Wes Anderson eröffnet die 64. Berlinale
Zum Auftakt der Filmfestspiele hat Wes Anderson mit „Grand Budapest Hotel“ schon mal ein starkes Zeichen gesetzt. Die deutschen Beiträge werden es nicht leicht haben
Ein Auftakt nach Maß: Mit der Weltpremiere von „The Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson wurde gestern die 64 Berlinale eröffnet. Der Wettbewerbsbeitrag des 44-jährigen Meisters des gehobenen schrägen Humors belieferte damit auch gleich reichlich den roten Teppich am Potsdamer Platz mit Schauspielerprominenz, darunter Ralph Fiennes, Tilda Swinton, Bill Murray, Willem Dafoe, Jeff Goldblum, und Saoirse Ronan.
Der US-Regisseur Anderson ist bereits zum dritten Mal im Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele vertreten. Gedreht wurde die 23 Millionen Euro teure Produktion im sächsischen Görlitz und im traditionsreichen Studio Babelsberg. Potsdam erhielt nicht zuletzt deshalb den Zuschlag, weil die Kombination aus Fördermitteln und Steuererleichterungen für internationale Filme extrem günstig ist – Standortvorteil Deutschland.
Film spielt in der Vorkriegszeit
Andersons (Hotel-)Geschichte beginnt 1932 in einem fiktiven osteuropäischen Bergort. Erzählt wird aus der Perspektive eines Concierge namens Gustave, den Ralph Fiennes bravourös verkörpert. Ein junger Page entpuppt sich als sein Lebensretter, weil eine alte Dame (Tilda Swinton), nachdem sie Gustave zum Alleinerben eines wertvollen Renaissance-Gemäldes bestimmt hat, ermordet wird. Deren Sohn Dmitri (Adrien Brody) kennt keinen Spaß und stürzt alle Beteiligten in heftige Turbulenzen.
In dieser hermetischen Welt des Grand Budapest Hotels frönen die skurril-exzentrisch angelegten Figuren ihren individuellen Egoismen. Der Zuschauer hat dabei das Vergnügen, einer mikroskopisch sezierten Gesellschaft zwischen den beiden Weltkriegen zuzusehen. Die Repräsentanten einer untergehenden Epoche weisen dabei über das eigene kleine Leben hinaus, spiegeln eine besondere Form von Universalität wider.
Spezialist für hinterfotzig-nachdenkliche Tragikomödien
Den Streit ums Familienvermögen, das Ambiente der Nobelunterkunft, die mondäne Gesellschaft der Kriegsgewinnler, des Adels und der Hasardeure verlegt Regisseur Anderson nicht von ungefähr in die Zeit des Umbruchs – die neuen, faschistischen Machthaber verschonen auch die alte Welt nicht. Als Spezialist für hinterfotzig-nachdenkliche Tragikomödien verlangt Anderson seinen exzentrischen Charakteren so manche Absurdität und Frivolität ab. Stilistische Vorbilder sind ja auch der subversive Witz Ernst Lubitschs und die geistreiche Satire eines Billy Wilder.
Die Chance, auf die deutsche Filmproduktion stolz zu sein, ist beim Jahrgang 2014 mehr als je zuvor gegeben. Insgesamt vier deutsche Beiträge wurden für den 20 Filme umfassenden Wettbewerb ausgewählt. Das sind schon französische Verhältnisse, wo das Festival in Cannes mit nonchalanter Selbstverständlichkeit regelmäßig die einheimische Filmindustrie massiv ins Schaufenster stellt. Allerdings sind die mit Fernsehgeldern unterstützten deutschen Aspiranten auf den Goldenen Bären mit einem Budget von bis zu knapp drei Millionen Euro nicht gerade üppig ausgestattet.
Was die einem größeren Publikum noch unbekannte Nachwuchsgeneration – sieht man ab von Dominik Graf, der sich mit „Die geliebten Schwestern“ der Frauen um Schiller annimmt – inhaltlich und handwerklich zu sagen hat, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. So erzählt Regisseurin Feo Aladag in ihrem zweiten Spielfilm „Zwischen Welten“ von der aktuellen Problematik eines in Afghanistan stationierten deutschen Offiziers und seines Übersetzers. Um eine ganz persönliche kleine Geschichte geht es in Dietrich Brüggemanns „Kreuzweg“, in dem ein 14-jähriges Mädchen das Verhältnis von Religion, Macht und Moral auslotet. „Jack“ von Edward Berger wiederum bietet einen Einblick in die Gefühls- und Alltagswelt eines zehnjährigen Jungen in Berlin. Man darf gespannt sein, wie diese deutschen Beiträge vor der Wettbewerbskonkurrenz und vor den Augen der Jury bestehen werden.
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