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Philosophie
02.05.2019

Ist der Mensch wirklich vernünftig?

Schopenhauer (1788–1860): Als junger Mann schrieb er sein Meisterwerk, erst im Alter wurde er berühmt.
Foto: Imago Images

Michel Houellebecq ist ein glühender Verehrer: Schopenhauers „Die Welt als Wille und Vorstellung“ ist auch 200 Jahre nach dem Erscheinen aktuell.

Wenn als Zeichen unserer Gegenwart gelten kann, dass man – erstens und siehe der Zustand der Erde – mit einigem Grund an der klassischen Beschreibung des Menschen als vernunftbegabtes Wesen zweifeln kann; dass es – zweitens und wie als Entgegnung – ein wachsendes Mitgefühl für unsere Mitgeschöpfe gibt; und dass es – drittens und pseudoreligiös im Privaten – eine Hinwendung zu den fernöstlichen Praktiken der Versenkung in Yoga und Meditation gibt: Dann passt dieses Buch mitten hinein ins Jahr 2019. Und doch ist es bereits 1819 veröffentlicht worden.

Aber natürlich strebte Arthur Schopenhauer in „Die Welt als Wille und Vorstellung“ ja die überzeitliche Erkenntnis dessen an, was der Mensch und das Leben ist. Da heute nun auch noch der als der hellsichtigste Schriftsteller unserer Zeit geltende Michel Houellebecq seine Lehren glühend verehrt, stellt sich die Frage: Hat der deutsche Philosoph tatsächlich das Wesen des Daseins gefunden? Oder hat er nur die Charakteristik eines Seins beschrieben, das sich für bestimmte Zeiten als treffend erweist?

Thomas Mann verneigte sich in den "Buddenbrooks" vor Schopenhauer

Denn auch mitten zwischen ihm damals und uns heute, am Anfang des 20. Jahrhunderts, zeigte sich ein Seelenautor seiner Epoche von Schopenhauer beeindruckt und verneigte sich in seinem ersten großen Werk vor ihm. Thomas Mann drückte in „Buddenbrooks“ dem über Lebenssinn und Tod verzweifelten Senator Thomas Buddenbrook in seiner dunkelsten Stunde zum Trost diesen Philosophen in die Hand. Er liest also in „Die Welt als Wille und Vorstellung“. „Und siehe da: Plötzlich war es, wie wenn die Finsternis vor seinen Augen zerrisse, wie wenn die samtne Wand der Nacht sich klaffend teile und eine unermesslich tiefe, eine ewige Fernsicht von Licht enthüllte.“

Welchen Trost also hat Schopenhauer? Was macht diese Zeiten aus, zu denen sein Denken passt wie offenbar zu unserer? Oder kündet er wirklich vom wahren Menschsein?

Welche Rolle spielen angekettete Galeerensklaven?

Die an sich schon abenteuerliche Geschichte dieses Buches, das zu den Klassikern der Philosophie gehört, beginnt mit einem 16-jährigen Jungen, Sprössling einer wohlhabenden Danziger Kaufmannsfamilie, auf mehrjähriger Bildungsreise mit seinen Eltern. In der südfranzösischen Hafenstadt Toulon sieht er etwas, über das er nicht nur erschüttert seinem Tagebuch berichten, das ihn auch als Sinnbild menschlicher Existenz für immer begleiten wird.

Es sind angekettete Galeerensklaven, deren Leben er sich nur als qualvoll und hoffnungslos vorstellen kann. Ist nicht unser Leben ebenso gekettet an die Probleme der Individualität und an die Leiden und die Vergänglichkeit des Leibes? Gedanken eines geistvollen, aber etwas zu Melancholie und existenzialistischer Düsterkeit neigenden Teenagers, ohnehin ein Sonderling und zudem in Wut, weil der Vater ihn entgegen all seiner Interessen als Nachfolger, als Kaufmann sehen will?

In Weimar lernte Schopenhauer Goethe kennen

Es wird sehr viel mehr als das. Denn diese Galeerenvision blieb bei Schopenhauer, auch nach dem frühen Tod des Vaters, der ihn mit ererbtem Vermögen eigentlich zu einem freien Mann machte. Sie begleitete ihn durchs Philosophiestudium, in der er von Platons Höhlengleichnis las, nach dem die Menschen nur Schattenbilder der Wirklichkeit sehen, bis sie sich aus der Höhle befreien und an der Sonne die Wahrheit entdecken. Sie begleitete ihn auch nach Weimar, wo er zu Besuch im kultivierten Kreis um die dorthin umgesiedelte Mutter und Schwester auch Goethe in dessen naturphilosophischer Hochphase kennenlernte – und mit ihm einig war, es gebe eine Einheit der Natur, ein hinter allen Erscheinungen verborgenes Prinzip, eine Kraft.

Und die Galeere blieb auch noch bei ihm, als er über den Herder-Schüler Friedrich Majer mit der altindischen Philosophie der Upanishaden in Kontakt kam, die einerseits das irdische Werden und Vergehen voller Täuschung und Leiden kennt, andererseits eine ewige Weltseele. Und mit diesem Rüstzeug setzte sich der junge Gelehrte mit gerade mal 30 Jahren an sein Werk, mit dem er den großen Zeitgenossen, den Aufklärungsphilosophen Kant und Hegel entgegentreten wollte. Was anfangs praktisch keinen interessierte – ihn aber später zu einem der Großen machen sollte. Mit einer Absage an deren Lehre von der Vernunft: „Die Welt als Wille und Vorstellung“.

Die Geschicke der Menschheit treiben blind voran

Schopenhauer gilt als Pessimist. Denn die Vernunft ist für ihn nur so etwas wie ein Epiphänomen. Mit ihr können wir die Welt, wie sie uns erscheint, ergründen – aber nichts selbst bewirken. Denn was in der Welt und auch im Menschen als die eine universale Kraft wirkt, das ist bei ihm der Wille. Die wahre Realität zeigt uns darum nicht unser Verstand, der uns die Welt nur – siehe Platons Höhle – als Vorstellung vorführt. Sie zeigt sich uns in unserem Körper mit seinen Triebregungen in Hunger und Durst und sexuellem Verlangen – das ist die wahre Natur des Seins. Und wie der Einzelne – siehe Galeere – an seinen Willen gekettet bleibt, so treibt dieser auch die Geschicke der Menschheit blind voran. Jede Hoffnung auf Vernunft wäre Verklärung.

Es gibt für Schopenhauer nur zweierlei, das dieser Kraft Einhalt gebieten kann. Das eine ist die Versenkung, die sich in der Betrachtung von Kunst erfahren lässt, die uns vor allem im Schönen den Blick für Allgemeines eröffnet, erhaben gegenüber Raum und Zeit. Und ebenso kann die Kontemplation, die Meditation einen Stillstand des Willens bewirken und ein Gefühl für ein ewiges Eins-Sein öffnen – womit er zum ersten westlichen Philosophen wird, der fernöstliche Lehren miteinbezieht. Beides individuelle Loslösungen.

Wie kommt die Triebenergie zum Erlöschen?

Das andere aber, was uns vorübergehend erlösen kann, ist ein fühlender Blick von sich weg, das Mitleid nämlich. Im mitfühlenden Blick auf das Mitgeschöpf kommt nach Schopenhauer die ziellose Triebenergie zum Erlöschen, wird der Blick frei für ein wesentliches Eins-Sein. Statt der großen Moralgesetze der Aufklärer gibt es darum bei Schopenhauer das moralische Gefühl, die entscheidende Bedeutung der Herzensgüte – auch wenn der menschenfremde Sonderling selbst diese Nächstenliebe hauptsächlich für seine bevorzugten Lebensbegleiter entwickelte: Pudel.

Der letzte Satz von „Die Welt als Wille und Vorstellung“ lautet: „Denen, in welchen der Wille sich gewendet und verneint hat“, so Schopenhauer“, ist „diese so sehr reale Welt mit allen ihren Sonnen und Milchstraßen – Nichts.“ Und das ist die wesentliche Erkenntnis, die er auch zum Trost gereichen kann. Auch der Tod ist nur das Ende eines trügerischen Seins des Einzelnen in Raum und Zeit. Was bleibt, ist unser gemeinsames, ewiges Wesen, das sich in Kontemplation und Mitgefühl bereits zwischenzeitlich offenbart hat … Amen?

Der Gang ins Heute fällt nicht schwer

Kein Wunder jedenfalls, dass dieses Denken vor allen in Künstlerkreisen und Krisenzeiten Konjunktur hatte, dass Sigmund Freud, Richard Wagner und Max Beckmann von Schopenhauer beeindruckt waren. Und mit Michel Houellebecq ist es ja wiederum ein Autor, der als Pessimist auf Vernunft und Fortschritt, mit verzweifelter Wahrhaftigkeit auf die Triebe blickt und als mögliche Erlösung nur noch Erlöschen sieht. Stellvertretend und passend für unsere Krisenzeit?

Es fällt nicht schwer, den Gang der Welt heute als letztlich blind voranstürzend zu verstehen. Es liegt nicht fern, den Menschen heute als Getriebenen zu begreifen – entweder in der Armut am Abgrund unmittelbarer Lebensnöte oder im Wohlstand am Abgrund der einer existenziellen Leere und Langeweile. Ist das das Leben? Oder sind das bloß die Charakteristika einer Zeit, die sich selbst als Krisenzeit begreift – und sich darum selbst eigentlich von der Verantwortung freispricht? Vielleicht liegt die Antwort so oder so im einzig, aber eben zentral bei Schopenhauer aufscheinenden Positiven der Welt: dem Füreinander in der Kunst und dem Miteinander in Herzensgüte.

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