Noch ein Streit ums Kopftuch
Kritik an Frankfurter Mode-Ausstellung
Im Frankfurter Museum Angewandte Kunst wird Ende dieser Woche eine Ausstellung über muslimische Mode eröffnet. Diese Ankündigung genügt in der aktuellen Aufregungskultur, um schon vor Beginn der Schau eine Debatte auszulösen und Hass-Mails zu provozieren. Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses wird es Taschenkontrollen und Leibesvisitationen geben. „Contemporary Muslim Fashions“ heißt die Schau, die ab Freitag für das Publikum geöffnet und bis 15. September zu sehen ist. Gezeigt werden 80 „Ensembles“ – wie das Museum sie nennt – von Designerinnen und Designern aus aller Welt für muslimische Frauen: Kopftücher, züchtige Kleider, Ganzkörper-Schwimmanzüge, Luxusartikel.
Die Idee für das Thema stammt von Max Hollein, Ex-Frankfurter Museumschef mit untrüglichem Gespür für zugkräftige Themen. Bevor er nach New York weiterzog, war er in San Francisco tätig. Dort lief die Ausstellung im Herbst. Nach der Station in Frankfurt zieht sie weiter nach Rotterdam und ist dann in New York zu sehen. Weitere Museen haben Interesse angemeldet.
Schon Wochen vor der Eröffnung meldete sich eine Gruppe namens „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“ in einem offenen Brief zu Wort. Die Unterzeichnerinnen sind „entsetzt“ über die Ausstellung, finden sie „absurd“ und „zynisch“. Sie sei „ein Schlag ins Gesicht inländischer und ausländischer Frauenrechtlerinnen“. Mit der Schau werde „eine Kleiderordnung protegiert, mit der die Hälfte der Bevölkerung in muslimischen Ländern und auch in den muslimischen Communities in Deutschland unterdrückt wird“.
Museumsdirektor Matthias Wagner K. reagierte souverän und lud die Frauen vorab ins Museum zu einem vertraulichen Gespräch. Heftige Reaktionen löst die Ausstellung aber auch in einem anderen gesellschaftlichen Spektrum aus. Neben dem Brief der liberalen Musliminnen erhielt das Museum auch Hass-Mails aus dem rechten Milieu. Sie waren es letztlich, dass „zur Sicherheit aller Besucher und der Mitarbeiter“ Einlasskontrollen verfügt wurden.
Dass es schon vorab Reaktionen gab, hat Wagner K. nicht überrascht, wohl aber ihre Vehemenz. In San Francisco sei die Ausstellung äußerst positiv aufgenommen worden – in Deutschland führe man schon politische Diskussionen, bevor überhaupt jemand die Ausstellung gesehen habe. „Das zeigt den Zustand unserer Zeit.“ Wagner K. findet es „schade“, dass die Schau damit „auf eine Kopftuchausstellung verkürzt wird, was sie definitiv nicht ist“. Sie zeige ganz im Gegenteil gerade die Vielfalt muslimischer Kleidung: eine spannende Modeszene, junge Influencerinnen und selbstbewusste Kundinnen. Für Frankfurt wurde die in den USA kuratierte Ausstellung um Designerinnen aus Wien, Berlin und Mannheim erweitert. Museumsleiter Wagner K. ist überzeugt: „Es war eine absolut richtige Entscheidung, diese Ausstellung hier und jetzt zu zeigen.“ Sandra Trauner, dpa
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