Literaturherbst: Ein Wortgigant aus der Ukraine
Wie Christian Jungwirth und Mesinke ein Kapitel jüdischer Kulturgeschichte aufleben ließen.
„Adam hatte Glück, er hatte keine Schwiegermutter.“ Schon beim ersten Satz des Abends musste man um die Ecke denken, um den Witz und Wahrheitsgehalt zu erhaschen. Der Satz weckte Vorgeschmack auf all das, was noch kommen sollte und es kam viel. Fünf längere Passagen aus Werken des jüdischen Poeten Scholem Alejchem trug der Murnauer Schauspieler Christian Jungwirth ungemein impulsiv vor und die Gruppe Mesinke lieferte den klangschönen, mal melancholischen, mal fetzigen Kommentar dazu. Was auch gelesen oder musiziert wurde, allgegenwärtig war das Schicksal des jüdischen Volkes, heimatlos, über die ganze Welt verstreut, überall verachtet und verfolgt. Um bestehen zu können, bedarf es einer guten Portion Verschlagenheit, aber auch des Humors und der Ironie. Reicht das noch nicht aus, muss ein Quäntchen Glück her wie bei der ersten Geschichte des Abends.
Christian Jungwirth lässt die Vergangenheit aufleben
Die jüdische Gemeinde einer Stadt ist verzweifelt, denn ein Pogrom-Trupp ist unterwegs, um die Juden zu demütigen und zu verprügeln. Zwar konnte der örtliche Polizeimeister bestochen werden und er hat Kosaken angefordert, die im zaristischen Russland oft eingesetzt wurden, um innerstaatliche Konflikte zu unterbinden. Aber die Kosaken kommen zu Pferd und die Judenhasser mit der Bahn, die ausnahmsweise pünktlich zu sein scheint. Dann schließlich fährt das furchteinflößende Dampfross in den Bahnhof ein, aber, wie man erleichtert feststellt, ohne Wagen. Die Pogrom-Bande hatte am vorletzten Bahnhof, betrunken randalierend, für chaotische Verhältnisse gesorgt und eben auch dafür, dass vergessen worden war, die Wagen anzukoppeln. Es war ein Hochgenuss, Christian Jungwirth als Vorleser zu erleben.
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