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Literatur
08.09.2020

Schriftsteller David Grossman über die Nachwirkungen eines Traumas

Eine Insel in der Adria und zugleich ein Ort des Grauens: Die zu Kroatien gehörende Goli Otok beherbergte einst ein Umerziehungslager für politische Gefangene.
2 Bilder
Eine Insel in der Adria und zugleich ein Ort des Grauens: Die zu Kroatien gehörende Goli Otok beherbergte einst ein Umerziehungslager für politische Gefangene.

Eine Frau fällt eine existenzielle Entscheidung, was nicht ohne Folgen bleibt auf das Leben von Tochter und Enkelin. Mit „Was Nina wusste“ hat David Grossman einen ebenso schonungslosen wie großen Roman geschrieben.

Die Insel Goli Otok ist ein etwa vier Quadratkilometer großer Steinhaufen in der Adria. Gelegen vor der Küste Kroatiens bietet das Ödland, zu Deutsch die nackte Insel, wenig Pittoreskes. Touristen, die hier mit dem Schiff landen und sich in die Bimmelbahn Goli-Express setzen, sind eher an einer historischen Schauerstunde interessiert. Das kroatische Alcatraz wird Goli Otok genannt. Oder auch: Titos Gulag. Hier wurden jene inhaftiert, gefoltert und „umerzogen“, denen das Regime misstraute. Nach dem Bruch mit Russland vermeintliche Stalinisten, später Regimekritiker jeder Couleur, dann auch verurteilte Kriminelle. Etwa 30000 Menschen waren ab 1944 auf Goli Otok inhaftiert, 4000 von ihnen starben. Die Zahlen sind Schätzungen, als das Lager 1988 geschlossen wurde, verschwanden belastende Dokumente.

Zu den Besuchern der Insel zählte vor einiger Zeit auch der israelische Schriftsteller David Grossman. Er streifte durch die Ruinen der Lagergebäude, suchte nach Bildern zu einer Geschichte, die man nun – zum Roman geworden – nachlesen kann: „Was Nina wusste“. Sie handelt von Großmutter, Tochter, Enkelin, von Vera, Nina, Gili, von Schuld und Vergebung, Verdrängen und Vergessen, der Weitergabe von Traumata an die nächste Generation. Eine schwere Geschichte, von Grossman in einer kunstvollen Konstruktion zugleich mit Wucht und abfedernder liebevoller Zärtlichkeit erzählt. Die so große Zärtlichkeit wohl auch deswegen, weil es sich um die Geschichte einer Freundin handelt: Eva Panic-Nahir, die Mitte der 60er Jahre aus Jugoslawien nach Israel ausgewandert war und ihn immer wieder darum bat, über ihr Leben zu schreiben. Und über die David Grossman im Nachwort seines Romans sagt: Es sei unmöglich gewesen, diese Frau nicht zu lieben und über ihre Kraft zu staunen. „Aber manchmal war es auch schwer, nicht gegen ihre undurchdringliche Starrheit anzubranden.“

Sinnlos Steine schleppen

Was für eine Geschichte aber: Eine Frau wird 1951 von Titos Schergen vor die Wahl gestellt. Ihr Mann, wie sie ein überzeugter Kommunist, hat sich im Gefängnis aus Verzweiflung umgebracht. Wenn sie bezeugt, dass er ein Verräter war, kann sie wieder gehen. Wenn nicht, wird sie selbst inhaftiert. 19 Monate verbringt Eva Panic-Nahir auf Goli Otok, schleppt sinnlos Steine, hungert, hält Schläge und Misshandlungen aus, knickt nicht ein vor der Gewalt. Es ist eine reine Heldinnen-Geschichte, wenn da nicht ein Kind wäre. Das Treuebekenntnis zum Mann ist der Verrat an der Tochter. Es wird zu deren Tragödie.

Und damit zum Roman, in dem Grossman den Kern der Geschichte übernimmt, ihn aber mit neuem Stoff ummantelt: Es ist der 90. Geburtstag von Vera, und der gesamte Kibbuz ist zum Fest versammelt, vom Polarkreis ist auch Tochter Nina angereist. Ein seltener, aber kein freundlicher Gast. „Selbst in den Folterkellern in Belgrad und sogar bei den Aufseherinnen im Lager auf der Nackten Insel hat man mich nicht so gehasst, wie meine Tochter mich hasst“, wird Vera sagen. Was zwischen Mutter und Tochter steht, ist das Unausgesprochene. Was Nina weiß, ist nicht die ganze Wahrheit. Diesmal aber fordert sie die ein. Mit gerade Mitte fünfzig wurde bei ihr beginnende Demenz diagnostiziert. Bevor sie im Vergessen entschwindet, will sie die Ursache ihres Leids wissen. Ihres verkorksten Lebens, in dem sie ihr eigenes Trauma an die Tochter weitergegeben hat – sie nämlich ebenfalls verlassen hat.

Ein Film gegen das Vergessen

Die Nachricht von der Krankheit bricht die verhärteteten Fronten auf. Auf einer gemeinsamen Reise nach Kroatien soll für Nina ein Film gegen das Vergessen gedreht werden. Vera wird erzählen, Nina zuhören und Gili, die Enkelin, alles aufschreiben. Sie schiebt Grossman zwischen sich und die Geschichte, mit ihrer Liebe puffert sie die Härte etwas ab. Mit der Kamera dabei ist außerdem Rafael, einstiger Filmregisseur, Veras Stiefsohn, Ninas Geliebter, Gilis Vater. Kompliziertes Beziehungsgeflecht also. Das Ganze wird denn auch zum Psychotrip.

David Grossman

Kann man das der Mutter verzeihen, dass sich für den toten Vater, für dessen Ehre und die Wahrheit entschieden hat und gegen das eigene Kind? Kann man das wiederum der Mutter eigentlich vorwerfen bei all dem Leid, das sie erlebt hat? Der Verlust der großen Liebe, die Torturen auf Goli Otok: Stundenlang muss Vera mit verbundenen Augen und ohne Wasser in der brennenden Hitze stehen. Erst nach Tagen und Tagen erkennt sie, aus welchem Grund: Mit ihrem Körper sollte sie einen von der Lagerkommandantin gehegten Setzling vor der unbarmherzigen Sonne schützen. Und dann die Frage: Kann man sich das als Mutter eigentlich selbst verzeihen? Und wie lebt es sich mit dieser Schuld? „Rückwirkend kann man nichts mehr reparieren. Das weißt du selbst“, sagt Vera.

Hing Grossman zu sehr am Vorbild?

Dass Grossman Vera mal stärker, dann wieder schwächer mit osteuropäischem Akzent sprechen lässt, irritiert gelegentlich. Es lässt ihre Sätze auch in der feinen Übersetzung von Anne Birkenhauer mal durchaus sympathisch komisch, dann aber auch immer wieder seltsam unbeholfen wirken. Vielleicht war er als Schriftsteller diesmal doch nicht ganz so frei, hing gelegentlich am realen Vorbild, versuchte deswegen an anderer Stelle durch Dramatisierung Distanz zu schaffen.

„Was Nina wusste“ ist jedoch ein großer Roman. Grossman schreibt, ohne zu urteilen, aber auch ohne zu schonen. Wie in seinen vorigen Romanen „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ oder „Kommt ein Pferd in die Bar“ lässt er seine Figuren dem Schmerz niemals entkommen, sondern steuert sie mit einer gewissen Unerbittlichkeit direkt darauf zu. Konfrontation als einziger Weg der Befreiung. Der Besuch auf Goli Otok wird für alle Reisenden zum katharsischen Moment. Und Grossman erzählt davon so empathisch und eindringlich, dass es auch dem Leser unmöglich wird, sich als unbeteiligter Richter über die Geschichte dieser Frau zu erheben.

David Grossman: Was Nina wusste. A.d.Hebräischen von Anne Birkenhauer. Hanser, 352 S., 25 €

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