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Interview
22.10.2020

Saša Stanišic: „Teil des Problems ist der Erwartungsdruck“

Sasa Stanisic erhält den Eichendorff-Literaturpreis in Wangen.
Foto: Katja Sämann

Saša Stanišic kam als Flüchtling nach Deutschland. Heute ist er ein gefeierter Autor. Er weiß, wie schwer es für Migranten in Deutschland ist, das zu tun, was sie lieben.

Sie sind 1992 als 14-Jähriger mit Ihrer Mutter vor dem Bürgerkrieg in Bosnien nach Deutschland geflohen. Schon seit Ihrer Kindheit hegten Sie den Wunsch zu schreiben. Kam Ihnen die fremde Sprache nicht wie eine unüberwindbare Hürde vor?

Saša Stanišic: Ich hatte neben dem schwierigen Alltag nicht wirklich viel Zeit und Kraft, über die Schwierigkeit des Spracherwerbs nachzudenken, er lief automatisch mit – in der Schule, die auf Bedürfnisse der sprachlichen Neuankömmlinge vorbereitet war, auf der Straße, in der Nachbarschaft. Das Deutsche war eine logische Notwendigkeit, die mir sogar eher eine Freude im Lernen gewesen ist; dazu muss man sagen, dass ich noch jung genug war, um die Sprache auch schnell lernen zu können, und dass mir meine Eltern trotz der prekären Zustände, in denen wir lebten, genug Rückendeckung gaben, um fast ohne Sorgen lernen zu können.

Wie haben Sie sich die deutsche Sprache vertraut gemacht?

Stanišic: Sammelnd, schreiend, schreibend!

Ihr mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnetes autobiografisches Buch „Herkunft“ schildert Ihre Geschichte nicht linear, vielmehr springt es zwischen Zeiten, Schauplätzen, Gesellschaften. Verstehen Sie sich als Kulturvermittler?

Stanišic: Als Autor sehe ich meine Arbeit vordergründig als eine sprachliche, eine erzählende, eine darstellende – das Ergebnis sind auf Geschichten gebaute fiktionale Welten. Dass aus diesen Welten dann Schlussfolgerungen gezogen werden für unsere Welt, Schlussfolgerungen gesellschaftlicher oder kultureller Art, das liegt nicht in meiner Hand, sondern ist Folge der Rezeption durch Leser/Innen. Ich vermittle höchstens Recherchen, Erfahrungen und Ideen als Grundlage für mögliche Deutung und Bedeutung.

Wesentliche Jahre Ihrer Jugend lebten Sie im Heidelberger Stadtteil Emmertsgrund mit seiner bunt gemischten Bevölkerung. Die Freunde, mit denen Sie sich an der Aral-Tankstelle trafen, hießen Martek, Krzysztof, Fatih und Adil. Ihre Klassenkameraden am Gymnasium dagegen trugen überwiegend deutsche Namen.

Stanišic: Leider haben es in Deutschland nach wie vor viele Migrantenkinder schwer, in Bildungsdingen voranzukommen, das habe ich damals bei vielen Freunden mitbekommen und teils auch selbst erlebt, obwohl ich ja noch großes Glück hatte, Unterstützung und Zuspruch zu erhalten. Es ist für Kinder aus bildungsfernen Familien schlicht anstrengender, gegen systemische Fehlleistungen der Schulen und auch gegen die privaten harten Lebensverhältnisse und unterschiedliche Erwartungen der Gesellschaft und der Familie anzukämpfen und dabei noch „gut in der Schule“ zu sein – das alles zehrt und lenkt ab, macht wütend und traurig. Auch die (berechtigte) Angst vor dem „Auf der Strecke bleiben“ treibt einen da um, gerade wenn man sieht, wer es aufs Gymnasium schafft und wer nicht.

Wie anstrengend war es, sich zwischen zwei Welten zu bewegen?

Stanišic: Damals stellte ich nichts infrage – meine Freunde am Gymnasium waren halt größtenteils in Deutschland geboren, aber auch nicht alle. Im Basketballverein waren wir wieder gemischter, obwohl da dann zum Beispiel niemand aus dem arabischen Raum dabei war; zu Freunden aus migrantischen Familien hatte ich sehr viel Kontakt – all dies waren diverse Gruppen von jungen Menschen, in Deutschland eigentlich eine Selbstverständlichkeit – wenn auch nicht für alle.

Was ist Ihrer Erfahrung nach ausschlaggebend dafür, dass sich Geflüchtete in Deutschland gut zurechtfinden?

Stanišic: Teil des Problems ist der ständige Erwartungsdruck auf Migranten: Was sie bitteschön sein sollen und was nicht, wie sie sich zu integrieren haben und wie nicht – als sei das nicht eine ganz individuelle Entwicklung. Dazu kommt, dass Migranten entweder als Kriminelle oder nach großartigen Leistungen in der Gesellschaft sichtbar werden. Biografien werden nach Extremen bewertet, eine Stigmatisierung findet statt, da man „uns“ das Gefühl gibt, wir seien erst dann integriert, wenn wir Preise kassieren und Tore schießen. Migranten, die einfach ein normales Leben haben wollen oder führen, die sich den Grad ihrer „Integration“ zu ihrer eigenen Zufriedenheit und aufgrund ihrer eigenen Wünsche erfüllt haben – um sie geht es. Ich selbst bin höchstens ein Beispiel dafür, dass man es in Deutschland trotz aller Hürden und mit viel Glück als Migrant schaffen kann, das zu tun, was man liebt.

Ihre Geburtsstadt Višegrad erlebte im Bosnienkrieg Zerstörung, ethnische Säuberung und Vertreibung. Was bedeutet Ihnen heute der Ort, an dem Ihre Eltern eine Familie gründeten und wo Ihre Großmutter kurz vor Erscheinen von „Herkunft“ starb?

Stanišic: Nicht viel seit dem Tod meiner Großmutter. Die Stadt hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte in einer Weise verändert, dass ich dort eine Art Tourist bin in Straßen der eigenen Erinnerung an eine schöne Kindheit.

Krieg, Heimatverlust, Behördenwillkür, Nationalismus und Rassismus: Vor dem Hintergrund Ihrer Biografie tun sich in Ihrem Buch – auch ohne drastische Schilderung – gesellschaftliche Katastrophen, menschliche Dramen und soziale Missstände auf. Wie politisch ist „Herkunft“?

Stanišic: So politisch, wie Sie es gerade benannt haben! All das sind Themen, die wir in Deutschland diskutieren und die unmittelbar aus dem Leben der Bürger kommen. Indem ich zeige, was nicht so gut lief und läuft, stelle ich indirekt ja auch den Versuch an, dass die Leser/Innen darüber nachdenken, wie das Leben von allen füreinander angenehmer zu gestalten wäre, und darum sollte es in der Politik und in der Gesellschaft ja stets gehen: es so vielen wie möglich nicht schwer zu machen.

Seit 2013 haben Sie einen deutschen Pass. Wie wichtig ist Ihnen die Staatsangehörigkeit?

Stanišic: Ich muss nicht mehr um mein Aufenthaltsrecht in Deutschland bangen. GrenzbeamtInnen halten wegen mir die Schlange hinter mir nicht mehr so lange auf. Wenn ich ein Auto mieten will, kriege ich keinen Anruf von der Autovermietung mehr wie früher, die doch noch mal überprüfen will, wer ich sei. Bräuchte ich einen anderen Job als den des Schriftstellers, könnte ich den jetzt leichter kriegen.

Info Saša Stanišic, geboren 1978 in Bosnien, hat 2019 für sein autobiografisches Buch „Herkunft“ den Deutschen Buchpreis erhalten. Jetzt zeichnet ihn der Wangener Kreis, Gesellschaft für Literatur und Kunst des Ostens, für dieses Werk mit dem Eichendorff-Literaturpreis aus. Er ist mit 5000 Euro dotiert. Die Verleihung sollte am Sonntag in Wangen im Allgäu stattfinden, wurde aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen aber abgesagt.

Lesen Sie auch die Rezension zu "Herkunft": Sasa Stanisic: „Jedes Zuhause ist ein zufälliges“

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