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Klimawandel
05.12.2019

Jakarta: Eine Millionenstadt geht unter

Die Schutzmauer hilft nur vorübergehend: Leere Gebäude stehen entlang eines Ufers in Muara Baru, North Jakarta, Indonesien. Das Gebiet liegt unter dem Meeresspiegel und ist häufig von Überschwemmungen betroffen.
Foto: Fauzan Ijazah, dpa

Ein Besuch bei Menschen in Indonesiens Hauptstadt, die die Folgen des rücksichtslosen Umgangs mit der Natur heute schon stärker spüren als wir

Wenn Irma Susanti ihrer Stadt beim Untergang zusehen will, muss sie nur hinaus vor die Tür. Drei Schritte, und die Frau im bunten Kleid steht an der Mauer aus Beton, die das Meer davon abhält, in ihre Wohnung zu schwappen. Inzwischen braucht Irma eine Leiter, wenn sie auf die Mauer hinaufwill. Als sie vor ein paar Jahren hierher zog, nach Muara Baru, ein Armenviertel im Norden von Indonesiens Hauptstadt Jakarta, war der Schutzwall anderthalb Meter hoch. Jetzt misst er 2,30 Meter. Aber auch das reicht nicht mehr. Wenn es stark regnet, flutet dunkelbraune, stinkige Brühe in ihr Haus. Dann steht bei der 30-Jährigen, verheiratet, zwei kleine Töchter, die Java-See wieder in der Küche. Mit all dem Müll, der jetzt noch auf der anderen Seite der Mauer schwimmt: alte Reifen, ausgelatschte Flip-Flops, gebrauchte Plastikbecher und Plastiktüten, sogar Kondome. Ein dichter, ekelhafter Teppich Dreck.

„Ich stand hier schon bis zur Hüfte im Wasser. Und habe geschöpft und geschöpft“, erzählt Irma. Am schlimmsten sei es im Januar und Februar, wenn der Regen kommt und manchmal die Flut. Jetzt scheint gerade die Sonne. Sie sitzt mit einer Nachbarin auf der Bank, die Anderthalbjährige auf dem Arm, die Ältere daneben. „Ich merke schon, dass das Wasser immer höher wird. Und dass das immer schneller geht. Aber mein Mann ist Fischer. Wir können eigentlich nicht weg.“

Andere Metropolen haben die gleichen Probleme 

Wie Hunderttausende hier. Im Hafenbecken von Muara Baru und in anderen Vierteln entlang der Küste lässt sich erahnen, was die auf arg morastigem Boden stehende Mega-City irgendwann vielleicht überall erwartet. Heute schon liegen 20 Prozent Jakartas unter dem Meeresspiegel. 2050 werden es nach einer Prognose des Bandung Institute of Technology (BIT) zwischen 35 und 40 Prozent sein. Schneller sinkt wohl keine andere Großstadt auf der Welt, auch wenn Metropolen wie Bangkok ähnliche Probleme haben.

In Jakarta lassen sich die Folgen von menschengemachten Umweltveränderungen heute schon in einem Ausmaß erleben, wie sich das in Deutschland kaum jemand vorstellen kann. Aber so etwas wie eine „Fridays for Future“-Bewegung gibt es dort nicht. Am schlimmsten betroffen sind die Küstenviertel in Jakartas Norden, wo die ärmeren Leute wohnen. Hier sackt der Boden pro Jahr um bis zu 20 Zentimeter ab. Das BIT glaubt, dass hier in 30 Jahren 95 Prozent der Flächen überschwemmt sein werden. So wie heute schon die Wall-Adhuna-Moschee, zehn Fußminuten entfernt von Irma. In dem Gotteshaus hat schon lange niemand mehr gebetet.

2005 hat man die Moschee dem Meer überlassen. Aufgegeben. Das war, noch bevor die Schutzmauer gebaut wurde. Jetzt ragt sie wie ein Mahnmal der Apokalypse aus dem Wasser. Das Dach ist halb eingestürzt. Die Wände sind schief, mit Schimmelpilzen übersät. Bis vor einer Weile saß auf der Kuppel noch eine Spitze mit Halbmond. Aber die ist irgendwie abhandengekommen. Die Kinder aus den Slums, die früher hier spielten, kommen auch nicht mehr. 50 Meter müsste man inzwischen von der Mauer hinauslaufen. Der Dreck ist selbst ihnen zu viel. Nur ein kleiner Junge paddelt noch auf einem selbst gebauten Floß, die Füße im Wasser.

Fast ein halbes Jahrtausend ist Indonesiens Hauptstadt an der Nordküste der Insel Java schon alt. Gründung war 1527. Von den Sultanen bekam die Siedlung den Namen Jayakarta („Großer Sieg“). Zwischenzeitlich benannten die niederländischen Kolonialherrn die Stadt in Batavia um. Sie versuchten, auf dem sumpfigen Fundament ein tropisches Neu-Amsterdam zu bauen, mit einem dichten Geflecht aus Straßen und Kanälen. Viel ist davon nicht mehr übrig. Seit 1942 hat Jakarta wieder den alten Namen. Heute leben hier im Großraum mehr als 30 Millionen Menschen – das Zentrum des größten Inselstaats der Welt und auch des bevölkerungsreichsten muslimischen Landes überhaupt. 17500 Inseln, die mehr als 265 Millionen Menschen eine Heimat geben. Einer von Asiens riesigen Staaten, die immer wichtiger werden, und eine halbwegs funktionierende Demokratie dazu. So viele sind das hier nicht.

„Tsunami von menschengemachten Gründen“

Das Leben in der Hauptstadt kann enorm anstrengend sein. Jakartas Verkehrsstaus gehören zu den schlimmsten des Planeten. Zu Fuß geht kaum jemand. Grünflächen sind noch seltener als Java-Nashörner. Nicht weniger als 13 Flüsse durchziehen auf ihrem Weg in die Java-See die Stadt, alle extrem verschmutzt. Auf Mülldeponien wird Plastik verbrannt. Das Klima ist feucht. Fast 300 Tage im Jahr fällt Regen. Zudem liegt Jakarta auf dem berüchtigten „Pazifischen Feuerring“: Dass die Erde bebt, sind die Leute gewöhnt. Aber warum versinkt Jakarta?

Die New York Times schrieb, dafür gebe es einen „Tsunami von menschengemachten Gründen“. Natürlich hat der Klimawandel seinen Anteil. Der Meeresspiegel steigt auch hier, drei Millimeter pro Jahr. So etwas wie Stadtplanung gab es lange nicht. Inzwischen ist Jakarta zu fast 100 Prozent mit Asphalt und Beton versiegelt. Wenn Wasser in größeren Mengen vom Himmel kommt, kann es kaum noch abfließen, bleibt lange stehen. Wo einst Mangrovenwälder waren, stehen jetzt Apartment-Hochhäuser.

Vor allem aber graben sich die Bewohner selbst den Grund ab, auf dem sie leben: So etwas wie eine zuverlässige Wasserversorgung gibt es nicht. Den Markt teilen sich seit der Privatisierung zweiausländische Anbieter. Aber nur etwas mehr als die Hälfte der Haushalte ist ans zentrale Netz angeschlossen. Der Rest pumpt sich das Wasser selbst aus dem Boden: mit der Hand oder mit elektrischen Pumpen. Die Leitungen reichen bis zu 100 Meter tief. So wird das Fundament, auf dem die Stadt steht, immer schlechter. Alle Experten halten das für das größte Problem, schlimmer als der Klimawandel. Der Stadtplaner Nirwana Joga sagt: „Der Boden sinkt viel schneller, als der Meeresspiegel steigt. Die Probleme sind vom Menschen gemacht und nicht von der Natur.“ Der 50-Jährige, selbst Indonesier, berät die Regierung von Präsident Joko Widowo und das UN-Siedlungsprogramm Habitat.

In Jakarta, sagt Nirwana, hätten die Leute die Gefahr überhaupt noch nicht verstanden. „Das ist wie ein stiller Mord. Man sieht in den meisten Vierteln überhaupt noch nicht, wie der Boden sinkt. Das geschieht so langsam, dass sich die meisten dessen überhaupt nichtbewusst sind.“ Es sind aber längst nicht nur Privatleute, die sich ihr Wasser selber pumpen. Auch große Hotels, Fabriken und Shopping Malls haben eigene Systeme.

Ein Wall aus Beton, 14 Kilometer lang, soll schützen

Bislang ist das in der Regel legal. Es gibt aber auch Haushalte in Jakarta, die weder ans Versorgungsnetz angeschlossen sind noch pumpen können. Sie sind am schlimmsten daran. Wie die Familie von Irma, der Mutter aus dem Slum. Für die Susantis und andere muss Wasser mit dem Lastwagen angeliefert werden, jeden Mittwoch. Die beiden blauen 250-Liter-Kanister stehen direkt an der Mauer. Damit kocht Irma, damit wäscht sie, damit säubert sich die Familie. 100 Liter kosten einen Euro – für die Leute hier ein Wucherpreis. Sie hofft, dass die Stadt Abhilfe schafft. Aber groß ist die Hoffnung nicht. Inzwischen sind die Schutzmauern im Norden Jakartas auf eine Länge von 14 Kilometern angewachsen. Der Wall aus Beton steht meist in den Slums. Man sieht aber auch in anderen Vierteln, wie die Stadt versinkt. In Penjaringan zum Beispiel, einer etwas besseren Gegend, haben sie die letzten Jahre immer noch eine Schicht Betonplatten auf die absackenden Straßen gelegt. Und noch eine. Häuser, die früher ebenerdig waren, liegen jetzt einen Meter tiefer.

Manche Leute, die früher auf die Straße hinabschauen konnten, wohnen nun im Souterrain. Wer zu ihnen durch die Tür hineinwill, muss sich tief bücken. Auch der Vorgarten vor dem lachsfarbenen Haus von Abdul Mukti liegt nun tiefer. Aus dem Boden drückt Wasser herauf. In den Wänden sind Risse. Der Putz sitzt so locker, dass man ihn abziehen kann. Man sieht unterschiedliche Farbschichten. Früher war das Haus grün. Der Rentner sagt: „Als das letzte Mal Hochwasser war, hatte ich 20 Zentimeter Wasser in der Küche.“ Trotzdem will der 62-Jährige hier bleiben. „Ich habe keine Angst. Das sind immer nur ein paar Tage im Jahr. Den Rest des Jahres kann ich hier hervorragend leben.“

Eine neue Hauptstadt soll gebaut werden

Ganz in der Nähe, im Viertel Akuarium, ließ Jakartas früherer Gouverneur jedoch Dutzende Häuser abreißen. Auch das Meeresforschungsinstitut, von dem die Gegend ihren Namen hat, musste weichen. Einige Nachbarn blieben trotzdem, lebten jahrelang auf einem Trümmerfeld. Auf die Schutzmauer hat einer gesprüht: „Save The Ocean“ („Rettet den Ozean“). Der neue Gouverneur ließ jetzt zumindest ein paar Notunterkünfte bauen. Und bereits nach einer großen Flut 2007 beauftragte der Staat ein niederländisches Unternehmen, mehrere Kilometer vor der Küste eine große Seemauer zu bauen: 57 Kilometer lang, ein Projekt für viele Milliarden. Zwischenzeitlich gab es auch die Idee, dass sie aus dem Weltall wie Garuda aussehen sollte: Indonesiens Wappentier, ein mythisches Zwitterwesen aus Vogel und Mensch mit gewaltigem Schnabel.

Daraus ist nicht viel geworden. 20 Kilometer außerhalb der Stadt gibt es nun einige künstliche Inseln, wo Wasserflüchtlinge hinziehen könnten. Sie tragen Namen wie Kita (Wir), Masu (Fortschritt) und Bersama (Zusammen). Die meisten Wohnblocks sind aber noch genauso leer wie die Straßen. Dafür wurde ein Stadtrat zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil er Schmiergeld angenommen hatte. Wie anderswo in Indonesien ist auch hier Korruption ein großes Problem. Der neueste Plan ist aber noch um einiges gewaltiger: Das Land soll eine ganz neue Hauptstadt bekommen. Weg aus Jakarta. Weg von Java. 1200 Kilometer weiter. Nach Borneo, das die Indonesier Kalimantan nennen. Natürlich spielt der Untergang Jakartas dabei auch eine Rolle. Aber von den zehntausenden Beamten, die Jakarta dann bis 2024 verlassen werden, ist kaum jemand in den armen Stadtvierteln entlang der Schutzmauer zu Hause. Und davon, dass auch Slumbewohner in das über 30 Milliarden Euro teure Projekt nach Borneo umgesiedelt werden, ist keine Rede.

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