Schenkende sind gespannt auf den Augenblick, wenn der Beschenkte das Geschenk aus seiner Hülle befreit. Wo bleibt die Vorfreude, wenn das Geschenkpapier fehlt?
Mittlerweile kommt ja alles auf die Klimawaage. Und die ist sehr fein justiert, bis auf ein paar Stellen hinterm Komma. Schädlich? Unschädlich? Jede Gewohnheit, jede Alltagshandlung wird kritisch geprüft und abgewogen. Das ist gut so. Es kann nicht schaden, zu hinterfragen, wie wir leben – und mit wachem Bewusstsein Routinen und Automatismen furchtlos abzuklopfen.
Klimaschutz ist wichtig, aber das Herzklopfen an Weihnachten ebenso
Ein jeder, der sich in Gedanken, Worten und Taten um den Klimawandel kümmert, kann sich in unseren Zeiten als ein Weltenmitretter fühlen. Ist Weihnachten klimafreundlich, wenigstens klimaneutral? All die Lichter, der Konsumwahn, die Völlerei, die Heimfahrerei … Die Klimabilanz im Stall zu Bethlehem war sicher besser, möglicherweise vorbildlich. Da hing nicht mal eine Glühbirne überm Stroh. Reicht es, kein Lametta mehr an den Baum zu hängen? Einen Bio-Weihnachtsbaum aufzustellen? Diese Fragen darf man stellen, klar. Und insofern ist auch der Einwand erwartbar, ob denn all die vielen Weihnachtsgeschenke auch noch in (bedenklich beschichtetes!) schönes Papier eingepackt werden müssen. Dieser Müll! Berge von Knüllhaufen! Für den kurzen Anblick unterm Baum und das schnelle Aufreißen! Ressourcenverschwendung! Verzichtbar!
Man könnte die Geschenke ja auch mit Geschirrtüchern abdecken oder in Kissenbezüge stecken. Kleine Sachen in Zimmerpflanzentöpfen vergraben … Es funktioniert nicht. Weihnachtspräsente schön zu verpacken, festlich, aufwendig, ist nicht nur eine schöne Geste, sondern es gehört zum Wesen des Verschenkens. Ohne Verpackung bricht die Dramaturgie weg. Das Herzklopfen sowieso. Dann würde Weihnachten nur zertifizierter Warenaustausch unter aufgeklärten Joggingsanzugträgern. Glanzneutral. Geheimnislos.
Lesen Sie hier den Pro-Kommentar von Lea Thies für ein Weihnachten ohne Geschenkpapier.
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