Revolverheld in Augsburg: Heldenhaftes im Schatten des alten Gaskessels
Revolverheld beeindruckt am neuen kulturellen Augsburger Hotspot viele Fans, sorgt aber auch kurzzeitig für besorgte Teenager und Eltern.
Augsburg hat wieder eine Open-Air-Bühne für Live Musik. Nachdem die Freilichtbühne für Konzerte nicht mehr zur Verfügung steht, haben die Stadtwerke auf dem Gelände des alten Gaswerks in Augsburg-Oberhausen nun eine neue Möglichkeit für größere musikalische Acts geschaffen.
Das Modular machte in den Pfingstferien den Anfang und bewies die Festival-Tauglichkeit des Geländes, nun nutzten die Programmmacher des Spectrum Clubs die damalige Hauptbühne nochmals und buchten mit Revolverheld einen der erfolgreichsten deutschsprachigen Pop-Acts der letzten 15 Jahre.
Revolverheld rocken in Augsburg am Gaswerk-Areal
Die vier Jungs aus Hamburg gelten als Beweis für die Funktionalität der nationalen Pop-Ausbildung, hat doch der berühmte Hamburger Popkurs und die Mannheimer Popakademie einen großen Teil zur erfolgreichen Karriere der Gruppe beigetragen. Immer wieder gute bis sehr gute Chart-Platzierungen ihrer mittlerweile fünf Alben und die dazugehörigen Single-Auskopplungen, sowie die Teilnahme an diversen TV-Ereignissen (Popstars, Bundesvision Song Contest, Sing meinen Song) und ein MTV-Unplugged sprechen für sich. Über ihre Musik kann man nun sagen was man will, sie funktioniert definitiv. Das schon etwas gealterte Publikum zeigte sich textsicher und in bester Laune.
Die vielen Pärchen erfreuten sich an den harmonischen Balladen und die tanzfreudigen Besucher kamen auch nicht zu kurz. Begleitet von Konfetti- und Luftschlangen-Kanonen, Bühnenfeuerwerk und Riesenluftballons blickte man nur in lächelnde Gesichter – so muss das sein. Dabei wurden die Musiker größtenteils ihrem guten Ruf als authentische Band gerecht, sie benutzten verhältnismäßig wenig Backingtracks und ließen sich stattdessen lieber von zusätzlichen Musikern auf der Bühne unterstützen.
Mit dieser Aktion machten sich Revolverheld bei Teenagern und Eltern unbeliebt
Einzig der Moment, in dem knapp 40 Fans auf die Bühne geladen wurden und dort drei Liedern lauschen durften, wirkte sehr konstruiert, vor allem weil ein eifriger Stagemanager emsig damit beschäftigt war, den Teenagern, die natürlich gegen das Fotografier- und Filmverbot verstießen, umgehend ihre Handys abzunehmen.
Während diese danach ihre Telefone teils sogar beim charismatischen Frontmann Johannes Strate persönlich zurückverlangten, mussten vor der Bühne so manche Eltern ihre Kinder in der Menschenmenge suchen, weil sie auf der anderen Bühnenseite wieder herausgelassen wurden.
Lassen wir doch beim nächsten Mal vielleicht einfach die Musik sprechen, wie zum Beispiel bei einer der stärksten und zugleich ältesten Nummern Freunde bleiben, wo die Band ihre ursprünglich rockigere Seite präsentierte. In diesem Stil huldigten sie auch ihren heldenhaften Kollegen von Wir sind Helden mit einem Cover des Hits Denkmal. Manch einer wünschte sich vielleicht in der letzten Nummer Ich lass für dich das Licht an Helden-Frontfrau Judith Holofernes auf die Bühne, die ihrerseits unlängst eine weitaus spannendere Version dieses Revolverheld-Hits veröffentlicht hat.
Mit Beendigung der letzten Zugabe setzte dann erst der vorhergesagte Regen ein. Eine weitere wunderschöne und rundum gelungene Feuertaufe also für dieses vielversprechende Areal. Augsburg kann sich sehr glücklich schätzen, dass dieser Ort für Kultur dort geschaffen wurde.
Das Gaswerk überzeugt als Veranstaltungsort für Open Air Konzerte
Das bejubelten auch die gut 4000 Besucher und Fans, sowie ein rundum zufriedener Ufuk Aykut. Der Betreiber des Spectrums hält das Gelände auch für sehr gut geeignet und lobt die fantastische Kulisse, wegen der sogar Fans aus Mannheim extra nach Augsburg angereist sind.
Vor Konzertbeginn konnte man sich mit Getränken und Essen im schön hergerichteten Biergarten mit Industriecharme die Zeit vertreiben, während im Hintergrund der Warm-Up-Act Greg Holden aus seiner Wahlheimat Los Angeles seine Liedchen meist eher sacht vor sich hin trällerte, um plötzlich mit technisch anspruchsvollen hohen und nicht enden wollenden, kraftvollen Tönen zu überraschen. Das Konzept der Stadtwerke, die Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrad zum Veranstaltungsort anreisen zu lassen, funktionierte ebenfalls perfekt.
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