Wo Windkraftanlagen Vögeln besonders gefährlich werden
Weltweit gibt es Kollisionsschwerpunkte, einer liegt in Deutschland. Was vor allem dort zu tun wäre, um allzu große Schäden im Tierreich künftig zu vermeiden.
Der Wechsel auf erneuerbare Energien soll den Klimawandel eindämmen und wird auch von der Bundesregierung energisch vorangetrieben. So solle in Europa die Energie aus Onshore-Windkraftanlagen von etwa 169 Gigawatt im Jahr 2018 bis 2050 auf bis zu 760 Gigawatt steigen, schreibt das Team. Entsprechend muss auch das Leitungsnetz ausgebaut werden. Auch Nordafrika und der Nahe Osten – zwei wichtige Regionen für Zugvögel – wollen demnach verstärkt auf Erneuerbare setzen.
„Wenn sie schlecht geplant oder platziert werden, können Windfarmen und Stromtrassen die Sterblichkeit anfälliger Vögel erhöhen“, schreibt das Team um Jethro Gauld von der University of East Anglia in Norwich, dem Forscher aus 15 Ländern angehören – darunter etliche aus Deutschland. Als Beispiel für anfällige Vögel nennen sie große Wasservögel, Möwen, Störche und Ibisse sowie Eulen, Geier und andere Greifvögel.
Vögel gelten als gefährdet von Windrädern in Flughöhen von 15 bis 135 Meter
In dem Großprojekt griffen die mehr als 50 Forscher auf GPS-Daten von fast 1500 Vögeln von 27 überwiegend großen Arten zurück. Diese Informationen glichen sie ab mit Windparks und Stromtrassen in und um Europa, also auch in Nordafrika und im Nahen Osten. Dabei achteten sie insbesondere auf die Flughöhen der jeweiligen Arten: Als gefährdet durch Stromtrassen galten Flughöhen in 10 bis 60 Metern Höhe, durch Windkraftanlagen in 15 bis 135 Metern Höhe.
Gefahren-Hotspots lagen vor allem entlang wichtiger Routen von Zugvögeln sowie in Brutgebieten: Explizit nennt das Team für Europa neben der deutschen Ostseeküste die westliche Mittelmeerküste von Frankreich, den Süden von Spanien einschließlich der Straße von Gibraltar und das östliche Rumänien. Als gefährliche Regionen für Vögel gelten zudem der Bosporus, der Sinai und die marokkanische Mittelmeerküste.
Stromtrassen gefährden demnach folgende fünf Vogelarten am stärksten: Weißstörche (Ciconia ciconia), Löffler (Platalea leucorodia), Singschwäne (Cygnus cygnus), Uhus (Bubo bubo) und Iberienadler (Aquila adalberti). Windräder bedrohen demnach neben Uhus, Schwänen und Löfflern insbesondere Kraniche (Grus grus) und Blässgänse (Anser albifrons).
Sowohl zu den Hotspots als auch zu den gefährdeten Arten betonen die Forscher explizit, dass ihre Einschätzung stark von der Zahl der Windkraftanlagen abhängt sowie von den verfügbaren Daten. Das gilt insbesondere für Deutschland, für das es viele GPS-Daten gab und zudem eine relativ hohe Dichte an Windrädern.
Diese Maßnahmen schlagen Forscher zum Schutz der Vögel vor
Generell sollten solche Anlagen in den ermittelten Kollisions-Hotspots minimiert oder – falls doch unbedingt erforderlich – durch spezielle Maßnahmen gesichert werden. Dazu zählen etwa bei Stromtrassen, dass Stromkabel auffälliger markiert werden. Bei Windkraftanlagen könne man die Rotorblätter ebenfalls besser kennzeichnen, zudem könnten solche Anlagen in Zeiten mit starkem Vogelflug ganz abgeschaltet oder zumindest gedrosselt werden – etwa während des Vogelzugs. Zudem könne man Windräder mit Kameras oder Radar ausstatten, sodass sie sich bei nahenden Vögeln automatisch abschalten.
Die Forscher bemängeln, dass Risikoeinschätzungen zu Windkraftanlagen oft erst nach der Wahl des jeweiligen Standorts erfolgen, da für die Betreiber rein wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stünden. „Wir wissen aus früheren Studien, dass es viel mehr geeignete Orte für Windturbinen gibt, als wir brauchen, um unsere Energieziele bis 2050 zu erreichen“, wird Erstautor Gauld in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. „Wenn wir die Risikoeinschätzung für die Artenvielfalt, zu der auch die Vogelschlag-Gefahr gehört, schon früh im Planungsprozess verbessern können, begrenzen wir den Einfluss dieser Entwicklungen auf die Tierwelt und erreichen dennoch unsere Klimaziele.“
Die Diskussion ist geschlossen.