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Interview
27.05.2019

Historiker: "Ist bayerische Tugend, dass man über sich lachen kann"

„Eines der modernsten Museen Europas“: Richard Loibl ist stolz auf das neue Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg, das am 4. Juni mit einem Festakt öffnet.
Foto: Ulrich Wagner

Exklusiv Richard Loibl hat das Museum der Bayerischen Geschichte konzipiert, das nächste Woche in Regensburg die Türen aufschließt. Wie er dabei mit Klischees umging.

Herr Loibl, für Sie als gebürtigen Straubinger ist das vermutlich eine überflüssige Frage: Fühlen Sie sich als Bayer?

Richard Loibl: Als Bayer und Europäer.

Woran machen Sie das Bayerischsein fest?

Loibl: Gerne an der Sprache, dann an der bayerischen Lebensart: liebenswürdig, freundlich, bei den Männern mit Hang zum großen Auftritt, humorvoll und selbstironisch, tolerant bis zur Selbstverleugnung, wenigstens in der Eigensicht… (lacht)

Da ist zu vermuten, dass es einem Nicht-Bayern gar nicht möglich gewesen wäre, ein Museum der Bayerischen Geschichte auf die Beine zu stellen.

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Loibl: Jedenfalls hat es nicht geschadet. Im Team waren zwecks Außensicht sogar eine Österreicherin und ein Rheinländer dabei.

Ein Flächenstaat mit 200-jähriger Geschichte, deren Wurzeln noch viel weiter zurückreichen – ein Riesenfundus für die Konzeption eines solchen Museums. Wie sind Sie vorgegangen?

Loibl: Ein Problem hätten wir bekommen, wenn wir Vollständigkeit angestrebt hätten. Wir haben aber von Anfang an gesagt, für uns ist es wichtig, dass das ein Bürgermuseum mit hoher Besucherorientierung wird. Wenn man das anstrebt, muss man auswählen. Und weil wir ein Museum sind, nehmen wir diese Auswahl nicht nur aus Sicht der Historiker vor, sondern auch aus kunsthistorischer und museumsfachlicher Perspektive. Wir wollen kein Handbuch an die Wand nageln, sondern prägende Bilder aus der bayerischen Geschichte auf die Bühne bringen – im wahrsten Sinn des Wortes.

Es gab die Einladung an die Bevölkerung, sich mit eigenen Besitzgegenständen zu beteiligen. Welche Zusendung hat Sie besonders überrascht?

Loibl: Wir haben für die Zeit des Ersten Weltkriegs unwahrscheinlich viel Material bekommen. Eine dieser Spenden ist mittlerweile berühmt geworden: die lederne Pickelhaube, mit der Simon Gammel, ein Niederbayer, 1914 an die Westfront zog. Ein Granatsplitter ist ihm durch die Haube in den Kopf gefahren und hinten wieder ausgetreten. Gammel hat dieses Unglück überlebt, und seine Nachkommen haben die Pickelhaube aufbewahrt und uns zur Verfügung gestellt. Ein Wahnsinnsobjekt – bei dessen Anblick Kriegsbegeisterung sehr schnell aufhört.

Durch die Landesausstellungen sind Sie und das Haus der Bayerischen Geschichte bekannt für die Inszenierungen, in welche Sie die Ausstellungsstücke einbetten. Trauen Sie Exponaten nicht zu, für sich selbst zu sprechen?

Loibl: Ein Stück wie der erwähnte Helm braucht nicht inszeniert zu werden, der spricht für sich. Große Inszenierungen machen wir, wenn sie einen Mehrwert für die Besucher bieten. Ein schönes Beispiel ist die Bühne „Ois Chicago“. Wir zeigen hier den damals größten Scheinwerfer der Welt, gebaut von Schuckert in Nürnberg, mit dem 1873 die Gebäude der Weltausstellung in Chicago angestrahlt wurden. Wenig später war das Schlierseer Bauerntheater auf US-Tournee und verkaufte 100 Vorstellungen aus, einige davon in Chicago. Aus dem Theaterstück haben wir eine Szene rekonstruiert und neben den Strahler gestellt. Was zeigt das? Dass die Bayern sehr früh international unterwegs waren und sowohl durch Tradition als auch durch Hightech auffielen. In den USA haben sie außerdem gelernt, wie man professionell Werbung macht. Alles zusammen könnte der Mythos Bayern sein.

"Upper Bavarian Style" für Loibl keine Alternative in der Architektur

Noch etwas genauer: Wodurch schafft Inszenierung einen Mehrwert?

Loibl: Für mein Verständnis von Museum war Gottfried Korff sehr wichtig, der großartige Ausstellungen gemacht und so schöne Fachbegriffe erfunden hat wie die „ironisierende Museografie“. Das heißt, Objekte inszenieren, zugleich aber auch die Inszenierung brechen, damit die Leute stehen bleiben und sich fragen, was das soll. Dann werden sie sich informieren, Texte lesen, weitere Exponate anschauen oder über den Mediaguide noch tiefer einsteigen. Wir möchten die Besucher zum Nachdenken bringen, Kombinatorik und Fantasie anregen.

Außerhalb der Landesgrenzen verbindet man Bayern überwiegend mit Oberbayern. Da ist man als Ausstellungsmacher doch in der Zwickmühle: Einerseits muss man den Erwartungen der Besucher gerecht werden, andererseits darf man die Proporz-Interessen der Franken, Ostbayern und Schwaben nicht aus den Augen verlieren.

Loibl: Das ist keine Zwickmühle, sondern ein toller Zugang. Im Museum haben wir sogenannte Kulturkabinette, die im weitesten Sinne kulturelle Erscheinungen präsentieren, die man mit Bayern verbindet. Zum Beispiel die bayerischen Feste: Jeder kennt das Oktoberfest

 …typisch oberbayerisch…

Loibl: Moment: Sie gehen in das Kabinett hinein, sehen das Oktoberfest anhand von zahlreichen Aufnahmen, doch wenn Sie sich darauf zubewegen, faucht Sie ein Drache an: der Drache vom Further Drachenstich aus der Oberpfalz. Und von der anderen Seite kommt ein Ritter von der Landshuter Hochzeit herangesprengt. Das ist das Prinzip, das sich durchs Museum zieht: Man bekommt schon das Klischee präsentiert…

…aber dann schlägt die ironisierende Museografie zu.

Loibl: Genau. Das ist ja auch eine bayerische Tugend: dass man sich selber hinterfragt und auch mal über sich lachen kann.

Das Museum hatte von Anfang an nicht nur Freunde, allein schon, weil es ein Wunsch des früheren CSU-Ministerpräsidenten Seehofer war.

Loibl: Anfangs haben wir uns hier im Haus selbst gefragt, ob so ein Projekt noch in die Zeit passt, wo es in Bayern schon 1500 Museen gibt. Auch die Zukunft der Landesausstellungen hat uns beschäftigt: Auf sie, die ja sehr gut laufen und in allen Regionen Bayerns spielen, zu verzichten, wäre ein großer Rückschritt gewesen. Aber der Ministerpräsident wollte das Museum unbedingt, und so haben wir erste Konzepte entworfen. Nicht als Nationalmuseum im Stil des 19. Jahrhunderts, sondern als Museum mit Schwerpunkt auf dem modernen Bayern, seiner demokratischen Entwicklung und seiner Alltagsgeschichte. Und dann hat es uns selbst gefallen, weil wir das Format Museum in die Zukunft denken konnten.

Trotzdem stört sich mancher schon an der Architektur des Hauses. Was war da nicht alles zu hören: „Parkhaus“, „Schallschutzwand“… (mehr dazu)

Loibl: Was wäre denn die Alternative gewesen? Upper Bavarian style, ein paar Balkone, rot-weiße Vorhänge, Fensterläden mit eingeschnitzten Herzerln? Der Museumsbau folgt klar der Bauhaus-Philosophie: „Form follows content“, die Form folgt dem Inhalt. So, wie es steht, ist das Gebäude exakt fürs Museum gemacht. Das sagt es auch nach außen: Ich bin eines der modernsten Museen Europas – und keine Kopie eines Regensburger Mittelalter-Stadels.

"Proporz darf ja auch Spaß machen"

Das Motto des Hauses der Bayerischen Geschichte lautet: „Wir begeistern für Bayerns Geschichte“. Das klingt nicht gerade nach kritischem Blickwinkel. Wie entgehen Sie bayerischer Selbstbeweihräucherung?

Loibl: Das Motto des Museums lautet: „Wir zeigen, wie Bayern Freistaat wurde und was ihn so besonders macht“. Wir sind Historiker und der Wahrheit verpflichtet. Was wir bieten, ist wissenschaftlich auf dem neuesten Stand. Eine Geschichte, die wahr ist, muss aber deshalb nicht langweilig erzählt werden. Wir bieten dazu beeindruckende Bilder, die teilweise begeistern, teilweise anrühren, teilweise aufwühlen. Wir zeigen im Museum, wie Hitler in München groß wurde und welche Bedeutung Bayern für das Terrorregime und den Völkermord besaß. Dazu wählen wir natürlich eine ganz andere Präsentation als etwa bei der beschriebenen Chicago-Bühne.

Vor ein paar Wochen kam es zum Konflikt zwischen Ihnen und Charlotte Knobloch um den Titel der Landesausstellung 2020 in Aichach und Friedberg, der zunächst „Stadtluft macht frei“ lauten sollte. Am runden Tisch wurde letztlich ein neuer Titel gefunden, die Ausstellung wird nun „Stadt befreit“ heißen. Was haben Sie aus dieser Auseinandersetzung gelernt?

Loibl: Das war gar kein wirklicher Konflikt, er wurde vielmehr von einem bestimmten Medium konstruiert. Was ich gelernt habe: In der heutigen Medienlandschaft gibt es Situationen, in denen man chancenlos ist. Frau Knobloch wurde mit einem nicht vollständigen Titel konfrontiert, denn eigentlich lautete er „Stadtluft macht frei – Wittelsbacher Gründerstädte“. Den zweiten Teil hat die Journalistin weggelassen, als sie Frau Knobloch den Titel kommunizierte. Die Kritik, dass „Stadtluft macht frei“ so ähnlich klingt wie das „Arbeit macht frei“ in Dachau und Auschwitz, war dann in der Welt. Man hat keine Chance mehr mit dem Argument, dass „Stadtluft macht frei“ ein historischer Lehrsatz ist, den Juristen und Historiker bis heute lernen. Was die Sache noch abstruser macht: Von den Nazis ist „Stadtluft macht frei“ nach hinten geschoben worden, weil es ihnen die liberale Seite der Stadtentwicklung zu stark betonte. Für einen Historiker ist so eine Situation natürlich bitter. Aber der Zusammenhang zwischen „Stadtluft macht frei“ und „Arbeit macht frei“ ist durch die Medien nun gesetzt und damit real. Hätten wir den Titel nicht geändert, hätten wir ihn bei jeder Gelegenheit um die Ohren geschlagen bekommen. Wäre ich als Historiker nur für mich verantwortlich, wäre ich trotzdem dabei geblieben. Als Museumsdirektor musste ich aber an mehr und mehrere denken.

Herr Loibl, im Moment sitzen Sie hier in Augsburg im Haus der Bayerischen Geschichte. Wo wird Ihr Direktoren-Schreibtisch ab dem Tag der Museumseröffnung stehen?

Loibl: In Augsburg und in Regensburg. Wir behalten als Hauptsitz und Hauptquartier für die Landesausstellungen natürlich Augsburg bei. Im proporzgestählten Bayern wäre es gar nicht denkbar, dass man alles zusammenwirft. Für uns hat die Trennung durchaus Vorteile, schon weil Augsburg in Bayern halt nicht schlecht liegt. Privat fühle ich mich als niederbayerischer Schwabe hier außerdem sehr wohl. Mit allem, was das Museum betrifft, werden wir hingegen nach Regensburg gehen.

Dort gibt es statt des üblichen Museums-Cafés gleich ein ganzes Museums-Wirtshaus. Dürfen Sie die Speisekarte mitkuratieren?

Loibl: Ein bisserl schon, vor allem die Getränkekarte. Wir haben zur Auflage gemacht, dass sich darin das ganze Land widerspiegeln soll. Es gibt also nicht nur fränkischen Wein, sondern auch Wein vom Bodensee. Und Biere aus allen bayerischen Regionen. Proporz darf ja auch Spaß machen.

Zur Person Richard Loibl (*1965) leitet seit 2007 das Hauses der Bayerischen Geschichte in Augsburg. Zugleich ist er Gründungsdirektor des Museums der Bayerischen Geschichte.

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