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  4. Wissenschaft: Immer mehr Rückstände von Medikamenten in der Umwelt – das hat Folgen

Wissenschaft
04.03.2023

Immer mehr Rückstände von Medikamenten in der Umwelt – das hat Folgen

Bis zu 90 Prozent der Wirkstoffe, die der Mensch mit Arzneien zu sich nimmt, werden unverändert wieder ausgeschieden.
Foto: Friso Gentsch, dpa (Archivbild)

Schmerzmittel, Antibiotika, Blutdrucksenker: Arzneimittel sind immer wieder im Trinkwasser nachweisbar. Sie werden haltbarer, ihr Einsatz wird weiter steigen.

Arzneimittel sollen im Körper wirken. Doch je nach Präparat werden bis zu 90 Prozent des enthaltenen Wirkstoffes unverändert wieder ausgeschieden und gelangen ins Abwasser. Kläranlagen fangen nur einen Teil davon ab. In Gewässern sind Arzneimittel daher ebenso nachzuweisen wie – in deutlich geringeren Mengen – in Trinkwasser. 

Zwar müssen Hersteller Studien zu Umweltverhalten und -toxizität durchführen. Publik werden die Ergebnisse aber Experten zufolge kaum. „Umweltbehörden und Öffentlichkeit kommen an die Daten oft nicht heran“, erklärt die Juristin und Umweltwissenschaftlerin Kim Teppe. Effektiver Gewässerschutz sei in der Folge erheblich erschwert.

Riesige Mengen an Diclofenac sind in die Umwelt gelangt

Für andere Stoffe wie Industriechemikalien, Biozide und Pflanzenschutzmittel sind die Ergebnisse ökotoxikologischer Studien öffentlich zugänglich. Bei Arzneimitteln hingegen müssen Hersteller bisher nur bei den Zulassungsbehörden Daten einreichen und können sich zudem auf umfangreiche Ausnahmen berufen, sodass in der Praxis oftmals gar keine Daten vorgelegt werden, wie Teppe erklärt. Von den Zulassungsbehörden dürften die Daten zudem nicht an Umweltbehörden oder Fachöffentlichkeit weitergegeben werden. Selbst bei gezielter Anfrage einer Gewässerüberwachungsbehörde könnten Hersteller unter Verweis auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Teile oder gar das vollständige Umweltdossier als geheimhaltungsbedürftig einstufen, sagt Teppe. 

Wieso gibt es diesen Unterschied zwischen den Substanzgruppen? „Dass Arzneistoffe auch Folgen für die Umwelt haben, war und ist nicht so verbreitet bekannt wie etwa bei Pestiziden, der öffentliche Druck war nicht so da“, nennt Teppe einen Grund. Zudem würden Industriechemikalien oft in weit größeren Mengen verwendet, Pflanzenschutzmittel aufs Feld und damit direkt in die Umwelt gebracht. Doch zu berücksichtigen sei eben auch, dass Arzneiwirkstoffe speziell für eine Wirkung in Lebewesen konzipiert und oft sehr persistent sind, also nur langsam abgebaut werden. 

Inzwischen dreht sich der Wind. Auf EU-Ebene laufen Verhandlungen für neue Regelungen. Die Kommission hat angekündigt, in ihrer Sitzung am 29. März einen ersten Entwurf für das neue Humanarzneimittelrecht vorzulegen. „Darin sind dann hoffentlich Umweltbelange wie das Schließen von Datenlücken und die Datentransparenz wenigstens ansatzweise schon adressiert“, hofft Teppe. Die Juristin hat selbst Vorschläge bei der EU-Kommission eingereicht. 

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Der EuGH könnte entscheiden, dass es sich bei den Umweltrisikobewertungen von Arzneimitteln um Informationen über Emissionen im Sinne des Umweltinformationsrechts handelt – damit wären sie unabhängig von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen auf Antrag zugänglich zu machen. „Wichtig wäre auch, dass Daten für alte Wirkstoffe nachgeliefert werden“, sagt Teppe, die für das Umweltbundesamt (UBA) arbeitet. Solche Substanzen machen einen Großteil der verfügbaren Wirkstoffe aus, wurden aber einst kaum auf ihre Umweltfolgen hin untersucht.

Auf der Liste sogenannter prioritärer Stoffe im Sinne der EU-Wasserrahmenrichtlinie taucht bisher kein einziger Arzneimittel-Wirkstoff auf, wie Gerd Maack von der Fachgruppe zur Umweltbewertung von Arzneimitteln des Umweltbundesamtes erklärt. Gelistet werden dort Stoffe mit besonders hohem Umweltrisiko wegen ihrer öko- oder humantoxikologischen Wirkung und einer weiten Verbreitung in Gewässern. Für prioritäre Stoffe werden rechtsverbindliche Normen etwa für Kontrollen und gezielte Maßnahmen zum Gewässerschutz festgelegt. Aber auch hier ändert sich die Lage: Wirkstoffe wie die hormonell wirksamen Substanzen Estradiol und Ethinylestradiol sowie das Schmerzmittel Diclofenac könnten demnächst auf der Liste stehen, die Diskussion auf EU-Ebene dazu laufe, sagte Maack. 

Für Ethinylestradiol etwa liege die Konzentration, bei der noch keine Effekte auf das Ökosystem auftreten (predicted no effect concentration, PNEC), bei 0,016 Nanogramm pro Liter. Der im EU-Mittel an offiziellen Messstellen an Oberflächengewässern erfasste Wert aber liege bei 0,3, also dem mehr als 18-Fachen. Hormonell wirksame Stoffe wirken häufig schon in sehr niedrigen Dosen. Oder Diclofenac, da liegt der vorgeschlagene PNEC-Wert Maack zufolge bei 0,04 Mikrogramm pro Liter, der gemessene mittlere EU-Wert bei 0,4, also dem Zehnfachen. Die Substanz – in Deutschland unter anderem Bestandteil von Salben, die gegen Schmerzen wirken sollen – ist ein Beispiel dafür, dass Arzneistoffe ebenso überraschende wie furchtbare Folgen für die Umwelt haben können. 

Als indische Landwirte in den 1990er Jahren begannen, ihre Rinder mit Diclofenac zu behandeln, begann ein Massensterben der Geier. Bestände schrumpften um 90 Prozent und mehr, einige Arten starben fast aus. Das Mittel verursacht bei den Greifvögeln, die es beim Verzehr von Kadavern aufnehmen, schon in kleinsten Mengen ein qualvolles, tödliches Nierenversagen. Allein in Deutschland werden pro Jahr etwa 80 Tonnen des Wirkstoffes verbraucht. „Maximal sechs Prozent kommen am gewünschten Zielort im Körper an“, sagt Maack. „Die Haut ist eine effektive Barriere, das ist ja auch ihre Aufgabe.“ Als Salbe aufgetragen gehe der Großteil des enthaltenen Wirkstoffs beim Händewaschen, Duschen oder dem Waschen der getragenen Kleidung ins Abwasser. In den Kläranlagen wird nur ein Teil eliminiert. 

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Medizinisch notwendig seien die Salben – mit Ausnahme gegen Arthritis – oft nicht, ist Maack überzeugt. „Die Menschen müssten sich viel stärker bewusst machen, was sie mit der Verwendung in die Umwelt bringen.“ In Schweden werden demnach auf die Haut aufzutragende Diclofenac-Präparate nur auf Nachfrage und nach Beratung zur richtigen Anwendung und zu Umweltwirkungen verkauft. Unbedingt achten sollten Verbraucher, die auf Diclofenac-Salben nicht verzichten können, auf eine Maßnahme: „Hände nach dem Auftragen nicht direkt waschen, sondern zuerst mit einem Tuch abwischen und dieses in den Müll werfen“, erklärt Maack. Generell sollten Überbleibsel und Reste von Medikamenten nicht in Waschbecken oder Toilette entsorgt werden. 

Einer Studie im Auftrag des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge könnten allein die Diclofenac-Einträge in einem Zeitraum von 30 Jahren bis 2045 Umweltreinigungskosten von bis zu 1,5 Milliarden Euro verursachen – vor allem durch zusätzliche Reinigungsstufen für Kläranlagen. Der BDEW fordert, Arzneimittelproduzenten an der Finanzierung zu beteiligen: „Nur wenn die Hersteller für die von ihnen verursachte Verschmutzung zahlen müssen, schaffen wir wirksame Anreize zur Verminderung von Einträgen.“ 

Vom Verband der forschenden Pharma-Unternehmen heißt es: „Da Medikamente zur Linderung, Heilung und Prävention von Krankheiten zu den Grundbedürfnissen der Bevölkerung gehören, ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die aus der Medikamenteneinnahme resultierenden Arzneistoffspuren aus dem Wasser zu entfernen, die Probleme verursachen.“ Diese gesamtgesellschaftliche Verantwortung erstrecke sich auch auf die Finanzierung. 

Die Wasserrahmenrichtlinie der EU sieht eine weitere Reinigungsstufe vor, auch in Deutschland werden immer mehr 4. Klärstufen eingebaut. Sie halten Spurenstoffe etwa durch sogenannte Ozonierung oder Aktivkohlefiltration zurück. „Viele Wirkstoffe wie Röntgenkontrastmittel rauschen aber auch da einfach so durch“, sagt Maack vom UBA. Diskutiert werden deshalb weitere Maßnahmen, etwa eine Umweltverträglichkeitsampel als Zusatzinfo für Fachpersonal. „Wirkstoffe wie Diclofenac sollten nicht mehr rezeptfrei abgegeben werden“, sagt Maack. Zudem muss sich in Deutschland an der Mentalität in Gesundheitsfragen grundlegend etwas ändern: „Dass verbreitete Ansicht ist, ein Medikament oder eine Behandlung müsse jede Erkrankung richten und man selbst müsse gar nichts tun, ist Teil des Problems“, sagt Maack. Würde weniger auf Substanzen gesetzt und mehr auf Verhaltensänderungen, würde sich in vielen Bereichen die Menge verwendeter Medikamente vermindern. 

Antidepressiva wurden in einem See in Schweden gefunden

Derzeit gelangen in Deutschland jährlich tausende Tonnen biologisch aktive Wirkstoffe aus Human- und Tiermedizin über Abwässer, Klärschlamm und Gülle in die Umwelt. Mehr als 2000 verschiedene Substanzen sind im Handel, häufig in Gewässern nachgewiesen werden laut UBA Schmerzmittel, Antibiotika, Hormone, Betablocker, Kontrastmittel und Antidepressiva. Und das Problem wird an Brisanz gewinnen: Die Generation der Babyboomer erreicht das Rentenalter – und vor allem Senioren nehmen viele Medikamente. Verglichen mit dem Jahr 2015 sei bis 2045 mit einer bis zu 70-prozentigen Steigerung beim Einsatz rezeptpflichtiger Arzneimittel zu rechnen, sagt Maack. 

Um Blutdrucksenker geht es dabei, Schmerzmittel, Magensäureblocker, Mittel gegen Osteoporose, Neuropharmaka und etliches mehr. Zudem summieren sich die Mengen vieler Substanzen in der Umwelt von Jahr zu Jahr. „Arzneimittel sind oft sehr stabil, verglichen mit anderen Chemikalien“, so Maack. Schließlich seien sie dafür geschaffen, unwirtliche Körpergefilde wie den Magen-Darm-Trakt und Passagen durch Zellwände heil zu überstehen. In der Umwelt werden sie häufig nur sehr schlecht abgebaut und behalten ihre biologische Wirksamkeit lange Zeit. Bei Neuentwicklungen werde von Pharmafirmen auf noch mehr Haltbarkeit geachtet – zum Beispiel, damit Medikamente nur noch einmal statt zweimal täglich genommen werden müssen. Die Umweltverträglichkeit werde bei der Entwicklung bisher gar nicht beachtet. 

Vom Pharma-Verband vfa heißt es, dass es nur begrenzt möglich sei, chemisch-synthetische Wirkstoffe von vornherein gut biologisch abbaubar zu entwickeln. Zum einen müssten viele Medikamente bei Raumtemperatur und ohne Luftabschluss jahrelang lagerfähig sein, was chemische Stabilität voraussetze. Zum anderen erreichten besonders leicht abbaubare oder umbaubare Substanzen im menschlichen Körper gar nicht ihre Zielorgane oder könnten dort nicht lange genug wirken. 

Immer mehr, immer haltbarer: Was richtet das letztlich an? Einzelne Ergebnisse belegen Schlimmes: In einem kanadischen See stellte eine der Schlüsselarten unter den Fischen unter dem Einfluss des Pillenhormons Ethinylestradiol die Vermehrung ein – mit Folgen für das gesamte Ökosystem. Antidepressiva in einem See in Schweden wiederum hätten das Verhalten von Flussbarschen verändert. „Sie haben häufiger den Schwarm verlassen und hatten so ein größeres Risiko, gefressen zu werden.“ Und was die Folgen für den Menschen durch die stetige Aufnahme von Kleinstdosen durch das Trinkwasser angeht? „Wir alle sind dafür die Langzeit-Probanden“, sagt UBA-Experte Maack.

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