Neue Komödie im Kino: Lohnt sich "Nightlife" mit Elyas M'Barek?
Elyas M’Barek und Frederik Lau wollen aus der Berliner Klub-Szene aussteigen und geraten unter Gangster. In "Nightlife" beweist Regisseur Verhoeven sein Komödiengespür.
„Ein ganz normales Leben: Familie, Kinder, Fahrradausflüge und so“ wünscht sich Milo (Elyas M’Barek) und Renzo (Frederick Lau) stimmt begeistert ein: „Ja, lass’ uns fucking seriös werden!“ Die beiden Freunde arbeiten seit vielen Jahren als Barkeeper in der Berliner Klub-Szene. Milo hat genug vom oberflächlichen Nachtleben, wo er morgens im Bett neben einer Frau aufwacht, die sich genauso wenig an seinen Namen erinnert wie er an ihren. Um den Existenzschwerpunkt von der Nacht in den Tag zu legen, wollen die beiden ihren eigenen Laden aufmachen.
Humor von "Nightlife"-Regisseur Verhoeven ist immer eine Frage des Details
Aber dafür braucht es Startkapital. Der schräge Bankberater Heiko (Leon Ullrich) ist den coolen Szene-Klienten zwar durchaus zugetan, aber sein Vorgesetzter stößt sich an Renzos Vorstrafe, der einmal ein Auto von A nach B gefahren hat, in dem die Polizei eine Ladung Drogen entdeckte. Eben dies tut er nun wieder, um den Traum vom eigenen Klub zu finanzieren. Aber plötzlich ist der Wagen mit dem Koks verschwunden. Die Auftraggeber sind darüber nicht amüsiert und stellen ein Ultimatum: Eine Nacht bleibt den beiden, um Kompensationsleistungen im Wert von 150.000 Euro aufzutreiben. Dabei hat Milo gerade mit der Musik-Managerin Sunny (Palina Rojinski) die Frau seines Leben kennengelernt. Aber schon bald sind zwei rivalisierende Gangsterkollektive hinter ihm her, was das erste Date etwas aus dem Ruder laufen lässt.
Zugegeben: Der Grundplot strotzt nicht gerade vor Originalität. Aber mit „Nightlife“ befinden wir uns in einem Film von Simon Verhoeven und der hat in Werken wie „Männerherzen“ und „Willkommen bei den Hartmanns“ bewiesen, dass er etwas vom Komödienhandwerk versteht. Verhoeven verbindet die Ansprüche des Mainstreamkinos nach Vertrautheit – populäre Besetzung, übersichtliche Handlungsstruktur – stets mit einer guten Portion Anarchismus, mit der die Erwartungen des Publikums unterwandert werden.
Humor ist bei Verhoeven immer eine Frage der Details. Anders als die meisten deutschen Genre-Kollegen arbeitet er nicht mit Pointen, die stolz auf dem Silbertablett hereingetragen werden, sondern mit vielen kleinen Einfällen, die beiläufig eingestreut werden und erst einige Szenen später ihre komische Wirkung entfalten. So führt der Umstand, dass die russische Mafia zur Tarnung einen Hüpfburg-Verleih in Marzahn betreibt, zu einem wunderbar skurrilen Finale, in dem der kriminelle Machismo hübsch konterkariert wird. An anderer Stelle wird der Rollenspielabend von Bankangestellten nach allen Regeln der Kunst unkontrolliert zur Explosion gebracht.
"Nightlife" ist eine gelungene Kino-Komödie
Vor allem aber definiert sich Verhoevens Komödiengespür durch seinen liebevollen Blick auf die durch und durch fehlbaren Figuren. Der spießig überdrehte Bankbeauftragte etwa wird von Leon Ullrich zunächst als krasse Stereotype ausgespielt. Aber wenn Elyas M’Barek im entgleisten Beratungsgespräch den Kopf schief legt und in sich hineinlächelt, erkennt das Publikum mit ihm hinter der Karikatur einen durchaus liebenswerten Menschen.
Die Fähigkeit über jemanden zu lachen, ohne ihn auszulachen, Klischees zu bedienen und sie gleichzeitig zu unterminieren – das sind Tugenden, die im deutschen Lustspielwesen immer noch selten anzutreffen sind. Verhoeven ist diesbezüglich eine wohltuende Ausnahmeerscheinung. Hinter dem schrillen, höchst unterhaltsamen Komödienfeuerwerk, das er in „Nightlife“ über der Berliner Nacht abbrennt, schlägt immer auch das große Herz eines humorvollen Humanisten. Wertung: 4 von 5 Sternen.
Nightlife (1 Std. 55 Min.), Komödie, Deutschland 2020, Regie Simon Verhoeven, mit Elyas M’Barek, Frederick Lau, Palina Rojinski.
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