"Stern 111" von Lutz Seiler: Der Dichter und das Rudel
Plus Als Berlin ein Ort für Träumer war: Lutz Seiler schreibt einen großen Roman über die Anarchie nach 1989.
Als die Mauer fiel und sich der „Käfig“ DDR öffnete, war die Welt über Nacht eine andere. „Das Land schien sich aufzulösen in einer einzigen Wanderschaft“, heißt es in Lutz Seilers „Stern 111“. Es ist ein Roman über Schiffbrüchige des Umbruchs. Die einen machen sich auf zu neuen Ufern, andere lassen sich treiben. Das Dasein, wie man es kannte, war mit dem 9. November 1989 unterspült, leck, untergehend.
Die Menschen fanden sich plötzlich „in den Attrappen ihres abgepfiffenen Lebens“ mit großen Unsicherheiten und noch größeren Sehnsüchten konfrontiert, mit Ratlosigkeit und Möglichkeiten. „Es war, als würde sich die Welt in einem äußerst sensiblen, schwebenden Zustand befinden, als hätte man gerade begonnen zu existieren.“ Lutz Seiler erzählt von den Freiräumen, von jenem utopischen Zwischenreich der Anarchie in besetzten Häusern, das in Berlin blühte, bevor die Sogkräfte der Ordnung im wiedervereinigten Deutschland diesen Nährboden für Träumer langsam wieder versiegelte. Doch Ende 1989 und 1990, in einer Zeit, in der „die ganze Welt neu verteilt wurde“, war Berlin ein Biotop, in dem sich „antikapitalistische Untergrundkolchosen“ entwickelten und alternative Lebensformen gediehen. Der autobiografisch getränkte, sprachlich feinsinnige Roman über einen wie Seiler 1963 in Gera geborenen Mann namens Carl Bischoff , dessen größter Traum es ist, Dichter zu werden („Wenn das Gedicht nicht gelang, dann auch nicht das Leben“, heißt es einmal) und der sich in der wilden Zeit in der Hausbesetzerszene rund um die Oranienburger Straße in Berlin-Mitte wiederfindet, spielt gleichsam im Windschatten des Mauerfalls.
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