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Wetter
23.11.2019

Schwer zu fassen: Eine Erkundung des Nebels

Im Nebel.
Foto: Stefan Puchner, dpa

Früher prägte er vor allem im Donauried große Teile des Jahres. Jetzt verschwindet der Nebel allmählich. Warum? Und was ist das überhaupt: Nebel?

Der Nebel lässt sich ganz simpel erklären. Er ist im Grunde nur eine Wolke, die den Boden küsst. So erzählt man es gerne den Kindern, auch weil es eine schöne Vorstellung ist, dass eine Wolke einfach mal so zum Küssen vorbeikommt. Es hat so etwas Leichtes. Irgendwie Luftiges. Liebenswertes. Es scheint dann ganz unmöglich, dass man im Nebel traurig werden kann. Dass man sich verirren und den Verstand verlieren kann. Oder gar Schlimmeres: verschwinden. Wie es auch ganz unmöglich erscheint, dass Wolken irgendwann keine Lust mehr zum Küssen haben. Das nur vorneweg.

Nebel also. Grauer Novembergeselle. Weniger wolkig so erklärt: Er entsteht, wenn die Luft mehr Feuchtigkeit enthält, als sie aufnehmen kann. Dann bilden sich Tröpfchen, das Wasser kondensiert. Je mehr Tröpfchen, umso dichter ist der Nebel. Irgendwann wird er zur grauen Suppe. Im Sommer wird der Nebel von den Menschen oft gar nicht bemerkt. Weil er schon verschwunden ist, wenn sie aufwachen. Herbst aber heißt Nebelwetter: Dann kühlt die Luft nachts rasch ab, kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen und vor allem in den Nebellöchern entlang von Flüssen oder an Seen ziehen die Schwaden auf. Die kraftlose Sonne kann nichts dagegen tun. Wenn der Mensch aufwacht, ist der Nebel noch da. Und vielleicht auch dann noch, wenn er einschläft. Tage in Grau.

„Es gibt schon noch Nebel, aber viel weniger“

Sie fließen oft ineinander, vielleicht ergibt sich deswegen dieses Gefühl von Endlosigkeit. Aber gemessen ergibt sich ein anderes Bild. Auch in diesem Jahr im November. Auch in Buttenwiesen. Gelegen im Nebelland, dem Donauried, jener Gegend zwischen Neu-Ulm und Donauwörth, wo der Nebel sich über die Jahrhunderte eingerichtet hat, sozusagen sein Zuhause hat. Und wo Alois Sailer, 83, Heimatpfleger, Heimatdichter, in seiner freundlich hell erleuchteten Bibliothek jetzt von der Nebelzeit erzählt, wann sie beginnt, wann sie endet: „Der erste Nebel kommt so um die Kirchweih, das geht dann den ganzen November durch bis in den Dezember hinein. Im Frühjahr kommt er dann noch einmal.“

An diesem Abend, Mitte November, aber kein Nebel. Nur an den Straßenlaternen sammelt sich der Dunst. Es ist nämlich in Buttenwiesen so wie in vielen Nebellöchern dieser Welt: Der Nebel wird seltener und lichter. „Es gibt schon noch Nebel, aber viel weniger“, sagt Alois Sailer, jedenfalls lange nicht mehr so viel, wie er es als Bub erlebte: Eine so dichte Suppe schon am Nachmittag, dass er die Kühe, die er heimtreiben sollte, manchmal nicht mehr gefunden hätte, wenn nicht das Glockengebimmel gewesen wäre.

Etwa um die Hälfte, so die Ergebnisse der Wissenschaft, hat in Europa in den vergangenen drei Jahrzehnten die Nebelhäufigkeit abgenommen. Was Bayern betrifft, sagt Katrin Sedlmeier vom Deutschen Wetterdienst: „Es gibt zwar Jahresschwankungen und man sieht es nicht an allen Wetterstationen so eindeutig, aber  wir erkennen generell einen abnehmenden Trend.“ Der Nebel, der die Welt zum Verschwinden bringt, verschwindet allmählich selbst.

Der Mann, der das alles auch mit eigenen Forschungen untermauert hat, sitzt in Münster. Professor Otto Klemm, Nebelforscher, einer von etwa 300 weltweit. Es sei ein wenig aus der Mode gekommen, den Nebel zu erforschen, sagt Klemm. Aber wer einmal dabei ist … Alle drei Jahre treffen sich die Experten irgendwo auf der Welt und tauschen sich aus. Und bevor man nun zu den Erklärungen und weiteren Zahlen kommt, noch kurz die Geschichte, wie das mit Professor Klemm und dem Nebel begann. Anfang der 80er Jahre, in Bayreuth, als er auf der Suche war nach einem Thema für die Diplomarbeit. Er wohnte damals etwas außerhalb. Er kann sich an Tage erinnern, da war der Nebel so dick, dass, wenn er mit dem Auto zur Uni fuhr, er die Fensterscheibe hinunterkurbeln musste und sich an der Mittellinie orientierte, und so die Straße entlangschlich. „Aber so etwas gibt es heute gar nicht mehr. Wenn ich das den Studenten erzähle, denken die, ich erzähle Storys.“ Jedenfalls: Er hat dann damals für seine Diplomarbeit den Nebel gesammelt, an der Saale, mit Netzen, an denen die Tröpfchen hängen bleiben, das Wasser dann in einen Trichter läuft. Nennt man im Übrigen Passivsammler.

Überm Nebel.
Foto: Felix Kästle, dpa

Ist es die sauberere Luft oder der Klimawandel?

 Auch in Bayreuth hat sich der Nebel aber längst gelichtet. Weil auch dort, und da wäre man nun beim ersten Teil der Theorie, die Luft sauberer geworden ist, seit die alten Kohlekraftwerke an der tschechischen Grenze nicht mehr Unmengen von Kohlepartikeln in die Luft blasen, nicht mehr mit Kohleöfen geheizt wird, die Autos keine bleihaltigen Schwaden durch ihre Auspuffrohre schicken … Bei sauberer Luft nämlich hat die Feuchtigkeit nichts mehr zum Festhalten. So könnte man es sagen. Wissenschaftlich: Es gibt weniger Kondensationskeime in der Luft, an denen sich Nebeltropfen bilden.

In den grauenhaften Nebeltagen von London im Jahr 1952, in denen tausende Menschen aufgrund von Atemwegserkrankungen starben, war die Luft voll davon: Ein tödliches Abgasgemisch, befeuert auch von den Londonern selbst durch ihre Braunkohleöfen, und weil über all dem eine milde Luftschicht lag, steckte die Stadt in den dunklen Schwaden fest. Smog! Eine Mischung aus „Smoke“ und „fog“.

Es ist also eine gute Nachricht, die hinter dem Verschwinden des Nebels steckt: Saubere Luft. Genauso plausibel ist aber auch die andere Theorie, sagt Klemm. Dass nämlich der Klimawandel verantwortlich ist. Was sich ebenfalls ganz simpel erklären lässt: Wird die Luft wärmer, kann sie mehr Feuchtigkeit binden. Ergo: Weniger Nebel … Mit seinem Kollegen Professor Neng-Huei Lin von der Taiwan National Central University hat er vor vier Jahren untersucht, ob denn nun das eine oder das andere Ursache für die weltweite Abnahme des Nebels sein könnte. Das Fazit der Nebelforscher: „Beides ist plausibel, beides genauso wahrscheinlich, die Effekte wirken gemeinsam.“

Und damit noch zu ein paar Zahlen. Verschwinden, das klingt ja selbst irgendwie nebulös. In Los Angeles zum Beispiel hat sich die Zahl der Nebeltage seit den frühen 1950er Jahren von etwa 200 auf 30 reduziert. Noch mehr kalifornische Sonne. In São Paulo hat sie sich im gleichen Zeitraum von über 144 pro Jahr auf gut 70 halbiert. In der Universität Nanjing in China, erzählt Klemm, haben sie die Nebelforschung an den Nagel gehängt, weil es nicht mehr genug davon gibt.

In Bayern sind es 120 Nebeltage weniger im Jahr

Und hier in Bayern, Donaugebiet zum Beispiel, wo Alois Sailer sich nicht mehr auf den alten Nebelkalender verlassen kann? Die Zahlen, auf die sich Klemm in diesem Fall stützt, stammen vom Königlich-Niederländischen Meteorologischen Institut, das vor zehn Jahren mit einer Studie erstmals den Rückgang des Nebels in Europa dokumentierte. In dieser Gegend Bayerns sind es demnach etwa 120 Nebeltage weniger im Jahr als noch vor 30 Jahren. Als Nebeltag gilt im Übrigen jeder Tag, an dem die Schwaden irgendwann so dicht sind, dass die Sichtweite unter einen Kilometer fällt. Und mag auch den Rest des Tages klarster Himmel herrschen.

Macht ihn das eigentlich nicht auch ein bisschen traurig? Als Nebel-Forscher? „Nein“, sagt Klemm, „ich mache ja auch nicht nur Nebelsachen.“ Er liebt den Nebel ja auch nicht. Aber, er drückt es so aus: „Wenn wir unsere Geräte aufstellen und dann der Nebel kommt – da freut man sich.“ Der Nebel, er hat schon was. Vor allem auch etwas Unberechenbares. Weshalb Meteorologen auch immer vom Nebellotto sprechen: Treffer nicht garantiert! Was Katrin Sedlmeier vom Deutschen Wetterdienst so erklärt: „Manchmal ist ein zehntel Grad entscheidend, ob sich Nebel bildet oder nicht.“ Es gebe so viele Faktoren, den Wind, die Bodenbeschaffenheit. Der Nebel ist schwer zu fassen. Und dann gibt es ja nicht nur den einen Nebel, sondern viele. Zwei wichtige zum Merken: Strahlungsnebel, der über Nacht entsteht, oft an Flüssen oder Seen, sich bei Sonne schneller wieder auflöst, und Advektionsnebel, der oft auch als Hochnebel auftritt und bleibt, weil sich die warme Luft oben auf die kalte unten legt. Den Nebel festzurrt. In beiden Fällen kann es zu Nebelungerechtigkeit kommen: Nur zehn Kilometer weiter ist das Wetter schön!

Wenn das Riedweib kommt...

Aber zurück zu Klemm. Nebelfänger, Nebelpragmatiker. Das Verschwinden des Nebels? „Ich traue mich zu sagen: In unserer Welt hat das nur Vorteile.“ Weniger Nebel, weniger Chaos auf den Flughäfen, weniger Gefahr auf den Straßen. Laut Statistischem Bundesamt sind es 20 Tote pro Jahr, die der Nebel auf den Straßen fordert. Und dann die „Auswirkungen aufs Gemüt“, wie es Klemm nennt. Weniger Nebel, bessere Stimmung!

Aber was, wenn man sich an ihn gewöhnt hat? Ein wenig so wie seltene Lurche in subtropischen Bergwäldern? Oder, gar nicht so exotisch, die Menschen im Nebelland an der Donau? Alois Sailer sagt, der Nebel, er gehört doch hier zum Leben dazu, er hat die Menschen geprägt. Ihnen Geschichten geschenkt. Gruselige wie die Sage vom Riedweib: Einst, so geht diese Geschichte, wurde eine Magd von einem Soldaten ans Pferd gebunden, damit er sie durch den Nebel über die Donau zurück nach Höchstädt führt. Dann überließ er sie ihrem Schicksal und die Magd kam im sumpfigen Donauboden ums Leben. Seitdem lockt sie in nebligen Nächten mit Lichtern in die Irre. Noch sein Großvater, sagt er, habe, wenn er spät nachts von der Wirtschaft nach Hause kam, zu seiner Frau als Entschuldigung gesagt: „Des blöde Riedweib hat mich wieder ins Ried geführt.“ Und – Sailer muss lachen – „sie hat es ihm auch geglaubt.“

Alois Sailer also wird den Nebel vermissen, wenn er weiter schwindet. Auch wenn er manchmal schwermütig macht. Aber er überzieht die Welt auch mit etwas Geheimnisvollem, Undurchsichtigem. Zu seiner Frau habe er einmal gesagt: „Der Nebel verhängt ja das ganze Denken.“ Stimmt nicht, hat sie geantwortet, „man sieht viel besser die großen Zusammenhänge.“ Was aber dann, wenn der Nebel einmal ganz verschwunden ist? Keine Wolke mehr küssen will?

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