Bill Gates erklärt in seinem neuen Buch die Welt – und sich selbst
Ein Rezept für das Ende aller Pandemien und eine Verteidigung gegen seine Kritiker: So liest sich Bill Gates „Wie wir die nächste Pandemie verhindern“.
Komischer Zufall? Da findet an diesem Donnerstag der zweite weltweite Covid-19-Gipfel statt, und dann meldet am Vorabend ein gewisser Bill Gates, er sei an Corona erkrankt, es gehe ihm dank Booster-Impfung aber gut – und gleichzeitig liegt noch im englischen Original wie etwa in deutscher Übersetzung sein neues Buch frisch vor: „Wie wir die nächste Pandemie verhindern“. Da steckt doch wohl ein Plan dahinter bei diesem 66-Jährigen, ja ohnehin Hauptfigur heutiger Verschwörungstheoretiker, oder?
Bill Gates in seinem neuen Buch: "Ansteckende Krankheiten (…) sind für mich eine Art Obsession"
Es ist sogar mehr als das. Schreibt sogar Gates selbst im Buch: „Ansteckende Krankheiten (…) sind für mich eine Art Obsession.“ Komisches Geständnis erst mal. Aber der berühmt-berüchtigte Bill, der spätestens seit dem Buch zur Klimakrise im vergangenen Jahr auch Autor von Weltbestellern ist, die sich um die Weltrettung drehen, meint damit freilich: dass Verstehen und Bekämpfen solcher Krankheiten zur Obsession geworden ist.
Die mit seiner (inzwischen Ex-)Frau gegründete Bill & Melinda Gates Foundation hat sich etwa im Kampf gegen Tuberkulose, Aids und Malaria engagiert – und nun skizziert der vormalige Microsoft-Visionär sogar, wie angesichts notwendiger Lehren aus der Covid-Krise mit der jeweils nächsten Pandemie generell Pandemien eigentlich für immer zu verhindern wären. In Gates’ typischem US-Duktus zwischen Erkläronkel und Motivationstrainer: „Die Welt hat nie wirklich in die benötigten Tools investiert oder sich systematisch auf eine Pandemie vorbereitet. Es wird höchste Zeit, dass wir das ändern.“
In „Wie wir die nächste Pandemie verhindern“ schmiedet Bill Gates einen Plan für kommende Infektionskrankheiten
Was ein bisschen arg persönlich messianisch klingen mag, verschafft letztlich bloß den Forderungen von weltweiten Fachleuten mit größtmöglicher Prominenz eine so große Plattform wie möglich. Der Plan reicht von der möglichst genauen, globalen Beobachtung solcher Viren und ihrer Varianten über die Investition in die Entwicklung effektiverer und möglichst breit wirksamer Impfstoffe bis hin zur weltweiten Verbesserung der Gesundheitssysteme. Vor allem aber er die Errichtung einer ständigen Eingreiftruppe an, bestehend aus 3000 Expertinnen und Experten in Fachbereichen wie Epidemiologie und Genetik, aber auch Computermodellierung und Diplomatie.
Gates hat schon einen Namen dafür: GERM, was zugleich das englische Wort für Krankheitserreger ist und die Abkürzung der Funktionsbeschreibung: „Global Epidemic Response and Mobilization“. Kosten würde das Ganze eine Milliarde US-Dollar pro Jahr – aber das müsse der Welt dieser Kampf doch wert sein.
Wie sich Bill Gates zu Kritik und Verschwörungstheorien äußert
Und da wir schon beim Geld sind: Der Multimilliardär nutzt die gut 300 Seiten auch, um zu all der Kritik an seinem Engagement Stellung zu nehmen. Denen, die ihm Geschäftemacherei mit den Impfungen und zu große Einflussnahme auf die Politik vorwerfen, entgegnet Gates, dass er alles Eingenommene ja wieder in die Sache investiere und dass er ja nur den Empfehlungen von Fachleuten zu größerer Wirkung verhelfen wolle. „Staunen“ müssen aber habe er, wie oft er zum „Objekt wilder Verschwörungstheorien“ geworden sei. „Ich wusste nie so recht, ob ich auf solche Ideen reagieren soll oder nicht.“
Was hätte es gebracht, öffentlich zu sagen: “Ich bin nicht daran interessiert, deine Bewegungen zu verfolgen, es ist mir völlig egal, wohin du gehst oder fährst, und in Impfstoffen gibt es wirklich keinen Bewegungstracker?“ Darum habe er, Bill Gates, beschlossen, einfach weiterzumachen und zu hoffen, „dass die Wahrheit die Lügen überleben wird“.
Bill Gates: Wie wir die nächste Pandemie verhindern, Übs. Karlheinz Dürr, Ursula Held, Cornelia Stoll, Karsten Petersen; Piper, 336 S., 24 Euro.
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