: Doch woher kommt der Wandel? K!ar.Text hat nachgeforscht.

Wer kennt ihn nicht: An der Bar stehend, mit dem Kopf im Takt zur Musik nickend und in der rechten Hand das fünfte Bier dieser Stunde hat der Partytrinker die Zigarette schon vorbereitet hinters Ohr geklemmt. Ob er in diesem Zustand nach Hause fahren wird? Möglich. Nach Erkenntnissen des Deutschen Verkehrssicherheitsrates endeten 2016 sieben Prozent aller Unfälle aufgrund von Alkohol für die Beteiligten tödlich. Ein Trend aber macht sich breit, der vorsichtig Anlass zu Hoffnung gibt: So verspüren Jugendliche eine steigende Ablehnung gegenüber Alkohol am Steuer.

Warum Jugendliche weniger trinken hat mehrere Gründe

In Zeiten von Social Media steigt der gesellschaftliche Druck auf junge Erwachsene immer mehr an. Alkohol ist Gift, das verbreiten die einflussreichen jungen Frauen des Internets und stecken damit tausende Teenager an. Die einzigen Cocktails, die man zu sehen bekommt, sind in der Regel Smoothies aus verschiedenen Früchten, Gemüse und/oder Eiweißpulver. Automatisch wird ein schlechtes Gewissen induziert, sobald man in Versuchung kommt, sich doch noch diesen einen, diesen letzten Mojito zu gönnen. Jede Versuchung bringt aber auch ihre Zweifel mit sich. Mit Blick auf die Kalorienanzahl schellen bei vielen Mädchen die Alarmglocken. Sie möchten dem Schönheitsideal der stets gut gelaunten, gesunden und durchtrainierten Influencerin möglichst nahe kommen, also weg mit dem Alkohol.

Viele verzichten wegen der Figur auf Alkohol

Auch die männliche Seite lässt der "Healthy Lifestyle" nicht kalt: Fitnessstars posten täglich Fotos ins Netz, stemmen mehr Gewicht, als es den meisten jemals möglich sein wird. Das "Gym", das Fitnessstudio, wird zum sozialen Treffpunkt, um am äußeren Erscheinungsbild zu arbeiten. Hier findet Alkohol, der sämtliche Trainingserfolge schnell zunichtemacht, keinen Platz. Auch Lena* (Name von der Redaktion geändert) kennt das Dilemma: "Früher habe ich jede Woche beim Feiern etwas getrunken, wenn auch nicht viel", erzählt die 17-Jährige. Inzwischen achte sie mehr auf ihre Gesundheit. "Vor allem meine Figur ist mir wichtig. Da macht mir der Alkohol einen Strich durch die Rechnung."

Folge dieses Trends: Der wöchentliche Alkoholkonsum Jugendlicher zwischen zwölf und 17 Jahren ist auf nunmehr zehn Prozent gesunken. Die Studienergebnisse der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen weiter, dass sich auch das sogenannte Rauschtrinken rückläufig entwickelt. Für die Repräsentativbefragung wurden bundesweit 7003 Jugendliche und junge Erwachsene befragt.

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Foto: Julian Leitenstorfer
Foto: Julian Leitenstorfer

Der Griff zur Flasche wird bei Jugendlichen laut einer Studie immer seltener.

Auch Vinzenz Schwesinger aus Neuburg lehnt Bier, Wein und Co. ab. "Ich trinke nichts, weil ich keinen Alkohol brauche, um Spaß mit meinen Freunden zu haben", sagt der 18-Jährige. Außerdem möchte er kein erhöhtes Krankheitsrisiko eingehen. Seine Freunde? Die akzeptieren das. "Allerdings werde ich auf Partys des Öfteren von anderen Jugendlichen blöd angeredet, weil ich nüchtern bleibe. Sie versuchen dann mit allen Mitteln, das zu ändern."Gruppenzwang gab es schon Generationen vor der heutigen Jugend. Ihn aus der Welt zu schaffen, funktioniert aber bis heute nicht. Genauso schwer ist es für Teenager, die bei alkoholfreien Getränken bleiben, dieser Bedrängnis zu entfliehen. Dazu kommt, dass Alkohol oftmals verharmlost wird. "Zu einer guten Party gehört ein Kater", ein ernst gemeinter Satz. Selbst, wenn sich Freunde übergeben, erkennt niemand, was die legale Droge mit dem Körper anrichten kann.

Partytrinker oder überzeugter Anti-Alkoholiker?

Nach Auffassung der Allgemeinheit gehört Alkohol nach wie vor zu einer guten Feier dazu. Gesundheit ist vielen Teenagern zwar wichtig, nicht aber der Mehrheit. Auch Laura möchte nicht völlig abstinent leben. "Ich möchte aufgrund des Spaßfaktors nicht ganz darauf verzichten", sagt die 17-Jährige über ihren Alkoholkonsum. So trinkt sie entweder gar nichts – "oder so, dass ich es auch merke." Wer trotzdem lieber nüchtern bleiben will, kann sich auf Partys mit diesem Tipp behelfen: Anstatt Wasser beispielsweise Cola trinken. Dann wird angenommen, es sei ein Mischgetränk und man wird gar nicht erst angesprochen.

Nichtsdestotrotz zeigen die Geschichten der beiden Protagonisten Laura und Vinzenz: Die Jugend bewegt sich auf einem Spannungsfeld. Während die einen den nächsten Totalrausch akribisch planen, arbeiten die anderen weiter an ihrem Körper, dem Tempel, an sich selbst. Vielleicht aber befindet sich die Jugend im Umdenken. So achtet sie generell mehr auf die eigene Gesundheit und den geführten Lebensstil. Trotzdem ist es schwer durchzusetzen, Bier, Wein und Schnaps für immer von Partys zu verbannen. Am Ende könnte es also eine Frage der Zeit sein, bis Alkohol quasi von selbst verschwindet. Oder aber eine Phase, in der sich die meisten Jugendlichen von Social Media wie Instagram temporär beeinflussen lassen.

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