
Trotziges Streiten für Buchkultur in Afrika

Kapstadt (dpa) - "Unsere politischen Eliten sind meist ungebildet, wie sollen die eine Kultur des Buches fördern?" meint Afrikas erster Literaturnobelpreisträger, Wole Soyinka. Afrikas Jugend finde, was Bildung angehe, kaum Vorbilder bei den Herrschenden, hinzu komme die "Seichtheit elektronischer Medien".
Der 76-Jährige, als kämpferischer Autor berühmt geworden, der für seine Überzeugungen auch ins Gefängnis ging, strahlte auf der größten internationalen Buchmesse Afrikas in Kapstadt nicht unbedingt Optimismus aus.
Zwar verbreiteten Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu oder Soyinka Glanz. Auch andere namhafte Autoren wie Fred Khumalo, Elinor Sisulu oder James Ngculu waren gekommen. Veranstaltungen etwa über Afrikas Verlegerprobleme oder über elektronisches Publizieren waren rappelvoll. Amüsante Aktionen rund ums Kochen lockten die Besucher. Dennoch war die Grundstimmung der fünften Buchmesse am Kap eher in Moll.
Weltweit ringt die Buchkultur mit den Herausforderungen der modernen Web 2.0-Zeiten. Aber nirgendwo sind die Hürden höher, die Widerstände größer als in Afrika. Historisch hat das geschriebene Wort in afrikanischen Kulturen erst sehr spät an Bedeutung gewonnen; zudem lassen sich junge Menschen heute vor allem von modernen Medien faszinieren.
"Für Bücher ist in Zeiten von Twitter und SMS wenig Raum" - brachte Frankfurts Buchmessenchef Juergen Boos das Problem auf den Punkt. Der Verlagsmanager klagte zudem sicher zu Recht über die Diskrepanz zwischen der Förderung unzähliger Fußball-Initiativen, nochmals angeheizt durch die WM in Südafrika, und den spärlichen Geldern für Lesekultur und Bildung - auf einem Kontinent mit bitterarmen Ländern, die noch immer mit dem Analphabetismus ringen.
Einen Hauch von Dramatik, wenngleich auch etwas komisch, brachte zu diesem Thema ein 24-stündiger "Hungerstreik" von einigen tausend Bildungsaktivisten der Organisation "EE" in Südafrika. Sie wollten mit ihrer Aktion gegen Bildungs-Ungerechtigkeiten protestieren. Dabei steht Südafrika im Kampf gegen Analphabetismus und für Buchkultur auf dem Schwarzen Kontinent relativ gut da. Immerhin vier Prozent der Bevölkerung lesen nach Angaben des Vorsitzenden des Buchverlegerverbands, Brian Wafawarowa, regelmäßig Bücher, also zwei Millionen Südafrikaner.
In vielen anderen Ländern Afrikas fristen Bücher ein Schattendasein - was auch an den relativ hohen Preisen liegt. Das größte Problem sei nicht die Lesekultur, "es ist die Kultur des Buchkaufens", meinte die nigerianische Verlegerin Bibi Bakare-Yusuf (Cassava Republic Press). Oft werde ein Buch von 20 Menschen gelesen, was den Durst der Menschen nach Literatur belege.
Es gab auf der Kapstädter Messe, die von Südafrikas Verlegerverband und der Frankfurter Buchmesse getragen wird, aus der Sicht der Kulturpolitik durchaus ermutigende Signale. Die Veranstaltung konnte sich vom Tief 2009 etwas erholen, es kamen 273 Aussteller aus 34 Ländern. Möglich wurde das aber nur mit Geldern von Organisationen wie dem Goethe-Institut.
Manche Verleger klagten zwar über "wilde Buchmärkte" in Afrika. In Nigeria, Ghana, Kenia oder Uganda publizieren viele Autoren in Eigenverlagen: Verkauft wird die "Literatur" oft in Heftchenform auf Straßen und Märkten. Die Qualität sei miserabel, meinen Verlage. Aber immerhin wird Lesekultur verbreitet. Nicht selbstverständlich in Ländern, wo auch in Slums das Medium Fernseher dauerpräsent ist.
Auch wenn es oft nur Tropfen auf heiße Steine sind, zeugte die Buchmesse von zahlreichen Buch- und Bildungsprojekten in Afrika. Erstmals engagierte sich auch die Bildungsinitiative der Frankfurter Messe "Litcam" in Kapstadt.
Ein besonders originelles Projekt haben der südafrikanische Verlag "BK Publishing" und die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" gestartet. Sie schenken Kindern in Townships zehn Exemplare des illustrierten Büchleins "Metz and Bop" zum Weiterverkauf für umgerechnet zwei Euro. Wer das erfolgreich getan hat, kann für 50 Cent weitere der Bücher über einen Detektiv und seinen Hund erwerben. Das Projekt widmet sich gleich zwei afrikanischen Defiziten: dem Mangel an Geschäftssinn und dem Mangel an Lesekultur. Die ersten paar tausend Bändchen seien bereits im Raum Pretoria verkauft worden, berichtete Verleger Benoit Knox stolz.
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