Der Intendant verabschiedet sich mit einem Rätsel
Martin Kušej inszeniert am Staatsschauspiel in München sein letztes Stück. Gespielt wird die Komödie "Der nackte Wahnsinn". Nur, was will er damit sagen?
Ein Rätsel gibt Münchens scheidender Theater-Intendant Martin Kušej seinem Publikum in seiner letzten eigenen Inszenierung am Residenztheater auf. Wo der Regisseur zuletzt in seinen Produktionen alles in schwarze Welten überführte, wird es nun knallig, schrill und grotesk. Mit Michael Frayns Komödie „Der nackte Wahnsinn“ verabschiedet sich Kušej, der in der nächsten Saison die Leitung des Burgtheaters in Wien übernimmt.
Es darf gelacht werden am Resi, sehr laut sogar. Im 1980er-Jahre-Retro-Look siedelt Kušej die Groteske an. Zu Dallas-Klängen beginnt die Klipp-Klapp-Komödie, in der ständig Türen auf- und zugeschlagen werden und ein Teller Ölsardinen ständig am falschen Ort auftaucht. Es geht um eine Tournee-Theatertruppe. Drei Mal ist der erste Akt ihres neuen Stückes „Nackte Tatsachen“ zu sehen, erst bei der desaströsen Generalprobe, später auf der Tournee, das dritte Mal bei der letzten Vorstellung.
Alle verwandeln sich zusehends in Witzfiguren
Im Stück ist das eine Verfallsgeschichte. Gespielt wird, bis Text, Kostüme und Bühne überhaupt nicht mehr sitzen und die amourösen Verwicklungen der Schauspieler kriegsähnliche Zustände heraufbeschworen haben. Kušej zeigt am Anfang noch mit seinem wunderbaren Ensemble (Norman Hacker, Sophie von Kessel, Till Firit, Genija Rykova, Thomas Loibl, Katharina Pichler, Paul Wolff-Plottegg, Nora Buzalka, Arthur Klemt), dass Menschen auf der Bühne stehen. Je länger der Abend dauert, desto mehr verwandeln sich alle in reine Witzfiguren und geben ein perfekt getimtes Gag-Feuerwerk – ohne Tiefgang. Und das Publikum wird vor Lachen durchgeschüttelt.
Nur, wie soll man das verstehen, wenn der Intendant des Bayerischen Staatsschauspiels sich mit einem solchen Abend verabschiedet? Soll das eine Verbeugung vor dem Publikum sein, indem der Intendant zum Schluss ganz auf Unterhaltung setzt? Oder will der scheidende Intendant vorführen, auf welchem Theater-Niveau er sein Publikum gewähnt hat? Das lässt diese Inszenierung irgendwie offen. Ein Rätsel.
Weitere Termine am 23. und 29. Oktober sowie am 6., 18. und 19. November im Residenztheater
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