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Jahrestag
06.11.2017

100 Jahre russische Revolution: Ist der Kommunismus tot?

Lenin, Mickey Mouse, Jesus: Die Skulpturengruppe „Hero, Leader, God“ von Alexander S. Kosolapov, derzeit zu sehen im Deutschen Historischen Museum in Berlin.
Foto: DHM

Schon bald nach 1917 war die halbe Welt rot. Doch statt ins Paradies führte der alte Traum von der Gleichheit in die Diktatur. Welche Lehren sind daraus zu ziehen?

Es gibt eine Leerstelle in der heutigen Politik. Und sie wird immer dann besonders spürbar, wenn – wie in den Wirtschafts- oder Vertrauenskrisen der vergangenen Jahre – die Kritik am herrschenden Kapitalismus besonders laut wird. Immer dann nämlich wird dieses Fehlen markiert durch die Frage nach der Alternative. Was sonst also? Ein Zurück zu den Utopien des Kommunismus? Als hätte sich nicht gezeigt, dass diese Ideale statt ins Arbeiterparadies zu Diktatur und Terror führen würden!

Da stoßen sich zwei harte Urteile im Raum. Ein überzeitliches: dass der Kommunismus eigentlich von einem ewigen Traum der Menschheit kündet, von der Gleichheit und der Gerechtigkeit, vom Ende von Not und Wettkampf – als Parallele zum Christentum mit einem Schnittpunkt in der Unendlichkeit. Und ein historisches Urteil: Mit dem wirklichen Menschen ist das nicht zu machen, denn die Gleichheit bedeutet das Ende der Freiheit – und wer entscheiden kann, wird diese Macht immer auch zu eigenen Gunsten einsetzen. Beides zusammengenommen könnte man sagen, dass der ewige Traum vom Kommunismus genau vor 100 Jahren begonnen hat zu sterben.

Am 7. November 1917 des heute gültigen gregorianischen Kalenders nämlich eroberten die Kommunisten unter Lenins Führung die Macht in Russland – der Höhepunkt der Oktoberrevolution (weil dort damals noch der julianische Kalender galt, zählte man den 25. Oktober). Zwar ist die folgende Geschichte zunächst machtpolitisch durchaus als Erfolg zu erzählen, denn über 40 Prozent der Welt trug über Jahrzehnte hinweg die Leitfarbe Rot als Zeichen des Antikapitalismus.

Vor 100 Jahren schon begann der Traum zu sterben

Aber die Terrorregime von Stalin, Mao und Pol Pot – was hatte deren Wirklichkeit noch mit den Utopien von einst zu tun? Mit Karl Marx und dessen „Kommunistischem Manifest“, auf das sich alle samt Monumentalbüsten doch beriefen? Oder mit Jesus von Nazareth und dessen Bergpredigt, auf die sich etwa die Anhänger eines religiösen Sozialismus bezogen? So besehen bedeutete nicht erst der ökonomische Bankrott des Sowjetsozialismus den Tod der roten Träume. Moralisch hatte er wohl mit dem staatspolitischen Versuch ihrer Umsetzung zumindest bereits begonnen …

Und doch wächst aus dieser scheinbaren Leerstelle derzeit ein kommunistisch geführtes Land zur mächtigsten Nation heran: das autoritär regierte China mit seiner Mischung aus Planwirtschaft und Turbo-Kapitalismus und einer größeren wirtschaftlichen Ungleichheit im Inneren, als sie etwa die USA aufweisen. Spätestens da wird klar, dass an dem Begriff und den damit verbundenen Erzählungen vieles nicht mehr stimmen kann. Und dass es sich womöglich gerade heute lohnen könnte, in deren Geschichte zu schauen. Wenn schon nicht, um eine echte System-Alternative zu finden, so zumindest doch, um mit den richtigen Lehren etwas in die Leerstelle setzen zu können. Denn gerade mit kapitalistischen Prinzipien auf den Kapitalismus selbst geblickt: Konkurrenz führt auch zur Verbesserung des eigenen Produkts.

Der selbst mal in K-Gruppen aktiv gewesene Frankfurter Historiker Gerd Koenen hat dazu nun genau das richtige Buch geschrieben. Sein weit über tausend Seiten starkes Monumentalwerk „Die Farbe Rot“ leuchtet tatsächlich, wie im Untertitel verheißen, „Ursprünge und Geschichte des Kommunismus“ aus. Und schnell wird klar: Die Kopplung sowohl des alten Paradiestraums als auch der Errungenschaften der Französischen Revolution zum Versprechens der Gleichheit aller im Kommunismus – das ist die große Erzählung der späten Kommunisten selbst. Der tatsächliche, bereits theoretische Widerspruch kristallisiert sich etwa in der Person des so hoch verehrten Vordenkers. Karl Marx nämlich hielt gerade von einem solchen „rohen und gedankenlosen Kommunismus“ gar nichts (seine Polemiken dagegen wurden übrigens immer wieder provoziert von Kritiken Heinrich Heines in der damals führenden Augsburger „Allgemeinen Zeitung“. Denn diese Utopien liefen nur auf „die Rückkehr zur unnatürlichen Einfachheit des armen und bedürftigen Menschen“ hinaus. Nein, Marx wollte gerade keinen sozialen Egalitarismus, sondern eine echte Leistungsgesellschaft, die Ungleichheit sogar braucht, aber eben nicht aufgrund von angehäuftem Privatkapital, Zinsen und Grundbesitz.

Wie wenig das, was später Lenin Kommunismus taufte, mit Marx zu tun hat, zeigt sich auch daran, dass der Politiker den Einzelnen unters jeden gleich kleinhaltende Joch des vermeintlichen Volkswillens zwängte, während der Vordenker auf die Entwicklung des Ganzen durch die individuelle Entwicklung des Einzelnen setzte. Und während Marx meinte, der Geschichte einen künftigen Gang einschreiben zu können, wurde bei Lenin die Politik zur Durchsetzung eines notwendigen Gangs der Geschichte.

Diese Umdeutung nach vorne machte aus Analyse und Hoffnung die Legitimation für Zwang und Terror. Marx aber, so schreibt Koenen, findet sich eigentlich viel mehr in den Wurzeln der deutschen Sozialdemokratie als in Lenins Revolution – ganz zu Schweigen von Stalins Regime und Maos Kulturrevolution. Die zurück in die Geschichte greifende Umdeutung durch die Kommunisten aber korrumpierte zur Legitimation der eigenen Macht gleich die ganze „linke“ Ideengeschichte mit. Man mag das historisch aus den ideologischen Kämpfen jener (später auch Kalten) Weltkriegszeiten erklären können – aber langfristig hat es eben jene Leerstelle hinterlassen.

„Die mächtigste Bewegung der Weltgeschichte“

Koenen, Jahrgang 1944, schreibt: „Nie hat es eine politische Bewegung und Formation gegeben, die sich über eine so lange Periode hinweg derart über alle Kontinente und Länder der Welt erstreckt und die Weltpolitik mitentschieden hätte. Nie hat es eine Bewegung gegeben, die sich in solch ultimativer Weise dem ‚Höchsten der Menschheit‘ geweiht und gerade deshalb in so flagranter Weise der Maxime gehuldigt hat, dass ihr ‚alles erlaubt‘ sei.“ Das historische Ergebnis: „Als normative Vorstellung und als politische Bewegung ist der Kommunismus nicht wiederzubeleben .“ Natürlich, den von Lenin getauften will ja nicht mal mehr Putin, das klänge doch zu sehr nach Umsturz. Und den Maos setzt das heutige China ohnehin bloß als Fassade fort, um die autoritäre Steuerung zum vermeintlichen Wohl aller zu verklären. Aber sind damit auch gerade die Ideen tot, die jene etwa mit der Umdeutung Marx’ eigentlich verraten haben?

Der in diesem zum 150. Jubiläum von „Das Kapital“ und im nächsten Jahr zu seinem 200. Geburtstag gerne wieder zitierte Denker aus Trier hätte wohl gesagt: Warten wir die nächsten Krisen des Kapitalismus ab. Der Schriftsteller Ingo Schulze etwa spricht gerne davon, dass schon viel gewonnen wäre, gelänge statt der derzeitigen „marktkonformen Demokratie“ der Wandel zum „demokratiekonformen Markt“. Von der historisch so prekären Schaffung eines Paradieses aber künden heutzutage bloß noch die Visionäre des maximalen Fortschritts: jene der künstlichen Intelligenz. Bloß nicht für alle.

Gerd Koenen: Die Farbe Rot – Ursprünge und Geschichte des Kommunismus. C. H. Beck, 1133 S., 38 €

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