Fotograf der Deutschen
Zum Tod von Stefan Moses
Der Fotograf Stefan Moses arbeitete sein Leben lang eigentlich nur an einem Motiv: dem Menschenbild. „Jeder hat seine Aufgabe. Meine ist, Menschen festzuhalten, bevor sie verloren gehen.“ Und das tat Stefan Moses. Er erzählte von der Gesellschaft, indem er Menschen zeigte. Er fotografierte Prominente, Künstler – aber vor allem: Durchschnittsmenschen, die er auf der Straße ansprach und vor sein graues Filztuch bat. In diesem „mobilen Fotoatelier“ des Wanderfotografen Moses saßen Drehorgelspieler, Zeitungsverkäufer, Arbeiter, Packerinnen.
Stefan Moses, der als Fotograf in den goldenen Jahren der Illustrierten mit Bildreportagen für Revue und ab 1960 für den Stern begann, konzentrierte sich in seiner Arbeit auf Deutschland. Das war ihm exotisch genug. Der Historiker Christoph Stölzl nennt die fotografische „Typologie der Deutschen“ als das entscheidende Vermächtnis seines Freundes, der, wie bereits kurz berichtet, im Alter von 89 Jahren in München gestorben ist – jener Stadt, in der er seit 1950 lebte. Stölzl sieht Moses als „Grand Old Man der deutschen Fotografie“ in einer Reihe mit dem legendären August Sander und dessen Porträtprojekt „Menschen des 20. Jahrhunderts“.
Der Katzenliebhaber Stefan Moses, der erst spät auch Bilder in Farbe veröffentlichte, war früh erfolgreich. Sein Bildband über seinen Sohn Manuel, erschienen 1967, wurde zum Fotobuch-Bestseller. Immer wieder hat Moses konzeptionell in Serien (Das Tier und sein Mensch) und Bildreihen (Deutschlands Emigranten) gearbeitet. Seine Bilder wurden in zahlreichen Ausstellungen gezeigt. Er wusste, wie vergänglich die Zeit ist. Gleich nach der Wende reiste der Fotograf in den Osten und porträtierte Menschen, die er traf – dieses besondere Zeitfenster für sein Projekt „Abschied und Anfang“ nutzend.
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