
Wenn die Branche zum ersten Mal wieder in Frankfurt zusammenkommt, gibt es Hoffnungmachendes zu erzählen. Wie konnte das geschehen?
Wichtiger Hinweis an alle Leserinnen und Leser: Jetzt Bücher kaufen, sonst könnte es unterm Weihnachtsbaum ein bisschen leerer sein als sonst. Keine Juli Zeh, kein Hape Kerkeling, womöglich kein Jonathan Franzen. Klingt nach Panikmache, ist auch stark überspitzt, aber weil Papier gerade Mangelware ist, könnte es mit dem schnellen Nachdruck für manche Titel tatsächlich etwas eng werden.
34 Prozent der zehn- bis 19-Jährigen haben in einer Umfrage angegeben, etwas oder sogar deutlich häufiger sich mal ins Buch vertieft zu haben
Zu wenig Bücher also? In Deutschland? Literatur als knappe Ware? Um die man sich am Ende reißt? Es gibt in diesen verrückten Monaten tatsächlich einiges, das man kaum glauben mag. Was schätzen beispielsweise Sie: Welche Altersgruppe hat in den Pandemiemonaten deutlich häufiger zum Buch gegriffen als noch 2019? Weil Sie aufgrund der Vorrede vermutlich nun aufs Unwahrscheinlichste getippt haben, stimmt Es sind die Jungen.
34 Prozent der zehn- bis 19-Jährigen und 32 Prozent der 20- bis 29-Jährigen haben in einer Umfrage für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels angegeben, etwas oder sogar deutlich häufiger sich mal ins Buch vertieft zu haben. Was den älteren bibliophilen Menschen, die den drohenden Untergang des Buches schon zum x-ten Mal beweint haben, nun so etwas wie Tränen der Rührung ins Gesicht treiben müsste: Kind, du liest?
Oder, nächste Frage, wobei die als Anschluss natürlich prächtig passt, die Antwort vorhersehbar, aber dennoch: Welche Sparte hat in diesem und letztem Jahr kräftig zugelegt? Grenzbedingt natürlich nicht die Reisebücher, sondern wie zuletzt auch in den Vorjahren die Kinder- und Jugendbücher. Und dazu passen die Ergebnisse der Jugendstudie JIM für das Jahr 2020: Demnach hat sich die tägliche Lesedauer von Jugendlichen im ersten Corona-Jahr deutlich erhöht – um 21 Minuten pro Tag auf durchschnittlich 74 Minuten.
Und damit zur nächsten Frage: Wer hat seinen Umsatz während der Pandemie im Online-Markt am meisten steigern können, nämlich um 27,2 Prozent? Der Branchenriese Amazon oder die stationären Buchhandlungen? Genau, wieder richtig geraten, Letztere. Ausgerechnet eine Branche, die seit Jahren schrumpft – Stichwort Buchhandlungssterben – , hat in Lockdown-Zeiten sich also als ziemlich quicklebendig und zukunftsorientiert gezeigt.
Die Programme der Verlage sind geschrumpft
Natürlich könnte man jetzt mit Gegenbeispielen kontern. Auch im letzten Jahr hat das Buch wieder Leserinnen und Leser verloren, nach einem kleinen Zwischenhoch sind es nun nur noch etwa 28 Millionen Buchkäuferinnen und Buchkäufer in Deutschland. Und natürlich hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen: Die Programme der Verlage sind geschrumpft, die Anzahl der neuen Titel sinkt, vor allem manch kleinere Verlage steuern mit Schlagseite durch die letzten Corona-Wellen. Und was die Gewinne der Buchhändlerinnen und Buchhändler betrifft: Mit digitalen Büchern lässt sich viel weniger Geld verdienen als mit gedruckten. Und zumindest im ersten Halbjahr 2021 wurde verglichen mit 2019 auch deutlich weniger Umsatz gemacht: minus 22 Prozent.
Dennoch – wenn die Branche kommende Woche bei der Frankfurter Buchmesse wieder in Präsenz zusammenkommt, kann man sich also Hoffnungsmachendes erzählen. Erstens kommt es anders, zweitens… Das E-Book, das vor 13 Jahren noch als größte Gefahr für Verlage ausgemacht wurde, dümpelt im Übrigen, was den Umsatz betrifft, trotz Steigerungen im Lockdown noch immer im einstelligen Bereich. Die Menschen lesen einfach weiter ihre gedruckten Bücher. Unglaublich. Sichern Sie sich also besser jetzt ihr Lieblingsbuch, bevor es Ihnen jemand vor der Nase wegschnappt.
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