
Sein schweres Augenleiden hilft bei der Corona-Impfstoff-Forschung

Plus Der 65-jährige Langenhaslacher ist als Proband aktiv an der Entwicklung von Netzhauterkrankungen beteiligt. Wie er dadurch auch seinen Teil zur Corona-Impfstoff-Forschung beiträgt.
Er fühlt sich als „Versuchskaninchen“ und ist sich doch bewusst, damit einen wichtigen Beitrag für Menschen zu leisten, die an einer Netzhautpigmentierung leiden, an deren Ende die völlige Erblindung droht. Manfred Donderer ist nach einer Operation im Februar 2016 einer von sechs Teilnehmern, die sich an einer mehrjährigen Studie der medizinischen Universität Tübingen aktiv beteiligen. Schwerpunkt dieser Forschung sind neue Medikamente, deren Ziel es ist, diese Augenerkrankung frühzeitig zu erkennen und zumindest einen Teil des Sehvermögens zu erhalten. Im aktuellen Stadium spielt dabei eine spezielle Gen-Sequenz eine bedeutungsvolle Rolle, die bei der Entwicklung des Covid-19-Impfstoffes gleichfalls Anwendung findet. Für Donderer das Fazit: „Für mich ist das nicht nur ein Versuch. Ich fühle mich ebenso als notwendigen und wichtigen Vorreiter in der Corona-Impfstoff-Forschung.“
„Kreativität, neueste Entwicklungen, moderne Technologien, Mut zu Neuem und eine hartnäckige Lösungsfindung“ war schon immer das Bestreben des 65-jährigen dreifachen Familienvaters. Beweis dafür sind sechs Patente für den Krumbacher Anlagenbauer Lingl, für den er 45 Jahre und damit zwei Drittel seines Lebens beruflich tätig war. Diese Zeit begann 1971 mit der Lehre als Maschinenbauer. Weitere Stationen seines beruflichen Aufstiegs in der Firma waren Tätigkeiten als Außendienstmonteur, in der Abteilung Arbeitsvorbereitung und schließlich 30 Jahre lang Projektverkaufsleiter. Damit verbunden folgten Reisen in die USA, nach Südostasien, Australien sowie im gesamten europäischen Raum. Seine Patente beinhalten verfahrens- und anlagentechnische Erfindungen, dank denen Lingl seinen guten Ruf als weltweit bekannter Hersteller und Ausstatter von Ziegeleien und Trocknungsanlagen untermauern konnte. Das Augenleiden führte dann aber drei Jahre nach dem ersten Insolvenzverfahren der Firma im Jahre 2016 zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Donderer beteiligte sich an der ersten Augen-Gentherapie in Deutschland
Für Donderer begann schon 1982 der „Kampf“ gegen die schleichend auftretende Netzhauterkrankung. Bald wurde ihm klar: „Meine gesamte Energie und auch die Kreativität, die ich zuvor für Lingl eingesetzt hatte, erforderten nun meine Augen.“ Er betrat damit „einen neuen Weg“ und suchte Hilfe. Schon bald kam es zu einer intensiven Zusammenarbeit mit Tübinger Professoren, die in der Augenheilkunde zur Weltspitze gehören. Schlüsselperson wurde für ihn der junge Professor Dr. Dominik Fischer, der auch an der englischen Universität Oxford aktiv ist. In der Folge kam es zu zahlreichen Gesprächen, medizinischen Untersuchungen sowie zur Einholung von Zustimmungen unterschiedlicher Behörden.
Im Februar 2016 war es dann so weit: Manfred Donderer wurde zusammen mit fünf weiteren gleichartigen Patienten ausgesucht und war bereit, sich aktiv an der ersten Augen-Gentherapie in Deutschland zu beteiligen. Es folgte für ihn als dritter Patient in Tübingen die Operation am rechten Auge, die weltweit erst 23-mal durchgeführt worden ist. Das neu entwickelte Gen-Medikament wurde hinter der Netzhaut eingebracht, wo es in Form eines Implantats, das Fortschreiten bis zur völligen Erblindung verhindern soll. Im Rahmen dieser Studie steht Donderer die nächsten Jahre weiter unter fachmedizinischer Kontrolle und Beobachtung.
Donderer: "Ich sehe zwar schlecht und doch genieße ich jeden Tag aufs Neue"
Das Weihnachtsfest war für ihn Anlass, Professor Fischer schriftlich zwei Fragen zu stellen. Einmal wollte er wissen, ob der Covid-19-Impfstoff, der sich auf einer Gen-Basis aufbaut, eine ähnliche Basisphilosophie besitzt wie sein Augen-Medikament. Und die zweite Frage: Darf ich mich als Träger einer therapeutischen Gensequenz bedenkenlos gegen Corona impfen lassen? Die Rückantwort erhielt Donderer wenige Tage später: „Ja – Ihre Gentherapie hat viel Ähnlichkeit mit der Strategie, die bei dem neuen Impfstoff angewandt wird. Auf diesem Weg arbeitet die Forschung und Entwicklung weiter – und Sie haben einen Anteil daran.“ Die zweite Antwort: „Ich habe keine Bedenken hinsichtlich der Corona-Impfung. Auch gibt es keinen Grund zur Annahme, dass es dadurch ein Problem gibt.“
Für den Langenhaslacher Manfred Donderer ist klar: „Was am Auge kaputt ist, kann nicht mehr gerettet werden. Das gilt ein ganzes Leben lang. Aber es ist doch tröstlich, zu wissen, dass es jetzt ein Medikament gibt, durch das die restliche Sehfähigkeit erhalten bleibt.“ Er bringt es auf einen Nenner: „Ich sehe zwar sehr schlecht und doch genieße ich jeden Tag aufs Neue. Gesundheitlich fühle ich mich wohl, und trotz der Einschränkungen in der Visualisierung lebe ich recht gut und zufrieden.“
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