
Heavy-Metal-Fans feiern ihr Festival

Wacken (dpa) - Tausende Langhaarige im schwarzen Schlabber-Look, die zu aggressiven Klängen und kreischendem Gesang dumpf mit den Köpfen wackeln. Sie haben ein Bierglas in der einen Hand und die andere zur Faust geballt, aus der nur der kleine und der Zeigefinger herausragen: der "Teufelsgruß".
Das sind die Klischees über die Besucher des "Wacken Open Air" (W:O:A). Doch so ist es beim weltgrößten Heavy-Metal-Festival gar nicht - sagen zumindest die knapp 1900 Einwohner des kleinen Dorfes nahe Schleswig-Holsteins Nordseeküste. Seit Donnerstag sind geschätzte 75 000 Hardrock-Fans in dem Ort, um beim 21. "Wacken Open Air" bis zum Samstag abzurocken.
Elf Monate im Jahr leben die Wackener in einer beschaulichen und übersichtlichen Gemeinde. Für ihre Freizeitaktivitäten sorgen unter anderem zwei Jagdvereine, ein Schützen- und ein Landfrauenverein. Für die Musik sind in dieser Zeit der Kirchenchor, der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr und ein Gesangsverein zuständig.
Doch im August ist alles anders. Zigtausende Hardrock- und Heavy- Metal-Fans überrollen das kleine Dorf. Sie campieren auf umfunktionierten Koppeln. Shuttle-Busse bringen ständig weitere Festival-Besucher vom Bahnhof Itzehoe und vom Hamburger Flughafen zu dem Open-Air-Gelände rund 45 Autominuten nordwestlich von Hamburg. Drei Tage dauert der Ausnahmezustand in dem kleinen Flecken - in dieser Zeit wird er zu einem der größten Orte an der deutschen Nordseeküste.
Mehr als 100 Bands haben sich in diesem Jahr angesagt, die mit einer Lautstärke von bis zu 120 Dezibel zum Teil gleichzeitig auf allen vier Bühnen spielen. Stars wie Alice Cooper, Iron Maiden, Slayer und Mötley Crüe sind dabei.
Davor und daneben vertreiben sich eingefleischte Fans die Zeit nicht nur mit "Headbanging" - wilden Kopfbewegungen im Takt der Musik - oder dem "Luftgitarre"-Spielen. Sie stehen auch geduldig stundenlang an, um ein Andenken an das Festival zu kaufen ("Meine Freundin hat gesagt, ich soll ihr eins mitbringen").
In der Wartezeit diskutieren sie über die Stoffqualität der offiziellen "W:O:A"-T-Shirts: "Ich hab' mir um das T-Shirt-Material noch nie 'ne Platte gemacht: Ich kauf's, zieh's an und latsch damit rum", sagt einer. Ein anderer bezweifelt, dass solche T-Shirts überhaupt tragbar sind: "Die sind mir viel zu prollig...".
Oder sie tauschen Rezepte fürs abendliche Grillen aus. Manche beginnen ganz banal zu tratschen: "Sehr süß fand ich auch die Leute, die neben uns gezeltet haben und sich extra den Wecker stellten, um pünktlich zur Eröffnung zu sein."
Zwischendurch treffen sich viele immer wieder bei den regelmäßigen Auftritten der örtlichen Feuerwehrkapelle, die das Spektakel auch jedes Jahr mit Biergartenmusik eröffnet. Und die Blasmusik der Dorfkapelle animiert sogar eingefleischte Heavy-Metal-Freaks zum Schunkeln und Mitsingen - dann gehören sie wirklich mit zur Dorfgemeinschaft, dann sind sie alle Wacken.
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