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Geschichte
21.08.2017

Unter uns Nachgeborenen

„Mischling“ heißt der zweite Roman der jungen Amerikanerin Affinity Konar. Damit wagt die Nachfahrin polnischer Juden viel: Sie erzählt von Josef Mengele und Zwillingsexperimenten im KZ.
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„Mischling“ heißt der zweite Roman der jungen Amerikanerin Affinity Konar. Damit wagt die Nachfahrin polnischer Juden viel: Sie erzählt von Josef Mengele und Zwillingsexperimenten im KZ.

Die Zeitzeugen werden immer weniger. Romane über den Zweiten Weltkrieg aber haben Konjunktur – und eine wichtige Aufgabe. Mal geht es um die Liebe, mal um die Untaten des Günzburgers Josef Mengele … Was gelingt?

Je größer der zeitliche Abstand wird und je gründlicher die digitalisierte Welt mit ihrer hochfrequenten Event-Verdichtung zur reinen Gegenwartskultur wird, desto größer wird die Sorge. Wenn die Zeitzeugen sterben und ohnehin keiner mehr die Stimmen der Vergangenheit hören will – wie soll die Botschaft der Geschichte die nächsten Generationen noch erreichen? Was kann die doch zeitlos mit der Menschheits-Katastrophe mahnende Erinnerung Deutschlands an den Zweiten Weltkrieg lebendig halten? Zumal, da Land und Welt ja offenkundig konfliktreicheren Zeiten entgegengehen, samt Radikalismus, Nationalismus, Despotismus …

Denn: Das Nicht-Vergessen und das Nie-Wieder sind eineiige Zwillinge – so ist es bei Affinity Konar zu lesen. Die junge Amerikanerin hat mit „Mischling“ einen der vielen Romane geschrieben, die derzeit international Erinnerungsarbeit unter Nachgeborenen zu leisten versucht, einen der mutigsten. Denn in ihrem erst zweiten Buch wagt sie den Gang mitten hinein in die Hölle, ins KZ Auschwitz Birkenau. Konar erzählt die Geschichte eines der vielen Zwillingspaare, die dort von „Dr. Tod“ Josef Mengele für Experimente gefoltert werden – aus deren Sicht! Was für ein Wagnis!

Aber ist es nicht ebenso, wenn auch auf ganz andere Weise gewagt, was der Brite Chris Clive unternommen hat? In „Liebe in diesen Zeiten“ nämlich erzählt er im Grunde titelgetreu die Geschichte einer verschlungenen und durch Schicksalsschläge geprägte Drei-Ecks-Romanze, von der Suche nach einem Restchen Glück – vor dem Panorama der Menschheitskatastrophe. Das Buch ist ein internationaler Bestseller geworden. Aber heißt das auch, dass Clives Versuch, die Erinnerung gelungen ist, wo hier doch die Gefahr droht den verheerenden Weltkrieg als dramatische Tapete zu missbrauchen?

Und schließlich, als drittes aktuelles Beispiel, wagt der Österreicher Paulus Hochgatterer noch einmal etwas ganz anderes. In seinem dünnen Büchlein „Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war“ schildert der Autor eine kleine anrührende Geschichte aus der Endphase des Krieges, von einem niederösterreichischen Bauernhof. Aus der Sicht eines 13-jährigen Flüchtlingskindes, das nach dem Bombentod der eigenen Eltern bei der dort verbliebenen Rumpffamilie untergekommen ist, erzählt Hochgatterer von den Nöten des Überlebens abseits der Front. Und von den Problemen, die entstehen, als ein geflohener russischer Kriegsgefangener hier eintrifft, der eigentlich bloß Maler sein will in einer Zeit, die für Kunst nur noch einen politischen Sinn kennt – und dann von einer noch übrigen Nazi-Patrouille entdeckt wird. Wie soll sich in einem solchen Dorfszenario, zumal aufgeladen von einer künstlich konstruiert scheinenden Kunstbetrachtung, der Schrecken jener Vergangenheit vermitteln können?

Drei Wagnisse also, die stellvertretend für so viele weitere stehen können. Denn wie Hochgatterer hat kürzlich „Warten auf Goebbels“ ein solches kulturbeflissenes Provinzstück aus dem Windschatten der Fronten geschrieben; wie Chris Clive schildert auch Bestsellerautor Ken Follett gleich in einer ganzen Trilogie das fatale Kriegsjahrhundert als epochales Panorama in persönlichen Dramen; und wie Affinity Konar schreibt auch die deutsche Barabara Zoeke ganz aktuell in „Die Stunde der Spezialisten“ aus der Hölle heraus, die bei ihr die Kliniken der Euthanasie-Programme sind. An Hochgatterer, Clive und Konar lässt sich aber beispielhaft sehen, wie die jeweiligen Wagnisse tatsächlich gelingen können.

Um beim Eindrucksvollsten zu beginnen: Affinity Konars Gang durch die Hölle aus den wechselnden Perspektiven der Zwillingsmädchen Perle und Stella gelingt, gerade weil sie den Lesern nichts von all den Grausamkeiten erspart, die der Günzburger Mengele all den Kindern zugefügt hat. Sie ist selbst Zögling einer gerade noch rechtzeitig vor den Nazis in die USA geflüchteten Familie polnischer Juden und hat Jahre die bestürzenden Fakten recherchiert – in „Mischling“ dann aber einen Ton gefunden, der die Lektüre des Horrors zugleich erträglich macht und über den puren Schock hinaus vertieft.

Konar nämlich wagt einen poetischen Ton, wenn sie Perle und Stella aus dem Lager, von den Todesmärschen und von der Suche nach einem neuen Leben erzählen lässt. Und dank dieses Mutes im großen Wagnis gelingt ihr fern von Sentimentalität und Dämonisierung der Blick auf das Menschliche – diesen Typen Mengele als Über- und dadurch Un-Mensch vergisst man genauso wenig wie all die Menschen, die er hier aller Menschlichkeit beraubt hat.

Bei Chris Cleave und seiner Liebesgeschichte, die von Anfang bis Ende des Krieges reicht, zumeist im immer stärker getroffenen London spielt, aber auch an die Fronten ausgreift, ist eine solche Intensität nicht zu finden. Hier herrscht nicht die Poesie, sondern der Plot, zu viel muss passieren und geschildert werden, um die abenteuerlichen Verwicklungen zu entfalten, in denen sie die Mary und Alistair zuerst aus dem normalen Leben reißen, trennen und schließlich über hunderte Kilometer hinweg vereinen. Clives Qualität aber macht gerade aus, dass er mit dem Handwerk des Schmökers daherkommt, aber dann statt Klischees die unentrinnbaren Verwerfungen der Wirklichkeit liefert.

Es gibt hier keine heilenden Wunder, bloß die Grausamkeit des Zufalls, der manchen verschont. Und so erklärt der Autor nicht wie ein Ken Follett die große Welt, sondern das kleine, hässliche, höchstens verzweifelt tapfere Leben im Krieg – in dem Liebe nicht mehr Glück, bloß noch Trost sein kann. Der einzig mögliche Sieg ist der Frieden.

Und wenn Paul Hochgatterer schließlich in einem Kammerspiel am Rand den Krieg in Szene setzt und im Titel einen Helden verspricht, erzählt er eine Parabel. Hier gibt es keine Front und kein Konzentrationslager. Aber freilich: Das Wunder, in dem sich der Opa dem willkürlich richtenden und mordenden Nazi mit dem Wort, der solle sich schämen, entgegentritt, und ihn so von einer Untat abhält, bleibt trotzdem auch hier nur ein Traum. Alle zarten Bande zwischen Flüchtlingskind, Kriegsgefangenem und Hinterbliebenen, alle Mühen, doch in solchen Zeiten einfach nur möglichst unbehelligt sein Leben behalten zu wollen, sind hilflos, aller Anstand erstickt unter der Herrschaft von Angst und Terror. Diese Parabel sagt: Es gibt kein Entkommen im Abseits; Geist und Ungeist unserer Zeit betreffen uns alle und fragen nach dem (Mit-)Menschen in uns.

Es sind Geschichten über einen Krieg der Vergangenheit. Sie zeugen über die Zeit hinaus, Stimmen, die uns Nachgeborene heute rufen.

Affinity Konar: Mischling. Übs. von Barbara Schaden, Hanser, 368 S., 24 ¤

Paul Hochgatterer: Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war. Deuticke, 112 S., 18 ¤

Chris Cleave: Die Liebe in diesen Zeiten. Übs. Susanne Goga-Klinkenberg, dtv, 496 S., 16,90 ¤

Barbara Zoeke: Die Stunde der Spezialisten. Die Andere Bibliothek, 300 S., 42 ¤

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