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Interview
17.04.2021

Nida-Rümelin zur Corona-Politik: "Das sollte uns nie wieder passieren"

Julian Nida-Rümelin, 66, lehrt als Professor für Philosophie in München und ist einer der renommiertesten Denker Deutschland. Sein neues Buch heißt "Die Realität des Risikos".
Foto: Diane von Schoen

Exklusiv Philosoph Julian Nida-Rümelin zieht eine kritische Bilanz der Maßnahmen in der Corona-Krise. Einen Brückenlockdown hält er aber für sinnvoll – mit Bedingungen.

Herr Nida-Rümelin, Ihre Befunde über die bisherigen Corona-Maßnahmen sind deutlich: Ein Staatsversagen in der Vorsorge habe zum ersten Lockdown geführt, eine verhängnisvolle Untätigkeit der Politik nach der ersten Welle zum zweiten Lockdown. Jetzt stehen wir irgendwo zwischen dem dritten und dem vierten Lockdown. Was zeigt uns das?

Julian Nida-Rümelin: Man muss sich ja nur mal klarmachen, wie es aussehen würde, wäre wahr geworden, was viele Virologen befürchtet haben: nämlich dass es sehr lange dauern kann, bis wir einen Impfstoff haben. Das war ja keineswegs selbstverständlich und ist einmalig in der Medizingeschichte, dass wir in so kurzer Frist gleich mehrere funktionierende Vakzine zur Verfügung haben. Hätten wir jetzt keinen, würde sich Europa nach Lage der Dinge von Lockdown zu Lockdown hangeln. Und zwar jedes Mal mit einem massiven Einbruch der Wirtschaftsleistung, der sozialen Sicherheit, dem Verlust von beruflichen Existenzen … Wir haben immerhin jetzt schon eine halbe Million zusätzlicher Arbeitsloser in Deutschland. Und nur weil die finanziell stützende Begleitung sich im internationalen Vergleich sehr gut sehenlassen kann, ist es nicht noch verheerender.

Nida-Rümelin: Das Glück der ersten Welle fahrlässig verspielt

Was aber auf längere Sicht kaum aufrechtzuerhalten wäre …

Nida-Rümelin: Nein, nicht in diesem Umfang. Wir haben im Gegensatz zu ostasiatischen Ländern wie Südkorea jedenfalls keine wirksame Strategie entwickelt, die Infektionsherde lokal rigoros einzudämmen, ohne die ganze Gesellschaft in Stillstand zu ziehen. Es ist also ein großes Glück, dass es die Impfstoffe gibt – ansonsten wären die Aussichten dramatisch. Neben Südamerika ist Europa inzwischen ohnehin die Region in der Welt, die am schlechtesten durch die Krise gekommen ist. Und das betrifft bei allem Glück, das wir vor allem in der ersten Welle hatten, weil sie uns erst später erreicht hat und die Menschen da bereits sensibilisiert waren, eben auch Deutschland … Die Bilanz ist also alles andere als positiv.

Was halten Sie von dem zwischenzeitlich auch von Kanzlerin Merkel in Betracht gezogenen Laschet-Vorschlag eines Brückenlockdowns?

Nida-Rümelin: Kommt darauf an, wie man diesen versteht. Um zu verhindern, dass wir jetzt kurz vor Schluss noch mal eine Eskalation hinnehmen zu müssen, dann aber auch so zu agieren, dass weitere Lockdowns nicht mehr nötig sind? Dann ist der Begriff gar nicht so schlecht. Aber dann muss man darüber sprechen – und das hat Laschet eben nicht getan und macht auch sonst niemand –, bis wann das gehen soll. Wo ist das Ufer für die Brücke? Und da gibt es immerhin ein Land in Europa, das das Ufer benannt hat: Dänemark. Sehr mutig hat die dortige Ministerpräsidentin gesagt: In dem Moment, wo wir allen über 50 ein Impfangebot gemacht haben und die besonders Gefährdeten geschützt haben, werden alle Lockdown-Maßnahmen beendet. Das wird dort Ende Mai der Fall sein. Prozentual hinken wir in den Impfungen hinter den Dänen her. Aber wenn wir uns dieses Kriterium zu eigen machen, kämen wir auch auf keine kurze, aber absehbare Dauer. Weit vor Ende September jedenfalls, was die Kanzlerin als Zielmarke genannt hat, um allen Menschen ein Impfangebot gemacht zu haben. Falls sich nicht doch wieder irgendwas verzögert und wir bei Weihnachten landen … Auch hier wäre also ratsam, nicht alle Menschen zum Maß zu nehmen, sondern nach Risiko zu unterscheiden.

"Weit geringeres Risiko für Unter-50-Jährige als bei der Grippe"

Wie beziffert sich der Unterschied?

Nida-Rümelin: Für Menschen unter 50, die ja auch nur rund drei Prozent der Toten dieser Pandemie ausmachen, sind die Gefahren durch Corona statistisch bei weitem geringer als bei einer saisonalen Grippe. Und bei einer solchen überlassen wir den Umgang mit dem Risiko ja auch den Menschen selbst. Nur mit einer solchen Strategie also könnte man also sinnvoll von einem Brückenlockdown reden. Bis zum Herbst oder Winter wären wir in Wirtschaft, Kultur und Bildung dagegen ziemlich ruiniert.

Auch die Freiheitsrechte der Menschen sind seit über einem Jahr teils stark eingeschränkt. Gefährdet das im Zeichen des Lebens- und Gesundheitsschutzes die Werteordnung der Demokratie?

Nida-Rümelin: Wir haben die Problematik zwar schon seit über einem Jahr und dabei sind auch außerordentlich heftige Maßnahmen wie Ausgangssperren, die man sonst nur von Diktaturen kennt. Aber ich sehe nicht, dass das bei uns non-chalent hingenommen würde, nach dem Motto: Die Gesundheit ist das schon wert. Dann hätten wir solche Debatten künftig auch bei Influenza-Wellen mit immerhin ja auch bis zu 25000 Toten. Dann hätten wir diese gefährlich Entwicklung. Die sehe ich aber nicht. Ich glaube, es gibt eine sehr starke Sehnsucht zu der Lebensform zurückzukehren, die man kannte – mit den gewohnten Freiheiten.

Sie schreiben, der Umgang mit Kritik an Maßnehmen habe „die Axt an demokratische Prinzipien angelegt“.

Nida-Rümelin: Ja, und das sehe ich immer noch. Wir hatten und haben wenig Bereitschaft zur rationalen Auseinandersetzung mit Argumenten Pro und Contra. Es ist deutlich besser geworden, weil die Vielstimmigkeit, auch der wissenschaftlichen Positionen, nicht mehr zu verheimlichen ist. Aktuell zum Beispiel haben die Aerosol-Experten darauf hingewiesen, dass es im Freien praktisch null Risiko gibt, sich zu infizieren, und deshalb dort Schutzmaßnahmen auch nicht sinnvoll sind. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass es auf keinen Fall sinnvoll ist, die Leute aufzufordern, möglichst viel zu Hause zu bleiben, im Gegenteil: Sie sollte ins Freie, gerade auch Jugendliche und sich da treffen. Nur zum Beispiel. Aber es gibt immer noch eine gewisse Formatierung der Debatte, die gefährlich ist, weil es die Leute dann zwingt, gewissermaßen Partei zu ergreifen: Bin ich bei dem, was die Regierung macht – und dann muss ich das aber auch alles für richtig halten; oder bin ich Kritiker, dann bin ich für die einen gleich ein Covidiot und für die anderen ein Freiheitskämpfer.

Eine demokratiegefährdende Minderheit - siehe NSDAP

Eine weitere Verschärfung der Polarisierung in der Gesellschaft …

Nida-Rümelin: Und die können wir wirklich nicht brauchen. Das hatten wir in der Migrationskrise, in der Euro- und Europa-Krise, jetzt wieder. Aber das muss unsere Demokratie, das müssen wir lernen. Denn es wird – siehe die kommenden Herausforderungen mit der Digitalisierung und dem Klima – nicht die letzte Krise sein. Und es kann nicht sein, dass wir dann demokratiegefährdende Polarisierungen haben, wie es die USA schon seit Jahren vormacht, wo es Anfang des Jahres ja fast zu einem Putsch gekommen ist. Man muss Argumenten, auch wenn sie einem nicht passen, Raum geben – und Gegenargumente entwickeln. Denn die Rationalität des Gebens und Nehmens von Gründen ist das Lebenselixier der Demokratie. Und wenn dieses Prinzip beschädigt ist, ist die Demokratie gefährdet.

Wobei diesen Dialog ja längst auch nicht alle Kritiker wollen ….

Nida-Rümelin: Ja, wir haben da eine Minderheit, die sich radikal in eine Art Bunkermentalität begeben hat, maximal 20 bis 25 Prozent, die mit ihren teils irren Theorien ungefiltert über Social-Media-Kanäle Realitätsverweigerung betreiben. Gottlob bleibt es derzeit eine Minderheit, aber wir wissen aus der deutschen Geschichte, was Minderheiten anrichten können: Die NSDAP ist nie weit über 30 Prozent hinausgekommen, und am Ende waren wir in der schrecklichsten Diktatur der Geschichte gefangen. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, wir sind nicht auf dem Weg dazu. Aber man muss wirklich aufpassen! Wie es im Lateinischen so schön heißt: „Obsta principiis“ – wehret den Anfängen! Das haben wir in der Pandemiebekämpfung versäumt, es sollte uns auch da nie wieder passieren. Aber es gilt natürlich vor allem für die Demokratiegefährdung.

Zumal Sie im Buch warnen, die Pandemie beschere uns eine Weltwirtschaftskrise, wie wir sie seit 1929 nicht mehr erlebt haben …

Nida-Rümelin: Das ist bei uns aktuell durch den Boom der ostasiatischen Staaten etwas aufgehellt, weil es auch auf Export ausgerichteten Märkten wie unserem oder auch dem US-amerikanischen nützt. Aber in Ländern wie Italien sieht das sehr viel düsterer aus. Und wenn diese Länder nun auf die Verschuldungssituation regieren, indem sie nach Ende der Corona-Krise getroffene Stützungs-Maßnahmen zurückfahren, dann könnten wir eine schwere Wirtschaftskrise in Europa hineingeraten. Mit den 750 Milliarden Euro, die die EU zur Verfügung gestellt hat, und unter der Voraussetzung, dass wir jetzt eben wirklich so schnell wie möglich die allgemeinen Lockdown-Maßnahmen beenden, bin ich optimistisch, dass wir das vermeiden. Wir müssen es auch. Denn die Verbindung aus wachsendem Politikverdruss und einer Wirtschaftskrise wäre hochgefährlich. Sonst könnten wir zwar noch nicht Deutschland, aber schon bei den Wahlen in Frankreich mit einer Kandidatin Le Pen vor einem schlimmen Erwachen stehen.

Das Buch Julian Nida-Rümelin, Nathalie Weidenfeld: Die Realität des Risikos – Über den vernünftigen Umgang mit Krisen. Piper Verlag, 224 Seiten, 24 Euro

Zur Person

Julian Nida-Rümelin, 66, lehrt als Professor für Philosophie in München und ist einer der renommiertesten Denker Deutschland. Als Experte der Risiko-Ethik hat er nun mit seiner Frau, der Kulturwissenschaftlerin Nathalie Weidenfeld, ein Buch über den vernünftigen Umgang mit Krisen veröffentlicht.

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