Monarchie ist faszinierend, das haben die Trauerfeiern gezeigt. Oder?
Ist die Monarchie in Großbritannien nun faszinierend oder unsinnig? Unser Autor und unsere Autorin sind da unterschiedlicher Meinung.
Pro: Monarchie kann so faszinierend sein
Lässt sich Faszination mit dem Verstand erklären? Natürlich nicht! Hach, war das nicht alles toll anzusehen? Die Reiter, die Marine, die Fahnen und Standarten … Die Kleider, die schicken Hüte ... Kate so schlank, Charles so ergriffen … Ich war sehr amused.
Ein unglaubliches Brimborium, na klar! Ein Geschichts-Fasching, so what … Aber eben auch faszinierend. Man kann lange grübeln, warum Monarchie noch immer über den Respekt vor der Lebensleistung der Queen hinaus so viele in ihren Bann zieht. Vielleicht macht genau der schwerwiegendste Kritikpunkt die Faszination von Monarchie aus: das nicht mehr Zeitgemäße. Da hat sich etwas erhalten, was Europa und seine Geschichte über Jahrhunderte hinweg geprägt hat. Längst in anderer Form, aber mit allen äußerlichen Merkmalen: Krone, Reichsapfel und schönen Schlössern samt Türmchen. Und war es nicht doch irgendwie berührend, wie die Insignien der Macht an die Kirche übergeben und der Stab gebrochen wurde? So wurde es also über Jahrhunderte weg gemacht, nur jetzt kann man gemütlich auf dem Sofa sitzend zuschauen und Salt-and-Vinegar-Chips knabbern.
Es ist ein interessantes Phänomen, dass in zutiefst demokratischen Nationen alternative Royals geschaffen wurden. Familien, deren Reichtum man bewundert, die politischen Einfluss haben, an deren Schicksal man Anteil nimmt. In den USA die Kennedys zum Beispiel.
Also dann doch lieber das Original und dazu all die liebenswerten Briten, für die ihre Monarchie das wärmende Lagerfeuer in unsteten Zeiten ist. Es soll übrigens dieses Wochenende regnen. Ich freue mich. Beste Gelegenheit, noch mal viele Folgen von „The Crown“ zu schauen.
(Doris Wegner)
Contra: Monarchie ist entweder empörend oder lächerlich
Ganz ehrlich: keine Zeile gelesen, keine Sekunde geglotzt von Nachrufen über Trauerberichten bis Beerdigungsreportagen von Elizabeth II. Warum auch? Über die konkret natürlich betroffene Familie hinaus könnte das wie die gesamte Monarchie in England und sonst wo höchstens aus zwei Perspektiven sein. 1. Vom Weltall aus betrachtet nach dem Motto: Wie seltsam und drollig diese Spezies, die vermeintlich seit Ewigkeiten inbrünstig um Demokratie und Gleichheit und Gerechtigkeit ringt und sich gleichzeitig, gerade auch noch in Ländern, die dem dann doch ein bisschen näher gekommen sind, für die eherne Repräsentanz des blanken Gegenteils begeistert. 2. Auf der Suche nach Klatschfutter: Denn was menschelt und schmutzelt es da nicht alles bis zum höchsten Adel …
Aber bitte: Wo leben wir? Doch nicht auf dem Mond oder im Kiosk! Faszinierend in dieser Welt ist – wenn man nicht vom bestirnten Himmel über und dem moralischen Gesetz in sich reden will – doch viel mehr etwa das Begattungsritual von Hirschkäfern oder das Verhältnis von Friedrich Merz und Markus Söder. Aber ererbte und oft auch noch geweihte Herrschaft, die sich mit den alten, aufpolierten Symbolen (für imperiale Ansprüche in der Welt und für den Status als Götterkaste in der Gesellschaft) und in ihrem steuerfrei akkumulierten Megavermögen auf Ländereien und in Palästen irgendwie menschennah, modern präsentiert? Nö! Es ist das Gegenteil von faszinierend: in der Existenz empörend, im Gewese lächerlich.
Die ganze Monarchie gehört auf den Mars. Und falls sich da dann hoffentlich schon der neue Geldadel samt Zuckerberg und Musk angesiedelt hat, dann gerne auch noch ein bisschen weiter weg.
(Wolfgang Schütz)
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