
Mittelschwaben plant die Revolution

Der Verband Mittelschwäbischer Kraftfahrzeuglinien will bei der Einführung autonomer Fahrzeuge führend sein. In fünf bis 15 Jahren sollen die ersten Busse ohne Fahrer auf die Straße.
Der Verband Mittelschwäbischer Kraftfahrzeuglinien (VMK) geht bis in das Jahr 1929 zurück und gilt seither als ältester Verkehrsverbund Deutschlands. Bis heute war er vielfach Modell für einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr. Inzwischen erstreckt sich das Einzugsgebiet weit über den damaligen Bezirk Krumbach hinaus in die vier Landkreise Günzburg, Neu-Ulm, Unterallgäu und Augsburg einschließlich der Städte Augsburg und Memmingen und hat sich den Ruf eines Pioniers und eines Erfolgsmodells erhalten.
Potenzial das Taxi- und Mietwagengeschäft und die gesamte Personenbeförderung zu verändern
Jetzt will er wieder seiner Zeit voraus sein und die Chancen der Mitgestaltung und Einführung der Automatisierung im öffentlichen Nahverkehr nutzen. Im Klartext besagt dies, dass der VMK eine Vorreiterrolle spielen wird, wenn wie vorausgesagt, in etwa fünf bis 15 Jahren autonome Fahrzeuge, also ohne Fahrer im Einsatz sind. Der neue VMK-Vorsitzende Hubert Fischer: „Mittelschwaben will auch in Zukunft als digitale ÖPNV-Region seinen Beitrag leisten“. Was ist geplant? Am Ende der Diskussion stand ein einstimmiger Beschluss: „Das Gebiet Mittelschwaben bietet sich als digitale Leitregion für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im ländlichen Raum an. Der Verband begrüßt den in Aussicht gestellten Förderantrag und beauftragt den Vorstand, die weitere Entwicklung zu verfolgen.“
Was dafür zu tun ist, schilderte im Rahmen der Generalversammlung der in Ichenhausen geborene und seit 2012 als Berater für das Bundesverkehrsministerium tätige Dr. Wolfgang Kieslich, der sich intensiv mit der Materie „Autonomes Fahren“ beschäftigt.
Nach ihm werden durch die neuen Entwicklungen noch im nächsten Jahrzehnt 90 Prozent der Arbeitskosten eingespart und bis zu 60 Prozent weniger CO 2-Ausstoß erzeugt. „Die dann selbstfahrenden Autos, besitzen das Potenzial das Taxi- und Mietwagengeschäft und die gesamte Personenbeförderung zu verändern, haben Auswirkungen auf den verfügbaren Platz in den Innenstädten, auf den Verkehrsfluss und bringen Zeit, sich im Auto anderweitig zu beschäftigen“, ist sich der Experte sicher. Das biete anderen Mobilitätsdienstleistern, beispielsweise Autoherstellern oder auch dem ÖPNV „ihren Kunden selbstfahrende Autoflotten zur Verfügung zu stellen“. Verbunden damit ist für Kieslich ein erheblicher Preisverfall, sodass autonomes Fahren für die Fahrgäste kaum etwas kosten werde.
Was bedeutet das für die Arbeitsplätze?
Bis 2020 rechnet der Referent, dass die Führung des selbstfahrenden Autos vom „System“ übernommen werde, der Fahrer aber nach Aufforderung die Führung übernehmen könne. Kieslich im Klartext: „Es ist kein Fahrer erforderlich. Außer dem Festlegen des Ziels und dem Starten des Systems ist kein menschliches Eingreifen notwendig.“ Was das für die Arbeitsplätze bedeutet? Der heutige Lkw- oder Busfahrer bekomme andere verantwortliche Aufgaben, wobei der Referent an kognitive Aufgaben wie beispielsweise „kompetenter Firmenrepräsentant“ denkt, was bedeutet: „Ihr Arbeitsplatz wird revolutioniert, aber nicht wegrationalisiert.“
Und was soll der heimische ÖPNV nach Meinung des Experten jetzt tun: Zuerst ist an die Erstellung und Abgabe eines Förderantrags namens „Digitale ÖPNV-Region Mittelschwaben“ für das Forschungsprojekt eines Konsortiums gedacht, in der die Automobilindustrie, Verkehrsunternehmen, Kommunen und Hochschulen als Mitglieder aktiv sind. Ihre ersten Tätigkeitsbereiche sind die Erprobung der Kundenakzeptanz, die Einrichtung und Bereitstellung der erforderlichen Infrastruktur in den Städten Günzburg und Krumbach sowie in anderen interessierten Städten und Gemeinden im VMK-Gebiet für automatisierte Fahrzeuge und die Vernetzung des automatischen Fahrens mit den vorhandenen rechnergesteuerten Betriebsleitsystemen. Eines kommt hinzu: Die Antragstellung für einen staatlichen Zuschuss, will doch das Bundesverkehrsministerium ein solches Vorhaben fördern.
Jedenfalls waren sich die mittelschwäbischen am VMK beteiligten Städte, Gemeinden und Busunternehmer einig, sich der neuen Entwicklung zu stellen. Die ersten Kommentare dazu: Unterallgäus Landrat Weirather: „Wir werden uns noch wundern, wie schnell das kommen wird“; Bürgermeister Hubert Fischer: „Wir sollten schon am Anfang unseren Fuß drin haben“ und BBS-Geschäftsführer Josef Brandner: „Der VMK war schon immer seiner Zeit voraus und deshalb sollten wir mitmachen.“
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