Welttheater aus Wien
Der surreale Erstling von Arno Tauriinen
Schon der Autor ist ein Mysterium: Der Mann, der sich Arno Tauriinen nennt, wurde angeblich 1967 in Wien geboren, sammelt Raubtierzähne und kann nur im jeweils obersten Stockwerk eines Gebäudes leben. Seinen Erstling „Goldgefasste Finsternis“ übergab er dem Ulmer Verlag Topalian & Milani in Form von zwei Kartons voller Zettel und Notizen, aus denen dort dann das Buch „extrahiert“ wurde.
Schon das wäre eine gute Geschichte, der Roman (wenn man ihn so nennen kann) selbst ist sogar noch besser. Die Handlung dreht sich um den Theatermacher Lucius P. Onagre, der für seine die Zuschauer geradezu verschlingenden Inszenierungen einen Moloch von Stadt erschafft. Wobei Onagre niemand anders ist als Gottes verstoßener Sohn Luciver. Entsprechend fantastisch ist die episodenhafte Handlung: Da bevölkern Legionen von lebensmüden Mozart-Wiedergängern die Straßen, ein aufsässiger Gelehrter wird bei lebendigem Leibe ausgestopft und ein greiser Architekt baut für den Höllenfürsten ein unsichtbares Haus aus Rauch.
Tauriinen kleidet seine Geschichten in eine bisweilen altertümliche, aber reiche und bildhafte Sprache. Zusammen mit den surrealen, detailreichen Illustrationen des Künstlers Max P. Häring entsteht so ein außergewöhnliches Buch, das aus der Zeit gefallen scheint – und doch zum Wahnsinn der Gegenwart perfekt passt: Selten war die Welt mehr Theater als jetzt. (mgo)
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