Indische Kunst drängt auf deutschen Markt
Chemnitz (dpa) - Viveek Sharma zeigt lachend auf eine Figur neben dem hinduistischen Elefantengott Ganesha. "Das bin ich", sagt der Maler aus Mumbai, dem früheren Bombay. Die Spezialität des 41-Jährigen sind fotorealistische Gemälde - und dass er selbst Bestandteil jedes seiner Bilder ist.
Als Stipendiat des Chemnitzer Kunstprogrammes "Artist in Residence" malt Sharma derzeit nicht in seinem winzigen Mumbaier Studio, sondern in einem großzügigen Atelier in den Kunstsammlungen Chemnitz. Sein Aufenthalt in Sachsen steht sinnbildlich für eine Welle indischer Kunst, die auf dem europäischen Markt Einzug hält.
"Indien hebt ab", titelt das Fachmagazin "Art" in seiner aktuellen Ausgabe. Galeristen haben sich schon auf die Kunst vom Subkontinent eingestellt: "Was Indisch ist, ist cool", beschreibt Stefan Wimmer die aktuelle Situation. Der geschäftsführende Gesellschafter der Galerie Beck & Eggeling aus Düsseldorf hat Viveek Sharma bei einer Reise nach Indien vor anderthalb Jahren entdeckt. Schon lange beschäftigt sich Wimmer mit indischer Kunst. "Bis vor kurzem wurde indische Kunst ähnlich wie afrikanische wahrgenommen, eher in der Ethno-Kategorie", sagt er. "Doch jetzt nimmt sie hier massiv Fahrt auf."
So bietet derzeit die private Sammlung Essl vor den Toren Wiens mit der Sammlung "Chalo! India" einen Überblick über die Szene. Auch in Deutschland kommen Freunde indischer Kunst auf ihre Kosten. Beck & Eggeling zeigt im Januar 2010 eine Ausstellung mit Sharmas Werken. Einer der Wegbereiter für die Künstler vom Subkontinent ist Peter Nagy. Bereits vor zehn Jahren eröffnete der US-Amerikaner in der Hauptstadt Neu-Delhi seine Galerie Nature Morte, seit knapp einem Jahr ist er mit einem Ableger in Berlin vertreten.
"Berlin ist heute eines der Zentren zeitgenössischer Kunst in Europa, und die Künstler, mit denen wir arbeiten, freuen sich über die Möglichkeit, hier auszustellen", sagt Nagy. Kunden aus ganz Europa nutzen die Chance, sich bei ihm mit Gemälden oder Skulpturen einzudecken. Derzeit stellt er an der Spree Werke unter anderem von Hema Upadhyay und Anita Dube aus, die beide aus Indien stammen.
Der international erfolgreichste indische Künstler ist Subodh Gupta, den Nagy 1997 in sein Programm aufnahm, und dessen Werke mittlerweile für einige hunderttausend Euro zu haben sind. Bekannt wurde er vor allem durch sein Werk "Very Hungry God", das einen überdimensionalen Totenkopf aus poliertem Edelstahlgeschirr darstellt und 2007 während der Biennale in Venedig vor dem Palazzo Grassi am Canal Grande ausgestellt war. "Skulpturen wie diese bezeichnen das sich gerade in der Welt ereignende Desaster - speziell aber bei uns im Mittleren Osten", erklärte Gupta unlängst sein Werk.
Bis indische Kunst massentauglich ist, wird es aber wohl noch einige Zeit dauern, sind sich die Experten Nagy und Wimmer einig. "Für die Mehrzahl des deutschen Kunstpublikums wird indische Kunst immer eine Art Ethno-Ding bleiben", sagt etwa der US-Amerikaner. Wimmer zweifelt daran, dass der konzeptionelle Aspekt der Werke erkannt wird. "Das muss erkennbare indische Wurzeln haben", sagt er. "Da muss noch eine Menge Aufklärungsarbeit geleistet werden. Doch allein aufgrund der schieren Masse hervorragender indischer Künstler wird Deutschland eher früher als später Notiz von ihnen nehmen müssen, ist sich Wimmer sicher. Viveek Sharma ist jedenfalls schon da.
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