Westklamotten und Kirchenchor
Mädchenfreundschaft in der DDR
Dass Deutschland einmal in zwei Staaten geteilt war, dass es vollkommen anders war, wenn man im Osten oder im Westen aufwuchs, ist für die heutige Generation von Kindern und Jugendlichen – rund 30 Jahre nach dem Mauerfall – allenfalls noch ein Thema im Geschichtsunterricht. Judith Burger, Jahrgang 1972 und im sachen-anhaltinischen Halberstadt aufgewachsen, erzählt in ihrem Kinderbuchdebüt „Gertrude grenzenlos“ vom Aufwachsen in der DDR in den 1970er Jahren.
Im Mittelpunkt steht eine Mädchenfreundschaft, die auf Widerstände trifft. Als Tochter einer „vorbildlichen Bürgerin“ wird Ina an ihrer Mutter gemessen – in dem Moment aber, in dem sie sich mit Gertrude anfreundet, eckt sie an. Denn Gertrude ist kein „guter Umgang“, an ihr ist alles anders. Sie ist nicht bei den Pionieren, dafür singt sie im Kirchenchor, und ihr Vater schreibt Gedichte, die er nicht veröffentlichen darf. Auch deshalb hat die Familie einen Ausreiseantrag gestellt. Ina lernt mit der Freundin eine neue Welt kennen, mit anderen Regeln und Werten, als sie es von zu Hause kennt. „Bei Gertrude habe ich immer das Gefühl, richtig zu sein.“ Als die Familie dann ausreisen darf, haben sich auch Ina und ihre Mutter verändert. Kindgerecht und authentisch beschreibt Judith Burger, was es heißt, mit Pioniernachmittagen und Konsumläden aufzuwachsen – und zu entdecken, dass die Freiheit ein hohes Gut ist. (m-b)
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