
China verweigert Liao Yiwu die Reise nach Köln
Peking/Berlin/Köln (dpa) - Trotz Intervention der Bundesregierung hat China den Schriftsteller Liao Yiwu an der Reise zum Festival "lit.Cologne" nach Köln gehindert und unter Hausarrest gestellt.
Kurz vor dem Start seines Flugzeugs wurde der 50-Jährige am Montag in der Stadt Chengdu in Südwestchina aus der Maschine geholt. Nach einem mehr als dreistündigen Verhör sei er nach Hause gebracht worden, berichtete der Autor telefonisch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Peking. Er dürfe sein Haus vorerst nicht einfach verlassen und stehe unter strenger Bewachung, berichtete der Autor.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) kritisierte das Reiseverbot. "Die Bundesregierung hat sich mehrfach und hochrangig dafür eingesetzt, ihm die Reise zu ermöglichen, leider ohne Erfolg", sagte Westerwelle in Berlin. Die Bundesregierung werde sich "im offenen Dialog mit China weiter für Meinungsfreiheit und Bürgerrechte einsetzen". "Wir setzen darauf, Liao Yiwu bald in Deutschland begrüßen zu können." Noch vor seiner versuchten Abreise hatte Liao Yiwu in Chengdu sogar den Asienbeauftragten der Bundesregierung, Cyrill Nunn, getroffen, wie das Auswärtige Amt bestätigte.
Das Kölner Festival solidarisierte sich mit Liao und betonte: "Wir sind erschüttert, dass die chinesischen Behörden einen Autor derartig standhaft daran hindern, mit seinen Lesern zusammenzukommen." Am 19. März soll eine Solidaritätsveranstaltung auf sein Werk aufmerksam machen. Der S. Fischer Verlag zeigte sich entsetzt: "Es ist völlig unverständlich, warum die chinesischen Behörden diese Künstlerreise auf solch krasse Weise unterbinden", erklärte der Programmleiter für Sachbuch und Wissenschaft, Peter Sillem.
Der 50-Jährige hatte ein deutsches Visum und wollte mit einer Zwischenstation in Peking nach Deutschland fliegen. Liao Yiwu durfte im Herbst schon nicht zur Frankfurter Buchmesse mit dem damaligen Ehrengast China ausreisen. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Liao Yiwu Anfang Februar um Hilfe bei seiner Ausreise gebeten: "Sie sind deutsche Kanzlerin und Sie wissen aus eigener Erfahrung, was Diktatur bedeutet."
Der Schriftsteller ist in Deutschland unter anderem bekannt für sein in China verbotenes Buch "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser: Chinas Gesellschaft von unten", das auf Deutsch erschienen ist. Er hatte dafür Toilettenputzer, Prostituierte, alte Mönche, politische Häftlinge oder Straßenkünstler interviewt. Liao Yiwu steht auf der schwarzen Liste, weil er 1989 nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung ein Gedicht "Massaker" publiziert hatte. Damals hatte Liao Yiwu vier Jahre in Haft gesessen.
"Ich saß im Flugzeug, als die Stewardess mich aufforderte, mein Gepäck zu nehmen und zum Eingang zu kommen. Ein Polizist wartete auf mich", berichtete Liao Yiwu in einem dpa-Interview. Nach seinen Angaben hatte die Polizei ihn schon vor ein paar Tagen aufgefordert, nicht nach Deutschland zu reisen. Es habe viele Bemühungen um seine Ausreise gegeben. "Die Botschaft und das Kanzleramt haben Anstrengungen unternommen und mir gesagt, ich solle mich solange bedeckt halten. Aber das Ergebnis ist sehr bedauerlich."
Liao Yiwu besitzt einen chinesischen Pass zum Reisen, ist aber schon mehrfach daran gehindert worden, zu Veranstaltungen in andere Länder zu reisen. Er zeigte sich enttäuscht: "Nach so vielen Versuchen bin ich erschöpft. Deutschland ist ein Traum für mich", sagte der 50-Jährige. "Ich weiß nicht, ob ich weinen oder lachen soll." Jetzt stehe er unter Hausarrest. "Die Polizei sagte mir, ich dürfe mein Zuhause nicht einfach verlassen." Er müsse die Beamten über eventuelle Vorhaben vorher unterrichten.
Der Autor wollte in Deutschland keineswegs um Asyl bitten, sondern nach eigenen Angaben wieder in seine chinesische Heimat zurückkehren.
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