Hirtenklänge und Jazziges
Wolfram Seitz demonstriert in Thannhausen die Vielfalt der Orgel
Thannhausen Königin der Instrumente, lautet der Ehrentitel für die Orgel. Trägt sie diesen Beinamen, weil sie über Macht und Majestät verfügt? Weil sie Mehrstimmigkeit ohnegleichen hat? Weil sie mit ihrer Fülle an Pfeifen und Registern andere Instrumente imitieren kann? Im Benefizkonzert von Wolfram Seitz (Orgel) und Jürgen Steber (Trompete) bekam der Hörer eine geballte Demonstration dessen, was ein guter Organist aus diesem Instrument zu holen vermag. Macht und Majestät paaren sich in Bachs Toccata, Adagio und Fuge in C, deren Wucht und Tempo höchste Anforderungen an den Interpreten stellen. Als lebhaft geführtes Gespräch lässt sich das Pasticcio von Jean Langlais erfahren. Die Melodie wird beständig kommentiert. Seufzer, ironische Einwürfe, Gegenzüge: Es ist wie bei einer lebhaft geführten Debatte, bei der jemand eine These vorträgt, die es im Verlauf des Diskurses zu verändern gilt, damit am Ende alle einverstanden sind. Den überzeugendsten Nachweis, dass es sich bei der Orgel um ein Instrument von besonderem Rang handelt, lieferte Wolfram Seitz mit seinen Improvisationen auf „Fest soll mein Taufbund immer stehn“. Mal verlieh er dem Kirchenlied einen majestätischen Glanz, mal durfte es ganz lyrisch-schlicht daherkommen. Mal war die Melodie klar und dominant, mal nur bruchstückhaft zu erfassen, sodass Gehör und Gehirn zu tun hatten, die Fragmente wieder zu einem Ganzen zu fügen.
Am Ende kleidete Wolfram Seitz die Melodie modern ein. Er beschleunigte sie ein wenig und gab ihr etwas Swingendes. Es war, als wollte er sagen, diese Aussage ist zeitlos, einerseits unverkennbar und unbestechlich, andererseits doch modulationsfähig. Als Gegenstücke zum barocken Bach waren die Zeitgenossen Günther Firlinger und John Rutter im Konzert präsent. Wolfram Seitz interpretierte ein ironisch gebrochenes Hirtenstück von Firlinger, das er mit der Ausgelassenheit und einem jazzigen Jubilieren von Rutters „Toccata in seven“ kontrastierte.
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