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Debütroman
24.02.2021

Das Leben als Migrantin in Deutschland: Horrorstory statt Sommermärchen

Hengameh Yaghoobifarah legt ein wildes Debüt vor.
Foto: Tarek Mohamed Mawad

Hengameh Yaghoobifarah wurde wegen eines polizeikritischen Satire-Beitrags in der taz berühmt. In ihrem Debütroman schreibt sie nun vom migrantischen Leben in Deutschland unter ständiger Gefahr.

Lübecks Altstadt zählt seit den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts zum Unesco-Weltkulturerbe. Und auch wer noch nie in Lübeck war, kennt vermutlich zumindest das berühmte Holstentor. Concordia domi foris pax steht darauf in goldenen Lettern. Was übersetzt bedeutet: Drinnen Eintracht, draußen Frieden. In diesem Roman stellt sich auch der Besuch aus Teheran fürs Erinnerungsfoto vors Tor. Später geht es zur St.-Marien-Kirche und dann vor den Dom, klick, klick, „als seien sie in Paris“, bemerkt die entnervte Icherzählerin, die ihre Verwandten durch die Stadt schleppen muss. Zwischendurch geht der kleine Cousin verloren. Sie finden ihn auf einem Spielplatz. Abends erzählt er, ein älteres Ehepaar habe ihn mit Müll und Sand beworfen, als er mit ihren Enkelkindern spielen wollte.

Eintracht und Friede - nichts passt weniger zu diesem Roman

Eintracht und Friede. Nichts passt weniger zu diesem Roman, der in Lübeck und Berlin spielt, und zu seiner Icherzählerin, der unglaublich wütenden, unsagbar traurigen Nasrin Behzadi. Er beginnt mit zwei Albträumen, erst einem irrealen, dann einem realen. Aus dem ersten schreckt Nasrin auf, als die Polizei an ihrer Tür klingelt. Es ist nachmittags, Schlafenszeit für Nasrin, die nachts als Türsteherin einer queeren Bar arbeitet. „Haben wir sie geweckt“, fragt der Polizist, während sie schlaftrunken eine Karaffe mit Leitungswasser füllt, Nüsse bereitstellt. Dann, als alle sitzen, die Nachricht, mit der das bisherige Leben zersplittert: Ihr Schwester Nushin ist mit dem Auto tödlich verunglückt.

Horst Seehofer wollte Strafanzeige erstatten

Der Roman trägt den Titel „Ministerium der Träume“, er ist das Debüt von Hengameh Yaghoobifarah, geboren 1991 in Kiel. Yaghoobifarah schreibt für das Missy Magazine und eine Kolumne für die taz. Weshalb man diese Polizistenszene natürlich nicht wie eine andere Polizistenszene in einem anderen Roman liest. Mit einer taz-Kolumne über Polizisten hat Hengameh Yaghoobifarah im vergangenen Jahr nämlich Innenminister Horst Seehofer derart verärgert, dass der gar eine Strafanzeige wegen Beleidigung und Volksverhetzung stellen wollte, dann aber doch nach einem Gespräch mit Angela Merkel davon absah. Yaghoobifarah hatte nach dem gewaltsamen Tod des US-Amerikaners George Floyd sich in der Kolumne damit befasst, wo man – im Falle einer Abschaffung der Polizei – die Staatsdiener dann beschäftigen könnte. Schwierig, so der Text mit dem Titel „All cops are berufsunfähig“, es bliebe nur eine Lösung: ab auf die Mülldeponie. „Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“

Buchcover des Romans "Ministerium der Träume" von Hengameh Yaghoobifarah.
Foto: -/Aufbau Verlag, dpa

Heftig diskutiert wurde das Stück auch in der taz, die Redaktion entschuldigte sich schließlich mit den Worten: „Eine Kolumne, so satirisch sie auch gemeint gewesen sein mag, die so verstanden werden kann, als seien Polizisten nichts als Abfall, ist danebengegangen.“ Yaghoobifarah erhielt Morddrohungen, ebenso Kollegen. Als Hengameh Yaghoobifarah wenige Woche später für das KaDeWe mit teurem Ledermantel warb, war sie bzw. er – Yaghoobifarah versteht sich als non binär, also nicht eindeutig einem Geschlecht zugehörig – schon derart Reizfigur, dass der schlichte Akt des Modelns ebenfalls als bewusster Affront gewertet wurde. Der Spiegel schrieb zuletzt: „Man muss Yaghoobifarah als Popstar lesen.“

Die Geschichte eine iranischstämmigen Familie über drei Generationen

Dass der Roman zu den viel diskutierten des Frühjahrs zählt, liegt auch an dieser Vorgeschichte. Aber ebenso am Roman selbst, an seinem Sound, seinem Plot, seiner Spiegelung deutscher Zeitgeschichte. War es ein Unfall, war es Selbstmord oder gar Mord – diese Frage ist so etwas wie das Schwungrad, das ihn vorantreibt. Und anhand derer Yaghoobifarah die Geschichte einer iranischstämmigen Familie über drei Generationen erzählt, die nach der Flucht aus Teheran in Lübeck strandet. Die Mutter ist verkapselt in Arbeit und Trauer, nachdem ihr Mann von den Mullahs hingerichtet wurde. Ins fremde Leben müssen die zwei Töchter Nasrin und Nushin allein finden. Für die Icherzählerin endet die Kindheit mit zwölf: In einem Bauwagen wird sie von einem Neonazi vergewaltigt.

Rechtsextreme Gewalt zieht sich durch den ganzen Roman, die einzelnen Ereignisse fügen sich zum albtraumartigen Kontinuum. Die Anschläge auf Migrantinnen und Migranten in Mölln, Rostock, Hoyerswerda, die Morde der Terrorgruppe NSU. Auch in der Weltkulturerbe-Stadt ist den Teenagern aus Teheran und ihren Freunden die Gefahr von rechts stets bewusst, gegenseitig unterrichten sie sich in Selbstverteidigung. Auch so kann sich deutsches Leben anfühlen.

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Später ziehen die Schwestern nach Berlin. „Der öffentliche Raum war dort mehr als nur das feindliche Außen. Fremde Menschen waren nicht mehr per se eine Gefahr. (...) Endlich wirklich angekommen in Europa. Wir durften sein“, schreibt Yaghoobifarah. In ihrem Fall bedeutet das auch: Nicht länger dem mitleidlosen homophoben Blick der Mutter ausgesetzt zu sein.

Kein Wohlfühlroman - nicht für Annikas, nicht für Polizisten

Es ist unmöglich, nicht irgendwann beim Lesen einen Hieb dieser wütenden Nasrin einzustecken. „Weiße Frauen“ werden als Annika, Ursula oder Brigitte bezeichnet, tragen spermaförmige Augenbrauen und sind fast ausnahmslos empathielose „Bitches“. Kein Wohlfühlroman natürlich auch für Polizisten. Aber – und das ist das entscheidende – die Wut fährt wie eine Sense durch den deutschen Alltag, trifft fast jeden – auch die Ich-erzählerin selbst. Einerseits toughe Türsteherin, „Einlassstopp ist Einlassstopp“, andererseits trotz verbaler Grobheiten von fast schon fragiler Zartheit.

In der Wohnung rauchen, das geht schon mal gar nicht. Als die 14-jährige Nichte, für die sie nach dem Tod der Schwester in die Verantwortung springt, von einem Kaufhausdetektiv beim Stehlen einer Unterhose erwischt wird, ist Nasrin fassungslos, weil sie doch dachte: „Meine Parvin würde niemals irgendetwas tun, um mich erneut in die Situation zu bringen, mich mit Cops auseinanderzusetzen.“ Tut sie aber doch, weshalb Nasrin fragt: „Siri, wie sieht linksradikale Pädagogik jenseits der Deutschness aus?“

Der Ton: Schräg, kraftvoll, eigen. Aber auch: Roh, simpel, schnell.

Und damit – zum Sound, dem Ton dieses Romans. Hyper. Schräg. Kraftvoll. Eigen. Da wird das Sommermärchen 2006 zur German Horrorstory. Und dann – irgendwie auch daneben. Roh. Simpel. Schnell. „Ministerium der Träume“ ähnelt einer Holzskulptur, an der an einigen Stellen gefeilt und gedrechselt wurde, andere fast unbehauen bleiben. Mal schießen Bilder „nicht wie Ohrfeigen, sondern wie ein Lastwagen“ ins Gesicht. Dann wieder solche ganz eigenen Sätze: „Der Klang seiner Stimme kratzte etwas in mir wie ein Rubbellos auf“. Und wie scharf da jemand beobachtet: „Dieselbe Annika, die hinter jedem random Schwarzen Typen in Kreuzberg einen Drogendealer vermutet, erkennt in Tyler, the Creator plötzlich ihren Seelenverwandten.“ Dass man als Annika diesen wilden, krawalligen Roman so gerne mag, liegt an der Anziehungskraft von Literatur, die etwas zu erzählen hat.

Hengameh Yaghoobifarah: Ministerium der Träume. Blumenbar, 384 Seiten, 22 Euro.

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