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Rezension
12.03.2022

Tove Ditlevsen: "Gesichter" - so ist das Buch

Die Autorin von "Gesichter": Tove Ditlevsen.
Foto: dpa

Die wiederentdeckte Autorin passt auch so viele Jahre nach ihrem Tod noch beängstigend in die Zeit.

Die Stimmen im Kopf sind verstörend. Schleichend dringen sie zu ihr vor – aus Wasserleitungen, der Wand, dem Kopfkissen. Nur mit Schlaftabletten kann Lise Mundus ihnen entkommen. Seit zwei Jahren hat sie nichts zu Papier gebracht, dabei ist sie eine erfolgreiche Kinderbuchautorin. Sie fühlt sich gefangen in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter, gedemütigt vom eigenen Mann, der sie betrügt. Lises einziger Ausweg: ein Suizidversuch und die Selbsteinweisung in die Psychiatrie. Doch die ersehnte Ruhe bleibt aus, die Stimmen verfolgen sie weiter.

Im Roman „Gesichter“ entwirft Tove Ditlevsen das Psychogramm einer Frau, die sich in Wahnvorstellungen verliert. Mit jeder Buchseite werden die Stimmen lauter, die Gesichter bedrohlicher und die Sogwirkung heftiger. Denn in der Psychose scheint sich die Zeit aufzulösen – für Lise wie für Lesende.

Schnell wird spürbar, dass in der Erzählung keine bloße Fiktion steckt. Die dänische Autorin Tove Ditlevsen war selbst medikamentenabhängig, durchlitt mehrere Ehekrisen und psychotische Schübe. Autobiografische Elemente durchziehen ihr Werk, was schon in der neu aufgelegten und viel beachteten Kopenhagen-Trilogie deutlich wurde.

Ihren Roman „Gesichter“ veröffentlichte Ditlevsen 1968. Auf die Frage einer Reporterin, ob Mädchen in Miniröcken eine Verlockung für Männer darstellen und deren Ehe gefährden, kontert ihre Hauptfigur Lise dann auch ganz bei Sinnen und im Sinne dessen, was Simone de Beauvoir das „Lolita-Syndrom“ nannte: Wenn ältere Männer jungen Mädchen verfallen, liege das nicht an der Mode, sondern daran, dass sie selbst unreif sind. Die Aufregung um einen Minirock erinnert daran, dass das Buch vor mehr als 50 Jahren entstand. Würde Lise nicht auf einer Schreibmaschine tippen, mit der Haushälterin über den Vietnam-Krieg sprechen und im Radio von Studentenunruhen in Paris erfahren, man könnte es glatt vergessen.

Eine Geschichte über Wahnvorstellungen: "Gesichter"

Denn mit der detaillierten Beschreibung einer psychischen Erkrankung war Ditlevsen ihrer Zeit voraus. Sie ist heute so relevant wie damals, auch wenn der Kontext ein anderer ist. Zweifelhafte Behandlungsmethoden waren in den 1960er Jahren keine Seltenheit. Übersetzerin Ursel Allenstein weist in ihrem erhellenden Nachwort auf damalige LSD-Versuche eines dänischen Arztes hin. Erst die Antipsychiatrie-Bewegung mit Vordenker Michel Foucault übte Kritik am bestehenden psychiatrischen System.

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Der Roman vermittelt ein beklemmendes Gefühl, wenn Lise am Bett fixiert wird, eine Zwangsspritze erhält oder in Panik verfällt, weil sie den Verantwortlichen misstraut. In unzähligen Metaphern beschreibt Ditlevsen, wie sich Lises Wahrnehmung verschiebt und die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen. Das Zimmer mutiert zu einer nüchternen Grabstätte, Patientinnen klingen wie Aufziehpuppen, deren Batterie bald leer ist, und die Stimmen in Lises Kopf sind verworren wie die Fäden eines verhedderten Wollknäuels.

Unerbittlich ziehen sich Wahnvorstellungen durch die Erzählung und legen die verwundete Seele einer Frau offen. Sie wecken Schuldgefühle und Selbstzweifel. Die bedrohlichen Stimmen werfen Lise vor, Sätze von anderen Autoren zu übernehmen, und stellen damit ihre Kreativität infrage – ein bei Schriftstellerinnen wiederkehrendes Motiv. Denn im männerdominierten Literaturbetrieb wurde Frauen allzu oft die Fähigkeit abgesprochen, hochwertige Literatur zu produzieren. Frei nach dem Motto: Nur ein Goethe kann Geniales leisten.

Tove Ditlevsen war schon früher als Autorin ihrer Zeit voraus

Virginia Woolf kritisierte diese Haltung schon 1929 in ihrem Aufsatz „Ein Zimmer für sich allein“. Sie weist auf die ungleichen Bedingungen hin, denen Autorinnen ausgesetzt waren, und nennt materielle sowie geistige Unabhängigkeit als Voraussetzungen für künstlerische Entfaltung. Der Essay zählt zu den bedeutendsten feministischen Texten und hat an Brisanz nichts verloren. Erst kürzlich legte Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert dar, wie Werke von Autorinnen immer noch als triviale „Frauenliteratur“ abgewertet, weniger rezipiert werden und auch im Schulunterricht wie auch im literarischen Kanon kaum vorkommen.

Tove Ditlevsens Werk wird an Dänemarks Schulen hingegen gelesen. Heute zählt sie zu den literarischen Größen des Landes. Mit „Gesichter“ stellt sie sich in eine Reihe mit Schriftstellerinnen wie Charlotte Perkins Gilman, Virginia Woolf oder Sylvia Plath. Alle drei erlitten psychische Krisen und verarbeiteten diese literarisch. Bei Sylvia Plath wird die Parallele besonders deutlich: Im Roman „Die Glasglocke“ von 1953 geht es um den Suizidversuch einer jungen Frau und ihren Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik. Während die Romanfigur mit dem Leben davonkommt, wählte Plath einige Jahre später den Freitod.

Auch Tove Ditlevsen starb 1967 an einer Überdosis Schlaftabletten. Ihre Antiheldin Lise Mundus hingegen überlebt den Selbstmordversuch. Nach drei Wochen wird sie aus der Klinik entlassen. Ihre einzige Hoffnung auf Seelenfrieden: das Schreiben. Die ersten Zeilen hat sie in der Klinik zu Papier gebracht. Doch in der düsteren Prophezeiung ihres Psychiaters deutet sich an, dass diese Hoffnung wohl vergeblich ist: „Ihre Bestimmung liegt darin, sich selbst auszudrücken, so wie die Bestimmung einer Gazelle darin liegt, vom Löwen gefressen zu werden.“

Das Buch: Tove Ditlevsen: Gesichter. A. d. Dänischen von Ursel Allenstein, Aufbau, 160 Seiten, 20 Euro

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