Die Marke Schöneberger: Was macht Barbara so groß?
Beim Konzert in München zeigt sich, was Barbara Schöneberger so erfolgreich macht - und was nicht. Und worauf sie künftig achten muss
Es ist auch eine Heimkehr. Denn als Barbara von Schierstädt an diesem Mittwochabend in München auf die Bühne macht, ist sie zurück an dem Ort, wo alles begann. Hier wuchs sie auf, hier hatte sie vor jetzt 30 Jahren den ersten Auftritt in einer Foto-Love-Story der Zeitschrift Mädchen, hier machte sie eine Ausbildung bei einer Modezeitschrift und hier jobbte sie (neben dem irgendwann abgebrochenen Studium in Augsburg) im Eventbereich und landete beim Fernsehen. Aber heute, mit 45, längst in Berlin wohnend, hat sie mit alldem, was bereits darin aufscheint, überall auf ihrer Tournee durch Deutschland ein Heimspiel. Boulevard, Event, Mode, Zeitschrift, Fernsehen: Das alles ist „Barbara“, angekündigt als „die beliebteste Moderatorin Deutschlands“ – und noch viel mehr.
Schöneberger: „Ich bin der Thermomix der deutschen Unterhaltungsbranche“
An diesem Abend, auf dieser Tour tritt sie ja mal wieder als Sängerin auf, was sie, als sie vor gut zehn Jahren damit begann, auch auf die für sie typische Art getan hatte, die kritische Reaktion in ironischer Selbstbespiegelung vorwegnehmend: „Jetzt singt sie auch noch!“ hieß das Album – und heißt nun auch der Song, mit dem sie im lila Glitzerkleid in diesen Abend startet. Und dann, gleich im Anschluss und nur für den Fall, dass einer der über 1600 Fans hier, die teils 80 und mehr für einen Platz in der Kleinen Olympiahalle bezahlt haben, was übersehen haben sollte, referiert sie, was sie in den fünf Jahren seit ihrer letzten Tour so alles auf die Beine gestellt hat: Barbara, das eigene, monatliche Frauenmagazin (verkaufte Auflage zuletzt bei über 120.000), barba radio, das eigene Internet-Radio mit 24 Stunden Programm, eigene Kollektionen von Tapeten und Koffern, Werbung für Fleischsalat und Zahnbürsten, dazu natürlich Moderationen wie im fortlaufenden „NDR Talk“, aber vor allem auch bei Fernseh-Galas und dem deutschen Vorentscheid zum „Eurovision Song Contest“ …
Gerade ihre Vielseitigkeit hatte ihr ja einst auch den großen Karrieresprung beschert, als sie die Comedy-Hauptrolle in der Sendung „Blondes Gift“ spielte, der Berichterstattung zur Fußball-WM 2002 Würze verlieh und als Co-Moderatorin der „Bambi“-Verleihungen überzeugte. Sie selbst sagt an diesem Mittwochabend: „Ich bin der Thermomix der deutschen Unterhaltungsbranche.“
Und natürlich blinkt dazu hinter ihr und ihrer siebenköpfigen Band auf der Leinwand nicht ihr bürgerlicher Name, der seit ihrer Heirat mit einem IT-Unternehmer, Baron samt Schlösschen und Vater ihrer beiden Kinder Barabara von Schierstädt lautet. Sondern Schöneberger, der unveränderte Markenname. Denn damit ist der Hauptinhalt ihres Unternehmungen ja auch benannt. Ja, sie tritt bei dieser Tour als Sängerin auf, singt auch ziemlich okay ihre eigenen launigen Comedy-Chansons und dazu Pop-Covers von Beyoncé bis Madonna – und sie witzelt dazwischen auch immer wieder wie eine Kabarettistin über die Geschlechter. Das Ganze ist bloß auch ungefähr so originell wie ein Thermomix oder eine Tupper-Ware-Party, die, passend zu den frivolen Einsprengseln hier, ja auch mal mit Dessous- und Dildo-Partys wechseln. Aber wem es diesbezüglich um Qualität geht, der sitzt eh besser in der Show einer Monika Gruber. Bei Barbara sind die Männer halt unsensibel und unbeholfen, die Friseure schwul – und wenn die Ehe scheitert, sind halt beide schuld: die Frau – und die Schwiegermutter.
Barbara Schöneberger in München: „Das ist nicht meine Haut, die Strumpfhose ist wellig“
Wirklich witzig, gut und schneidend ist Barbara Schönberger immer dann, wenn es um Barbara Schöneberger geht. Die Kleine Olympiahalle hat den traurigen Charme einer Mehrzweckhalle aus Beton – aber wenn diese Frau über sich selbst spricht, könnte sie auch auf einer blanken Bierkiste auf dem Schulhof stehen, sie wäre eine Wucht. Und so ähnlich ist es ja eigentlich auch. Nicht nur dass Schönberger zeigt, dass der Glitzer-Hocker, auf dem sie zwischenzeitlich Platz nimmt, tatsächlich bloß eine solche verkleidete Kiste ist. Das, was sie mit ihren in sehr großer Mehrheit weiblichen und durchschnittlichen mindestens gleichaltrigen Fans verbindet, ist wie eine Klassengemeinschaft mit ihrer einstimmig erwählten Sprecherin.
Mit lustvoller Selbstironie bricht sie das Gefühl, als Frau nicht all den Rollen-Projektionen zu entsprechen – und damit die Projektionen selbst. Und denkt man, dass eines der fünf Kostüme dieses Abends vielleicht etwas zu gewagt ist, dass unterhalb des Frackoberteils ihre Beine zwischen High-Heels und Hot-Pants nicht gerade vorteilhaft wirken, dann sagt sie es selbst: „Das ist nicht meine Haut, die Strumpfhose ist wellig und der Schattenwurf …“ Das ist nicht nur witzig, sondern tatsächlich auch Feminismus für jederfrau. Und diese kurvige, in Mimik, Gestik und Wörtern exzentrische Blonde hat – ob mit wallenden Locken wie in der ersten oder mit geglättetem Haar in der zweiten Hälfte des Abends – das Zeug zur Ikone in Fragen der Figur und des Alterns, des Liebens und des Sex.
Vorsichtig muss sie bei allen geliebten (Un-)Wuchten bloß im Umgang mit der persönlichen Glaubwürdigkeit sein. Fan-Ärger handelte sie sich nämlich kürzlich ein, als sie auf dem Cover ihres Magazins in Fat-Suit posierte. Was sollte das, wo sie doch selbst in den vergangenen Jahren schlanker geworden wirkt? Bei der Show betonte sie nicht nur einmal: Nein, sie habe nicht abgenommen, sie trage bloß knallenge Corsagen. Für die Marke Schöneberger sind das zentrale Fragen.
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