Es wird nicht zu übersehen sein: Im Mai wird auf dem Rathausplatz in Augsburg ein Friedenshaus gebaut, kreisrund und mit einem Durchmesser von 25 Metern. „Es wird eine ganz schön große Fläche von dem Platz einnehmen“, sagt der Künstler Frank Bölter. Er hat dieses Projekt für das diesjährige Friedensfest entwickelt. Und: Es kann und wird nur gelingen, wenn sich viele Augsburgerinnen und Augsburger beteiligen.
Der Baustoff fürs Haus ist vergänglich: Die Mauern bestehen aus einzelnen Steinen, die aus Pappe gefaltet werden. Eine Firma aus Reichenbach an der Fils hat die speziellen Kartons für das Projekt hergestellt. Bölter möchte, dass die Augsburgerinnen und Augsburger, die mitmachen, auf einer Fläche des Kartons eine private Friedensbotschaft zeichnen oder malen. Diese Bilder und Botschaften werden auf der Innenwand des Friedenshauses zu sehen sein. Das Friedenshaus wird also auch eine große Ausstellung.
Frank Bölter hat das Konzept für das Augsburger Friedenshaus entwickelt
Wobei der Hauptaspekt nicht darauf liegt, dass da etwas gesehen werden kann, sondern dass diejenigen, die mitmachen, etwas begreifen. „Große Vorhaben können wir nur in der Gemeinschaft vollbringen“, sagt Bölter. „Ich suche mit meiner Kunst nach Gründen, die Menschen zusammenzubringen.“ Für ihn ist es auch vollkommen logisch, dass das Friedenshaus eines sein muss, das von Wind und Wetter bedroht ist, an dem ständig ausgebessert und nachgearbeitet werden muss, damit es erhalten bleibt. Denn Frieden sei nichts Statisches, nichts Ewiges, vielmehr erfordere er auch eine permanente Anstrengung und Bereitschaft, ihn zu erhalten.
Von 8. April an können sich Augsburgerinnen und Augsburger beteiligen. Dann werden die Kartons in der Tourist-Info am Rathausplatz verteilt. Ein Monat bleibt dann Zeit für die private Friedensbotschaft. Mit dem Beginn des diesjährigen Friedensfests am 8. Mai startet die Bauphase auf dem Rathausplatz. Bis zum 18. Mai hat Bölter dafür angesetzt. Helfen und mitanpacken können alle. Dann soll das kreisrunde Friedenshaus stehen. Gebaut aus 2000 Steinen, kreisrund, mit einer drei bis dreieinhalb Meter hohen Mauer. „Ein Dach wird es aber nicht geben“, sagt er. Und 1000 zusätzliche Steine stehen dann zur Verfügung, etwas am Haus auszubessern.
Das erste Kunstwerk dieser Art entstand im Jahr 2006
Mit Projekten wie diesen hat es Bölter schon in die Bild-Zeitung oder die ARD-Tagesthemen geschafft. Das erste Kunstwerk dieser Art entstand 2006 im ost-westfälischen Bünde. In Bölters Freundeskreis fing gerade die große Bautätigkeit an, die Familiengründungsphase. Und er als Künstler hatte nur 5000 Euro fürs Eigenheim übrig. Bölter investierte sie in Papp-Ziegelsteine, er überredete die örtliche Baugenossenschaft, ihm zwei Monate lang den letzten freien Baugrund in einem Neubaugebiet für ein Kunstprojekt zu überlassen. Dort kopierte er die umliegenden Häuser im Maßstab eins zu eins.

„Vom ersten Moment an hatte ich Helfer“, erzählt er. Die Kinder und Jugendlichen aus der Nachbarschaft sprachen ihn an, organisierten weitere Helferinnen und Helfer, schon in zwei Wochen stand das Einfamilienhaus aus Pappe. „Das Richtfest nach zwei Wochen war wie ein Straßenfest“, erzählt er. Menschen aus der ganzen Nachbarschaft kamen zusammen. Die Weißrussen, die Ukrainer, die Rumänen, die sonst immer unter sich blieben, hatten auf der Baustelle mitangepackt und waren dort ins Gespräch gekommen. „Ein Jahr drauf haben sie am Richtfest-Tag einfach ein Straßenfest gefeiert“, erzählt Bölter.
Bölters Projekte können oft nur als Gemeinschaftsprojekte entstehen
Als Künstler packt er seitdem immer wieder Projekte an, die er nur als Gemeinschaftswerk realisieren kann. „Viele Menschen sind frustriert und fühlen sich nicht gehört“, sagt er. Seine Projekte sollen vermitteln, was möglich ist, wenn sich die Menschen zusammentun. „Gleichzeitig erfährt man dabei auch viel Freude.“
Erfahrung hat der Künstler, der seit vielen Jahren in Köln lebt, reichlich gesammelt. Vergangenes Jahr hat er für die Kunsthalle in Göppingen ein Projekt realisiert. Diese liegt nicht zentral. Und Bölter schlug vor, einfach die Kunsthalle mitten in Göppingen einmal nachzubauen - natürlich aus Pappe in Form eines Gemeinschaftsprojekts. „Dort ging es auch darum, Werbung für die Kunsthalle zu erzeugen“, berichtet er.
Den Künstler freut es, dass das Projekt in Augsburg stärker politisch aufgeladen ist. „Frieden können wir nur gemeinsam schaffen“, sagt er. Bevor Bölter aber nach Augsburg kommt, hat er noch etwas in Italien zu erledigen. In Macerata, einer Stadt in den Marken, hat er für die örtliche Universität noch eine besondere Uni gegeründet: diejenige für Entfaltung und Verbundenheit. Gearbeitet wird dort mit Papier und Pappe, gemeinschaftlich. Die Erfahrungen, die Bölter mit seinen Projekten ermöglicht, sind gefragt.
Info Das Rahmenprogramm zum Augsburger Friedensfest 2025 findet vom 8. Mai bis zum 8. August statt. Von 8. April an können in der Tourist-Info am Rathausplatz in Augsburg die Kartons abgeholt werden, aus denen die Steine für das Friedenshaus gefaltet werden.
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