Prinzip Hoffnung: Ernst Blochs 125. Geburtstag
Ludwigshafen (dpa) - So nah kommt man Ernst Bloch nirgendwo sonst auf der Welt, zumindest seinen Augenbrauen. Das Bloch-Archiv in Ludwigshafen am Rhein bewahrt die Totenmaske des Philosophen auf, und in dieser finden sich grusligerweise noch einige Brauenhaare des Denkers.
Was sonst ist von dem Mann geblieben, der am 8. Juli vor 125 Jahren in Ludwigshafen geboren wurde? Eine ganze Menge, findet der Leiter des Ernst-Bloch-Zentrums in Ludwigshafen, das einen großen Teil von Blochs Nachlass, Werken und Sekundärliteratur bewahrt. Klaus Kufeld hält Blochs Philosophie für sehr aktuell.
Blochs (1885-1977) große Themen waren Hoffnung und Utopie, seine bekanntesten Werke heißen "Das Prinzip Hoffnung" und "Geist der Utopie". Kufeld sagt: "Das ist doch heute mit der Globalisierung und den Umbrüchen in der Gesellschaft und der Konzeptionslosigkeit der Politik ein aktuelles Thema." Blochs Botschaft sei es, das Schicksal selbst in die Hände zu nehmen. Eine Fähigkeit, die den Menschen in "unserer Wohlstandsgesellschaft" oft abhandengekommen sei, findet Kufeld. In Zeiten der Unsicherheit sei das aber wieder gefragt.
Leichte Kost sind Blochs Werke nicht, die er übrigens immer wieder überarbeitet hat. Er selbst hat einmal dazu geschrieben, dass die "Schwerverständlichkeit" seiner Texte dafür sorgen werde, dass sich das öffentliche Interesse an ihm in erträglichen Grenzen halten werde. Das war aber wohl eher Koketterie, oder "fishing for compliments", wie es der Leiter des Bloch-Archivs, Frank Degler, nennt. "Bloch wollte wirken." Und er wollte auch berühmt sein, glaubt Degler.
Kufeld findet, dass dem Philosophen heute etwa an den Hochschulen nicht die wünschenswerte Aufmerksamkeit zukommt. "Man kann auch von Kant bis Foucault alles durchdeklinieren, ohne Bloch zu lesen. Aber ich finde, man vergibt sich dann etwas." Bloch stehe als Solitär in der Geschichte der Philosophie, lasse sich nicht in eine Schublade stecken.
Im Bloch-Zentrum kann man von oben auf das Tübinger Arbeitszimmer Blochs schauen, das unter einer im Boden eingelassenen Glasscheibe ruht. Dort ist Blochs Schreibtisch zu sehen und der Teppich, auf dem er starb. "Ich glaube, es geht nicht weiter" sollen seine letzten Worte gewesen sein. Überraschend ist die relativ kleine Auswahl an Büchern, die es in dem Arbeitszimmer gibt.
Das liegt wiederum an Blochs Exilanten-Schicksal. Gleich mehrfach zog der Philosoph mit jüdischen Wurzeln von Land zu Land weiter, nicht immer freiwillig. Während des Ersten Weltkriegs emigrierte er in die Schweiz, kehrte nach dem Krieg wieder zurück. 1933 musste er vor den Nationalsozialisten fliehen, nach mehreren Stationen in Europa landete er schließlich in den USA.
Nach dem Weltkrieg bekam Bloch einen Ruf auf den Lehrstuhl für Philosophie in Leipzig, wo später seine Vorstellungen mit denen der Staatspartei SED kollidierten. 1961 wechselte Bloch nach Tübingen, wo er an der Universität unterrichtete und 1977 dann starb. Bei den vielen Ortswechseln blieb auch immer ein Teil der Bücher und anderen Besitztümer zurück. "Durch die Exil-Stationen ist Manches verloren gegangen", sagt Degler.
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