100. Geburtstag: Max Kruse schuf das Urmel aus dem Eis
Puppen waren eine Konstante in Max Kruses Leben, ob als Sohn der berühmten Käthe Kruse oder als Schöpfer des Urmel, das durch die Augsburger Puppenkiste berühmt wurde.
Wer heute Max Kruse googelt, blickt in eine Flut von Fußballerbildern. Und so setzt man halt doch das Urmel mit in die Suchanfrage, um nicht beim Stürmer von Union Berlin zu landen, sondern bei jenem Schriftsteller, der am 19. November seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Untrennbar ist der mit dem niedlich lispelnden Dinobaby verbunden, das lange vor der durch „Jurassic Park“ ausgelösten Dinoflut, Einzug in die Kinderzimmer hielt.
Mit 91 Jahren schrieb Max Kruse noch einmal einen "Urmel"-Band
Im Alter hörte Max Kruse das gar nicht mehr so gern, dass er für viele immer noch der „Vater des Urmel“ war, schließlich hatte er an die 50 anderer Kinderbücher geschrieben – „Der Löwe ist los“, „Kasper Lari“, „Lord Schmetterhand“, jeweils mit vielen Fortsetzungen, dazu eine erkleckliche Anzahl an Erzählungen, Reiseberichten, Hörspielen für Erwachsene. Aber das Urmel wurde er einfach nicht los, und so war es nur folgerichtig, dass er nach 45 Jahren, selbst schon im hohen Alter von 91 Jahren, noch den letzten Band „Urmel saust durch die Zeit“ hinzufügte. Er wollte damit Kindern die Evolutionstheorie Darwins näher bringen – ein kleiner Beitrag zur Aufklärung sei dies, gab er damals Auskunft in der Welt. „Jetzt, am Ende meines Lebens, muss ich mit Sorge, ja, mit Entsetzen feststellen, wie Fanatismus und Irrationalismen die Segnungen der Aufklärung, die leider noch lange nicht zu Ende ist, Tag für Tag zunichtemachen.“ Ob Kruse wohl die heutigen Debatten zwischen Impfgegnern und Wissenschaftlern verzweifeln ließen? Am 4. September 2015 starb der Schriftsteller, der zuletzt zurückgezogen mit seiner dritten Frau bei Penzberg im Oberbayerischen lebte.
Wer sich mit ihm unterhielt, der hörte immer noch den leichten Unterton in seiner Sprache, der auf die Herkunft aus Sachsen-Anhalt verwies. In Bad Kösen an der Saale wurde Max als jüngstes von sieben Kindern des Bildhauers Max Kruse und der Puppenkünstlerin Käthe Kruse geboren. Der „Herzensmal“ war er für die berühmte Mutter, das wegen einer Lungenkrankheit anfällige Kind, das sie zärtlich umsorgte. Seine Liebe zu Büchern wurde schon in ganz jungen Jahren geweckt, waren sie für ihn, der oft das Zimmer hüten musste, das „Tor zur Welt“. In seiner lesenswerten dreibändigen Autobiographie „Im Wandel der Zeit“ erzählt er vom Leben in diesem Künstlerhaushalt und der quirligen Familie, in deren Zentrum die liebevolle und impulsive Mutter stand. Sie brachte ihren Sohn in den 50er Jahren schließlich dazu, seinen Kindheitstraum von der Schriftstellerei zu verwirklichen, als sie ihn bat, eine Geschichte für Fotos mit ihren Puppen zu schreiben, woraufhin Sohn Max, der die Leitung der Puppenfabrik übernommen hatte, „Der Löwe ist los“ schrieb.
Die Augsburger Puppenkiste verhalf dem Schriftsteller Max Kruse zum Erfolg
Vielen Erwachsene, die heute selbst bereits Enkel haben, haben den Löwen wie auch die anderen von Kruse erdachten Wesen als sprechende Figuren an Fäden lieb gewonnen. Denn nicht nur das Urmel haftet am Autor Kruse wie eine Klette, untrennbar ist sein Name auch mit der Augsburger Puppenkiste verbunden, für die er viele Jahre arbeitete. Wobei Kruse immer hervorhob, welch großen Anteil das Marionettentheater an seinem Erfolg hatte. Schließlich war es ja auch Manfred Jennings, damals Dramaturg der Puppenkiste, gewesen, der den Autor 1957 ermuntert hatte, wieder etwas „mit irgend so einem Tier“ zu schreiben. Und weil Kruse auf der Heimfahrt von Augsburg nach Donauwörth schon ans Mittagessen und die tiefgefrorenen Forellen dachte, kam ihm die Idee, was wäre, wenn in der Tiefkühltruhe ein Dino-Ei über die Jahrtausende überlebt hätte. Der Rest ist bekannt.
Nein, man kann an Max Kruse nicht erinnern, ohne immer wieder auf das Urmel zu kommen. Leuchten doch in den Geschichten um den Dino und seine Gefährten all die Dinge auf, die den Schriftsteller und Menschen Max Kruse ausmachten: die Wissbegierde des Urmel, die Melancholie des See-lefanten und die Lebensfreude und Toleranz, die das Leben der Bewohner auf der kleinen Insel Titiwu prägen.
Ausstellung im Käthe-Kruse-Puppen-Museum anlässlich des 100. Geburtstages von Max Kruse bis 30. Januar 2022
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