Makelloses Gesicht der jungen Popwelt
Kreischen, Weinen, Handyzücken: Shawn Mendes wird in München als Teenie-Idol umjubelt
Was macht eine Show zu etwas Besonderem? Natürlich hätte Shawn Mendes von ergreifender Musik sprechen können oder von einzigartiger Atmosphäre. Doch stattdessen sagt der junge Kanadier: „Das Unglaublichste und Fantastischste an meiner Show, das seid ihr.“ Und die Mädchen in der ausverkauften Münchner Olympiahalle kreischen noch etwas lauter, strahlen ihre Freundinnen noch etwas euphorischer an, und die ersten Tränen rollen.
Ja, der 20-jährige Sänger weiß genau, wie er sein Publikum begeistert. Nicht unbedingt mit kreativen Tour-Titeln – „The Tour“ kommt eher minimalistisch daher. Dafür summt und singt er, schreit und spielt – wahlweise Gitarre oder Klavier. Lächelt beseelt, joggt von einer Bühnenseite zur anderen, holt aus der Gitarre raus, was geht – oder sitzt mit nachdenklichem Blick am Bühnenrand. Beweist sein Talent als Songwriter und Sänger mit großer Stimmbreite, im locker aufgeknöpften Blümchenhemd, schwarzer Hose mit gelben Streifen und mit wuscheliger Haartolle. Lässt mit Hits wie „Stitches“ oder „In My Blood“ Herzen höherschlagen und groovt bei „Particular Taste“ oder „Nervous“ über die Bühne.
Seinen gut 12000 Zuschauern, überwiegend jung und weiblich, gönnt Mendes am Donnerstagabend keinen ruhigen Moment – den will ja auch keiner. Das mutet manchmal schon choreographisch an. Der Popstar animiert zum Klatschen, Hüpfen, Schreien, Mitsingen, mal laut, mal leise. Immer wieder hält er sein Mikrofon in das glitzernde Meer aus hin und her schwenkenden Smartphones und Leuchtarmbändern. Letztere sind übrigens durchgetaktet und funkeln zu jedem Lied im richtigen Rhythmus und passender Farbe. Das entzückt nicht nur das Publikum, sondern auch den Sänger. Manchmal scheint es, als könne er noch nicht so richtig glauben, was da passiert. Und das, obwohl er nun schon sein drittes Album veröffentlicht hat.
Viel ist von Mendes zwischen seinen Liedern nicht zu hören. Er lässt lieber seine Songs sprechen. Skandale? Nicht mit ihm. Stattdessen zeigt er sich immer fröhlich, immer dankbar, immer bodenständig. Scheint als Vorbild zu taugen und lässt sich wohl auch einfacher vermarkten als so komplizierte Zeitgenossen wie Justin Bieber.
Ankündigen muss der 20-Jährige eigentlich nichts, weder Altes wie „Mercy“ noch Neues wie „Like To Be You“. Schon nach den ersten Takten sind die Songs entlarvt. Kreischen, schreien, ein „Ich liebe dieses Lied!“, Handy zücken. Das Smartphone liegt an diesem Abend fast immer in der Hand, tausende Videos werden gedreht, bearbeitet, gepostet und kommentiert. Die Freundinnen beim Tanzen und Jubeln festgehalten – und natürlich diesen Sänger aus allen möglichen Blickwinkeln, der ja erst durch das Internet bekannt wurde, auf YouTube seine Clips online stellte, bis ihn eine Plattenfirma entdeckte. Vorbildlich, wie Mendes eben ist, gab es gleich noch abends ein Insta-gram-Video zum Auftritt in München. Er weiß halt, wie er seine Fans begeistert – online und offline.
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