Kolumne: „Hab keine Angst!“

Über den Umgang mit einem beklemmenden Gefühl

„Aber da brauchst du doch keine Angst davor haben!“, sagen manchmal Eltern zu ihren Kindern. Dann, wenn ein Zahnarzttermin ansteht; wenn die Kleinen das erste Mal außer Haus übernachten; wenn es im Zimmer ganz dunkel ist; eine unbekannte Situation vor Augen steht, die unsicher macht. „Aber da brauchst du doch keine Angst davor haben!“: Das will eben diese Angst nehmen, beschwichtigen. Ungewollt verharmlost sie auch bisweilen, nimmt spürbar die Angst nicht ernst und erreicht das Gegenteil des Gewollten. Wenn ich aber Angst habe, dann helfen diese Worte nicht! Was dann sagen („nur Worte“?), was dann tun?

Früher haben sich die Menschen damit geholfen, die Ängste, das Schlimme, das „Böse“ von innen nach außen zu verlagern. Sie haben es personalisiert, ihm so Gestalt jenseits der eigenen Existenz gegeben. Das Beängstigende, das „Böse“ wurde so zum „Dämon“ oder zur „Hexe“. Das Ungreifbare wurde greifbar. Und weil Ausschmückung weiterzuhelfen schien, dichtete man den „Hexen“ auch an, sie träfen sich vor dem Gedenktag der heiligen Walburga (1. Mai), einer Äbtissin aus England um das Jahr 770, gerne auf dem Brocken im Harz, dem „Blocksberg“ oder anderen erhöhten Standorten zum nächtlichen Stelldichein. Danach nahm das „Böse“ seinen Lauf. Schuldig daran war nicht mehr ein Mensch, sondern eben eine „Hexe“, ein „verhexter“ Mensch, ein „Dämon“ oder der „Teufel“ gar.

Krumbach