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Wanderserie
24.08.2019

Kurs nach Osten! Wir suchen das Zentrum der Region

Beweisfoto: Landschaft mit Zeitungsfahne. Wir waren da! Im Herz der Region!
Foto: Lea Thies

In vier Etappen wandern wir in diesem Sommer durch das Journal-Land. Letzte Folge: Von West nach Ost – der Weg führt über das Himmelreich.

Jetzt aber, letzte Chance! Wir wollen, nein, wir müssen das schaffen, was in den bisher erschienenen drei Folgen der Journal-Sommer-Wanderserie noch kein Kollegen-Team geschafft hat: endlich das Herz unseres Verbreitungsgebiets erreichen! Wie es dort wohl aussehen wird? Ein Waldstück? Ein Acker? Oder müssen wir uns etwa durch ein Maisfeld kämpfen? Und noch viel spannender: Wen wir wohl alles auf unserem Weg von A(ltenstadt) nach E(ppishausen) treffen werden? Schon Tage vor dem Start sprechen die Kollegen von nichts anderem, steigt die innere Unruhe, juckt der Finger, einfach mal Quartiere zu googeln, gibt’s da überhaupt was? Oder müssen wir einfach die Stirnlampe einpacken und durchwandern? Und dann kündigt sich auch noch aus dem Westen Bernd an, das Land-unter-Tief. Aussichten auf Wandern im Regen oder gar Schwimmen in Bergschuhen! Als ob über 40 Kilometer in zwei Tagen nicht schon reichen würden. Aber wir packen einfach eine ordentliche Portion Zuversicht in den Rucksack, gleich neben die Badesachen, die Sonnencreme und das Regenzeug, und verlegen kurzerhand unsere Wanderung um einen Tag nach vorne. Bernd, dir zeigen wir’s.

Altenstadt, Sonntag, Sommer: Und etwas mehr als 40 Kilometer vor uns.
Foto: Lea Thies

Bei Sonnenschein steigen wir am Sonntagmorgen um 10.27 Uhr in Altenstadt an der Iller aus dem Regionalzug. Der erste Mensch, der uns auf unserem Wanderweg, man könnte auch sagen Gewaltmarsch, begegnet, trägt ein bahnrotes T-Shirt mit Aufschrift „Geschäftseinheit Regionalnetze“. Außerdem: eine blaue Brille, eine Kette mit einem grünen und einem schwarzen Steinanhänger, ein Turmalin und ein Vulkanstein, wie wir später erfahren. Aber das Wichtigste: Er lächelt freundlich. Bestimmt ein gutes Omen. „Kann ich helfen?“ Na klar, den kürzesten, besten und spannendsten Weg nach Babenhausen, bitte. Oder gar bis Eppishausen, bis ins Herz unseres Verbreitungsgebietes. Oder vielleicht einen Helikopter, aber das wäre ja gegen die Regeln.

Nie eine bessere Karotte gegessen als hinter Eppishausen – die Spitze zeigt auf den Fuchsberg.
Foto: Lea Thies

„So weit? Zu Fuß? Auf dem direkten Weg? Man kann doch nicht mit dem Lineal laufen“, sagt Franz Wiest, nachdem wir ihn in unseren Plan eingeweiht haben. Dabei kennt er sich als Fahrdienstleiter mit schnurgeraden Strecken aus. Privat interessiert er sich auch für Schamanismus, ist er also offen für Dinge, die viele andere vielleicht als abwegig sehen würden. Beim Blick auf die Karte UK 50-38 gibt der Franz uns schnell ein paar Tipps entlang unserer Route: Das Schloss in Osterberg, schön, die Petruseiche auch. Keltenschanze? Da sieht man nichts groß. Ach ja, und die Eisdiele von Altenstadt liegt auf dem Weg! Auf jeden Fall einen Stopp wert. Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, welch wichtige Rolle gefrorene Sahne mit Zucker noch spielen wird.

Was sich auf so einem Stamm alles anbringen lässt: die Petrus-Eiche.
Foto: Lea Thies

Also los. Nach Osten, geschmacklich zieht es uns aber erst einmal kurz gen Süden: eine Kugel Crema Veneziana (schmeckt nach Orange) und einmal Malaga bitte. Schleckend erklimmen wir den ersten Hügel über eine Treppe – und stehen nach ein paar Schritten in Illereichen und vor einem Haus, auf dem in Großbuchstaben „Sapere aude“ steht – „Wage es, weise zu sein“. Oder wie Kant es ausdrückte: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Wir halten es in diesem Moment für weise, angesichts der Wegstrecke und dem herannahenden Bernd, die Kirche Mariä Himmelfahrt trotz ihres interessant gedeckten Daches nicht zu besichtigen, sondern Kilometer zu machen.

Was macht man jetzt mit so einem Baum? Umarmen!

Auf zur Petrus-Eiche also. Wir stehen an einer Kreuzung, hinter uns rauscht die Autobahn, und wir müssen entscheiden: Karte oder Wegweiser. Links oder doch rechts über den Mariensteig. Wären wir ein im Alltagszwist erprobtes Paar, wäre das eine wunderbare Gelegenheit, um ins Grundsätzliche abzugleiten. „Wenn da Petrus-Eiche steht, warum soll es dann nicht zur Petrus-Eiche gehen. Immer glaubst du…“ So etwas in der Richtung. Uns geht es aber nur um den Weg. Und der Kant ist noch frisch: Kopf benutzen!

Links also, dann rechts, beim nächsten Wegweiser sind sich Schild und Karte wieder einig und schicken uns in den Wald, genannt der Drei-Grafen-Wald. Was nach Märchen klingt, sieht auch so aus. Das Sonnenlicht fällt durch die Bäume hinab auf den Boden und bevor es ganz verschluckt wird, lässt es in einem letzten Aufglimmen noch Gräser und Moos leuchten. Es war einmal. Auf dem Weg liegt ein Krötenkadaver, in dem Fliegenleben pulsiert. Was wir noch finden: einen schönen großen Pilz, wir lassen ihn stehen und machen ein Bild. Und einen To-go-Becher, wir lassen ihn liegen, nehmen nur etwas Gedankenballast mit.

Die Petrus-Eiche, das erste Etappenziel, ist nach etwa einer Stunde erreicht. Sie steht da seit etwa 250 Jahren, dick, breit und faltig geworden. Auf so einem Stamm lässt sich etwas anbringen: Zwei Votivschreine, in einem ein gemaltes Petrusbild, im anderen eine Petrusfigur, darunter ein Holzschild: „Zum Dank für 60 Jahre unfallfreie Holztransporte“. Und ganz unten ein grünes Schild mit weißer Schrift: Petrus. Ganz schlicht. Was macht man jetzt mit so einem Baum? Betrachten, bewundern, und, soll ja Kraft geben, auch mal umarmen! Macht man doch heute so.

Als uns der Wald wieder ausspuckt, versuchen wir es mit Linientreue. Dem Strich nach, den wir auf der Karte eingezeichnet haben. Was bedeutet: Nicht rechts der Straße entlang nach Osterberg, schon gar nicht links, sondern geradeaus übers Stoppelfeld. Es knackt bei jedem Schritt unter den Füßen. Es begegnet uns: niemand. Auch nicht in der großen Halle, in der riesige Landmaschinen stehen, die Namen wie „Jaguar“ tragen, den Sommer längst verhäckselt haben. Irgendwann Schafe, zum Glück zur Linken, verdächtig viele schwarze, aber kein Schäfer. Wieder hinein in den Wald, Kathedralenfeeling, wieder hinaus aufs Felderschachbrett. Singt eigentlich noch irgendjemand Wanderlieder? „In einem Dorf im Schwabenland, da lebt uns allen wohlbekannt…“ So etwas in der Art? Oder „Das Wandern ist des Müllers Lust…?“ Oder… Schon gut, wir schwafeln uns halt so durch, essen zwischendurch Brennnesselsamen, der auf der Zunge bitzelt, aber irre gesund sein soll. Jetzt mal irgendjemand treffen, wäre schön. Manchmal muss man sich nur etwas wünschen…

Ein flockenstieliger Hexenröhrling vielleicht?

Zwei Frauen radeln flott den Berg hinauf. Früher sahen ja Radler oft verbissen aus, vor allem am Berg, seit es E-Bikes gibt, wirken viele recht froh. Es steigen lächelnd ab für einen Plausch: Beatrix Demmler und Jeanette Wagner. Es ist nur Zufall, dass sie hier entlangkommen. Auf dem Radweg sei einfach zu viel los gewesen, da haben sie die Abzweigung den Berg hoch genommen. In ihren Taschen haben sie Fundstücke verstaut: Pfifferlinge, Steinpilze und Maronen. Profis also? Nein, nein, sagt Beatrix, „wir sammeln nur, was wir kennen.“ Dass sich hier jemand bescheiden gibt, merken wir, als wir unser Pilzfoto zeigen.

„Das könnte der flockenstielige Hexenröhrling sein, vielleicht auch der netzstielige, wenn man den anschneidet, wird er sofort blau…“ Wohin es jetzt noch geht? Welche Frage: „Nach Hause, jetzt gibt es ein Pilzgericht.“ Wir winken zum Abschied, schwafeln weiter… ob es irgendwann auch mal E-Wanderstiefel gibt, die einem die Füße lupfen? Apropos automatisch: Wir werden auch am Montag niemanden sehen, der Rasen mäht. Ab und an aber einen Rasenroboter, wie jetzt im sonntagsmittagshitzeleeren Unterschönegg, der leise surrend den Dienst verrichtet. Schön wäre es, wenn Rasenroboter auch plaudern könnten…

Immer der Linie entlang, bestaunen wir Anemonenpracht vor hohem Mais, bestaunen auch das deutsche Schilderwesen, geschätzt kommt auf jeden Wanderer mindestens ein Schild, überlegen, ob es vielleicht ein bayerisches Wanderministerium gibt, von dem wir nichts wissen, was sich aber um all die Wege und Schilder kümmert, sehen uns schon als künftige Wanderminister, und treffen auf die Günz. Ach, ist das schön hier. Ach, ist das schön flach hier. Manche der Blätter, die den Fluss hinuntertreiben, sind schon herbstrot. Hinterm großen Holztor liegt ein Baggersee. Sagt die Karte. Aber das Tor ist zu. Baden fällt also aus. Aber auf so einer Kiesbank in der Günz, unterhalb einer rauschenden Weide, mit einem Schokoriegel, kann man auch ganz schön die Zeit vergessen . Wir denken aber eben immer auch an Bernd. Und schummeln: Wo schlafen heute? Ähem, mal kurz ins Handy geschaut, zufällig gäbe es da in Loppenhausen eine Pension. Der Stockerhof. Wir rufen an…

Wohin man beim Wandern nicht alles gelangt, und was man nicht alles erfährt, erprobte Rezepturen zum Beispiel: Roggen, Emmer und Kümmel gehören ins Brot von Franz Stocker.
Foto: Lea Thies

Babenhausen. Oben thronen Fuggerschloss und Kirche, was bedeutet: Wir kommen von unten. Im Blumengeschäft stehen zur Dekoration Einhörner und Köpfe aus Ton, aus denen oben wie Haare das Grün sprießt. Den Berg etwas weiter hoch stoßen wir auf eine Schlosserei, die auch ein Blumengeschäft sein könnte. In den großen Sprossenfenstern aus Metall stehen auf Regalbrettern Kakteen. Wir bleiben stehen. Schauen durch die Scheiben, sehen eine offene Tür – und, mir nichts dir nichts, essen wir Himbeeren vom Strauch, trinken eine kühle Limo, sind Gäste im Schlaraffenland von Franziska und Hans Schliefer, wo nur der etwa 200 Jahre alte Apfelbaum in diesem Jahr nicht so viel tragen will, weil er sich im letzten überanstrengt hat.

Hans Schlieferl lädt uns ein ins Schlaraffenland.
Foto: Lea Thies

Was es alles in diesem Garten gibt, hier eine unvollständige Inventurliste: Rosenpavillon, Rosen, Steingarten, Gemüsegarten, Kräuterspirale, Teich mit Fröschen, Springbrunnen, Hühner, Hasen, ein Marterl, eine Feuerstelle, Grillplatz, Obstbäume und zwischendrin immer wieder Schilder mit Sinnsprüchen: „Ein schöner Garten wischt den Staub des Alltags von der Seele.“ Wer Waldbaden mag, sollte es auch mal mit Gartenbaden probieren. Prima!

Unsere Schatten werden immer länger, wir so gesehen immer schlanker

Die Schliefers fahren selten weg, „was will ich denn zwei, drei Wochen am Strand“, sagt Hans, dafür kommen die Menschen zu ihnen. Pilger, die auf dem Jakobsweg unterwegs sind, zum Beispiel, und ein Bett für eine Nacht suchen. Vier Zimmer haben sie im Haus. „Aber jetzt ist es zu warm zum Pilgern, deswegen habt ihr noch keinen getroffen.“ Was kann man über die Pilger erzählen? Wenig. Meist sind es nur kurze Begegnungen. Manche zahlen schon am Abend, bevor sie müde ins Bett fallen, weil sie am Morgen ganz früh wieder raus wollen. Einige bleiben den Schliefers etwas länger im Kopf. Neulich erst, zum Beispiel, kam eine Pilgerin in Sandalen  und fragte nach einem Schuster. Da aber konnte der Schlosser nicht helfen…

Unsere Schatten werden immer länger, wir so gesehen immer schlanker. Kein Wunder vielleicht, dass wir da an Kalorien denken. Ein Königreich für ein Eis. Ein kühles Getränk. Einmal kurz den Rucksack ablegen. So was Ähnliches geht uns durch den Kopf, als wir uns Kirchhaslach nähern. Die Füße schmerzen langsam, der Rücken auch. Noch ehe wir uns eine Gastwirtschaft, ein Café oder eine andersartige paradiesische Rettung wünschen können, blicken wir erst links auf die Straße Kreuzweg, wie passend, und dann gegenüber ins Himmelreich. Ausrufungszeichen! Dort parkt ein Milchlaster vor einem Einfamilienhaus, die Sonnenstrahlen werden vom Edelstahltank reflektiert und vor der Garage sitzen zwei Männer in der Abendsonne – und kurz darauf sitzen wir da auch. „Wollt ihr was Kühles trinken? Limo, Radler?“, fragt Uwe Dürr. Himmlisch!

So sieht es aus im Himmelreich.
Foto: Lea Thies

Wir erfahren: Unser Engel mag auch Fußball. Mit seinem Schwager Johann Stölzle aus dem benachbarten Herretshofen hatte er heute eine E-Bike-Tour zum Fußballspiel SV Greimeltshofen gegen Türkspor Memmingen gemacht. 5:1, wie bei Dortmund gegen Augsburg! Bei schönem Wetter jedenfalls sitzen Uwe und Johann gerne mal vor der Garage und reden mit Blick auf die Hauptstraße über Gott und die Welt. Außerdem sei im Himmelreich immer was los. „Da hinten ist übrigens die Fuggerkapelle, sehr schön, könnt ihr schnell hingehen, ist nicht weit“, sagt Johann und zeigt nach Norden zum Waldrand. Wir haben auf den bisherigen gefühlt 100 Kilometern schon gelernt, zu Fuß ist „nicht weit“ relativ, jeder Schlenker muss auch wieder zurückgeschlenkert werden. „Hast du eine Kamera dabei? Dann leih ich dir mein E-Bike und du kannst ein Foto machen“, schlägt Johann vor. Radler wollen wir aber nicht sein, nur trinken. Und weil dadurch unsere Akkus noch nicht voll sind, versorgt uns ein Teil des Himmelreichs noch mit Cappuccino und Sandwich-Eis. Den Pool des Nachbarn dürften wir auch benutzen, sagt Uwe. Leider fehlt uns die Zeit dafür. Um 20 Uhr müssen wir ja in Loppenhausen sein, das man, so lernen wir sogleich, „Loppahausa“ ausspricht.

Falsch abgebogen! Eine Stunde länger laufen

Wir sollten jetzt los! Zur Mariengrotte von Kirchhaslach, die liegt nämlich auf dem Weg, aber ach, wir hören noch ein wenig zu. Johann erzählt, dass er mit seinen 58 Jahren noch nie im Urlaub war. „Ich trage keinem mein Geld rauf. Auch nicht nach Österreich. Dafür kaufe ich mir lieber ein E-Bike.“ Uwe erzählt vom Milchlaster, den er gerade aushilfsweise fährt und auf dem in großen Lettern der Name einer Frischkäsemarke prangt. Rund 35 Bauern am Tag steuere er an, 24.000 Liter Milch könne er damit transportieren. Einen Tipp hat er auch noch parat: „Wenn ihr nach Loppenhausen kommt, müsst ihr unbedingt an der Hauptstraße ein Eis essen. Da halte ich auch immer.“ Das sind ja gute Aussichten. Danke! Wir gehen zurück auf die Hauptstraße, über die jede Woche so zwei oder drei Wanderer des Weges kommen sollen – aber ohne Abstecher ins Himmelreich, dabei ist es mit Sicherheit das gastfreundlichste in Schwaben.

An der sehr hübschen Mariengrotte werfen wir ein paar Münzen ein, schauen uns die vielen „Maria hat geholfen“-Schilder in und an der Tuffsteinhöhle an und blicken noch einmal zurück auf das von der Abendsonne beschienene Kirchhaslach im Tal. Schon schön die Strecke, aber die Hügel sind langsam Hölle für die Beine. Maria hilf!

Kurz verschluckt uns der Wald, und nach einer kleinen Abkürzung über eine steil ansteigende Wiese stehen wir am Ortseingang von Herretshausen. Hier wohnt also Johann. Vielleicht waren wir in Gedanken noch zu sehr im Himmelreich, vielleicht waren wir auch schon zu erschöpft, jedenfalls verpassen wir die Abzweigung nach Loppenhausen und biegen eine Straße zu spät ab. Dass wir einen kleinen Umweg gegangen sind, merken wir erst, als ein Hügel später vor uns Weiler statt „Loppahausa“ auftaucht. Wir rufen schnell bei Stockers an, dass wir eine Stunde länger brauchen und um ein Haar hätten wir auf die Frage „Soll ich Sie abholen“ glatt Ja gesagt. Aber die Regeln!

Also Endspurt – oder eher Endschlurfen. Dann endlich: das Ortsschild. Wir sind da! Haus Stocker kann nicht mehr weit sein. Theoretisch, praktisch aber schon. Bei Hausnummer 75 erreichen wir die Hauptstraße des Straßendorfes Loppenhausen – und müssen zur Nummer 2! Schweigend leidend gehen wir hintereinander über den kleinen Bürgersteig. Wie war das bei Beppo, dem Straßenkehrer, aus Momo? Immer vor die Füße gucken, nie ans Ende der Straße, dann kommt es einem ganz einfach vor. Wir bewältigen den härtesten Kilometer der ganzen Wanderung, so viel ist schon sicher. Und dann taucht plötzlich ein warmes Licht am Ende der Straße auf, auf das wir uns wie zwei müde Motten zubewegen. Gerties Eishütte unter einem riesigen Walnussbaum. Es ist sogar noch was los, unter dem Pavillon sitzen ein paar Gäste. Aber Stockers warten ja. „Sind Sie morgen auch da?“ – „Ich bin immer da“, antwortet die Frau in der Eishütte und lächelt dabei so einladend, dass wir uns schon auf den nächsten Tag freuen.

Gerties Eishütte in Loppenhausen zieht uns an wie das Licht die Motten.
Foto: Lea Thies

31,9 Kilometer, 42.424 Schritte, 66 Stockwerke

Rund 100 Schritte weiter dann wieder ein Licht: Herr Stocker steht am Fenster und erwartet uns bereits. Geschafft. Grinsend öffnet er die Tür und wir schleppen uns mit letzter Kraft in den zweiten Stock zu unseren Zimmern. Halleluja: Es gibt Regenduschen! Der zweite Franz dieses Tages lädt uns zu einem Radler ein und offenbart uns gleich eine Fortbewegungsweisheit in und um Loppenhausen: „Immer von Nord nach Süd, entlang der Kammel, niemals von Ost nach West, da wird’s hügelig.“ Franz aber mag die Landschaft gerne buckelig. Viele Jahre machte er Urlaub in Südtirol. Kurtatsch, südlich des Kalterer Sees. Damals war der Wein noch billig, die Pensionen unprätentiös und „Frauen durften nicht in die Wirtschaft“.

Zeiten ändern sich, auch in Loppenhausen. „Früher hatten wir 85 Bauern hier, jetzt sind es noch drei“, erzählt er. Seit 1988 vermieten er und seine Frau Irmgard Zimmer, damals noch als Urlaub auf dem Bauernhof. Inzwischen kommen hauptsächlich Monteure – und ab und an auch Pilger. Denen zeigt er dann stolz seinen selbst gemauerten Ofen, in dem Stockers ihr berühmtes Holzofenbrot backen, ein Sauerteig aus Roggen, Emmer und natürlich mit etwas Kümmel drin. „Gehört sich ja so“, sagt der Hausherr. Wir werden nicht alt an diesem Abend, aber unsere Tagesstatistik lässt uns zufrieden einschlafen: 31,9 Kilometer, 42.424 Schritte, 66 Stockwerke. Gute Nacht!

Tag zwei: Nachts hat der Regen ans Fenster getrommelt, und jetzt? Ist er einfach weitergezogen! Uns zieht es zu Gertie, Eis ist ja im Grunde wie Milch oder Joghurt mit Frucht, also ideal zum Frühstück, aber die Bude ist zu! Wir lungern herum. Wir lauern. Wir klingeln an der Haustür! Wir geben auf und laufen los… und da kommt ein roter Bus, öffnet sich die Seitenscheibe und Gertie sagt: „Da seid ihr ja.“ Als ob wir uns schon immer kennen. Für die Fahrt zurück zur Eishütte steigen wir ein, zuvor aber klärt Gertie Drexler-Geier das mit den anderen Fahrgästen ab: Dex und Kaya, zwei Rottweiler. Kaya kuschelt während der Fahrt! Ähem. Braver Hund, lieber Hund, guter Hund. Ist sie aber auch wirklich: eine ausgebildete Personensuchhündin der Rettungshundestaffel nämlich!

Aber jetzt zu Gertie, Protokoll einer tollen Geschichte. Wie die Hotelfachfrau eine Idee hatte, einen Mann, ihr Charlie, der ihr eine Hütte baute, sie das beste Eis in den Eisdielen der Umgebung suchte, sie im April die Läden hochklappte und ein Schild aufstellte: „Täglich geöffnet ab 13 Uhr.“ Und wie dann die Menschen am ersten Tag Schlange standen und sich Gertie froh dachte: „Da hat die B16 vor der Tür endlich einen Sinn.“ 2600 Fahrzeuge rauschen hier nach letzter Verkehrszählung täglich durch, jetzt halten immer mehr auch mal an, gibt es Tage, da stauen sich die Autos bis zum Ortsanfang. So ist das manchmal. Dass sich alles fügt, als hätte es einfach so sein müssen. Als hätte es in Loppenhausen genau diese Hütte gebraucht, mittendrin, und drinnen in der Hütte genau so eine wie Gertie, die Menschen mag, Pferde, Rottweiler und die im Sommer auch noch ein Spatzenkind aufzog. Fürs Protokoll: Wir essen Stracciatella, Amarena-Kirsch, Erdbeere… dazu einen Kaffee. Eppishausen, wir kommen!

Türkisblaues Wasser, Karibik in Schwaben

Beim Laufen vergucken wir uns wieder ins Land. Ein roter Traktor zieht in Spielzeuggröße in der Ferne übers Feld. Wir pflücken Ringlotten am Wegesrand und lassen die Gedanken spazieren. Den Jakobsweg voraus. In der Mindel stehen die Fische im Wasser und baden Sonne. Wo ist eigentlich Bernd? Aber jetzt, auf den letzten zehn Kilometern, würden wir mit dem auch noch zurechtkommen. Apropos, eine Mitteilung hier ans Wanderministerium: Mit euren Zeitangaben auf den Schildern müsst ihr euch wirklich etwas überlegen, stimmen hinten und vorne nicht. Eben steht da noch eineinhalb Stunden bis Kirchheim, dann, wenige Minuten später, ist es nur noch eine Stunde. Wir sind doch nicht gerannt! Unten in Kirchheim, dann der Badesee, den wir tags zuvor gebraucht hätten. Türkisblaues Wasser, Karibik in Schwaben.

Ein Surfbrett, glasklares Wasser, aber da kommt leider schon Bernd: Badesee in Kirchheim.
Foto: Stefanie Wirsching

Was sind wir gut in der Zeit. So gut, dass wir jetzt gleich noch einkehren, rechter Hand in den Gasthof Lechler. Die alte Brauerei ist schon lange nicht mehr in Betrieb. Aber im Biergarten gibt es Krautkrapfen, Wurstsalat, ach, einfach viel Gutes. Und einen Wirt, der mal kein Wirt war, sondern Maschinenbauer, und der einem sagt, die schönste Ecke der Gegend sei an manchen Tagen genau hier, in seinem Garten: „Wenn ich nachmittags auf dem Stuhl sitze und dann kommen zwei Eichhörnchen, ein schwarzes und ein braunes.“ Wir fragen nach den Pilgern, von denen wir immer noch keinen getroffen haben, für die Kurt Köhler hier im Gasthaus vier Zimmer hat. „Ausnahmslos nette Leute“, sagt Kurt: „Die meisten sind mit wenig schon zufrieden.“

Eine kleine Geschichte? Die hat er: Einmal zum Beispiel, kamen eine 85-jährige Pilgerin mit ihrer 16-jährige Enkelin. Die waren schon drei Tage unterwegs, hatten 75 Kilometer hinter sich. Die Enkelin war schlapp, „aber die Oma hat den ganzen Stammtisch unterhalten.“ Wenn seine Zimmer voll sind, gibt es eine Art Pilger-Netzwerk, wird auch mal bei den Stockers angerufen. Ein Bett findet sich immer. Was Kurt Köhler noch erzählt: Seit neuestem radeln immer mehr Pilger. Interessant. Wir könnten hier verhocken. Aber… wie wäre es noch mit Kultur? Noch nie nämlich im berühmten Zedernsaal im Fuggerschloss gewesen. Wir haben Glück, mit einem großen Schlüssel wird für uns der Saal kurz aufgesperrt, wir recken die Köpfe hoch zur gewaltigen Kassettendecke aus Holz und hören dem Schlossführer zu. Eine kleine Geschichte? Die hat er auch. Wie vor kurzem eine Gruppe von Texanern die Nationalhymne sang, um die offenbar sogar in Amerika berühmte Akustik zu testen. Wir stellen uns das vor und lächeln.

Bitte entschuldigen Sie: Dieser Mundraub war dringend notwendig

Weiter. Und dann begegnet uns, kurz hinter dem Ortsausgang von Kirchheim, auf einer Straße zwischen zwei Maisfeldern ein echter Pilger. Kaum zu fassen! Der erste! Unverkennbar mit einem Jakobswegsymbol auf der Schirmmütze! Auch er freut sich. „Ich bin seit fünf Tagen unterwegs und habe auch noch keinen Pilger getroffen“, sagt er, „ihr geht aber in die falsche Richtung.“ Passt schon, wir sind ja schließlich nicht auf dem Jakobsweg, sondern auf dem Zeitungsweg. Markus Zengerle aus Weisingen bei Dillingen pilgert zum ersten Mal. Seit er vor zehn Jahren Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ gelesen hat, fasziniert ihn der Jakobsweg, nein, gläubig sei er nicht. „Eine Kundin von mir hat in mehreren Etappen die ganze Strecke bis Santiago de Compostela geschafft. Zehn Jahre lang hat sie gebraucht, jedes Jahr hat sie sich dafür zwei Wochen frei genommen“, erklärt der selbstständige Finanzberater, dessen 5. Tagesetappe nun von Maria Vesperbild nach Kirchheim führt.

2500 Kilometer wären es noch nach Spanien: Pilger Markus Zengerle will erst mal nur bis Lindau.
Foto: Lea Thies

Über 2500 Kilometer wären es noch bis Spanien. Erst einmal will er nur bis Lindau wandern. Aber sein eigentliches Ziel: Sich mit sich selbst beschäftigen, zu sich selbst finden. An Tag vier habe das schon gut geklappt, da habe er den Kopf freibekommen. Angst vor dem Wetter? „Nö, habe Regenjacke und wasserfeste Schuhe. Notfalls pausiere ich einfach mal“, verrät er. Der Glückliche. Bernd macht sich derweil in unserem Rücken durch dicke Wolken bemerkbar, schnell weiter, natürlich nicht, ohne Markus noch von Gertie und „Haus Schliefer“ zu erzählen.

Ein Waldstück und einen Hügel weiter sehen wir endlich Eppishausen vor uns liegen. Am Ortseingang begegnet uns Marlene Lutzenberger, die gerade ihre Erdbeeren schneidet. Weil wir den Mittelpunkt unseres Verbreitungsgebietes mit einer aktuellen Zeitung markieren möchten, hilft sie uns mit ihrer Mindelheimer Ausgabe weiter. Ihr Mann Erwin holt sie uns und wir dürfen derweil von ihren Cocktailtomaten naschen. „Den Mittelpunkt Schwabens, der befindet sich in Eppishausen, an der Kirche steht ein Hinweisstein“, sagt das freundliche Ehepaar und wenig später schicken wir ein Selfie vor dem Stein an unsere Kollegen. Wir fühlen uns dort unserem eigentlichen Ziel schlagartig näher.

Das letzte Stück führt aus Eppishausen raus, Richtung Immelstetten. Und wieder, genau, bergauf. Wir ziehen uns zwei Stärkungskarotten aus dem Feld links, waschen sie mit dem letzten Trinkwasser und freuen uns über die knackige Süße. An dieser Stelle tut ein kleiner Hinweis not: Lieber Feldbesitzer, entschuldigen Sie bitte, dieser Mundraub war dringend notwendig, für die Motivation und die Stärkung auf den letzten Kilometern, und es war weit und breit leider keine Eisquelle zu sehen!

Kurz vor dem Wald glotzen uns ein paar wiederkäuende Kühe an, wir scheinen die Attraktion vor dem Weidenrand zu sein und zücken die Detailkarte, schließlich nähern wir uns dem Fuchsberg. Das letzte Waldstück. Dahinter liegt unser Ziel. Und am Wegesrand ein langer Buchenast, ideal für eine Zeitungsfahne. Die Spannung beseitigt die Fußschmerzen. Wir biegen am Waldrand von der Straße auf einen Wirtschaftsweg ab und gehen die letzten Meter an einem Maisfeld vorbei, um eine Biegung: Und da sind wir! Kaum zu glauben, aber im Herzen unseres Verbreitungsgebietes steht unter einer Fichte und am Rande eines Stoppelfeldes sogar eine Bank. Daneben ein Holunderstrauch, in dem ja bekanntlich die guten Geister wohnen sollen. Alles passt, alles fügt sich zusammen. Es ist wunderschön! Wir basteln die Fahne, machen ein Beweisfoto, blicken über die lieblichen Hügel vor uns. Geschafft!

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